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Auf dem Weg zur berufspolitischen Interessenvertretung

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20 Jahre Tonkünstlerverband Sachsen: Interview mit Stephanie Dathe, Vorsitzende des DTKV-Sachsen – Teil 3
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Fortsetzung der Interviewreihe mit Stephanie Dathe zur Situation des DTKV Sachsen

nmz: Sachsen bildet an zwei Hochschulen für Musik und Universitäten Musiker, Musikpädagogen und Musikwissenschaftler aus. Trotzdem werden viele davon weder Mitglied im DTKV noch in der Fachgruppe Musik der ver.di. Geht es Musikern in Sachsen so gut, dass sie keine Interessenvertretung brauchen?

Dathe: Wie bereits ausgeführt geht es der Mehrzahl der Musiker in Sachsen keineswegs gut. Das führt jedoch bei den meisten eher zur “Privatisierung” ihrer Situation: sie weichen in andere Tätigkeiten aus, schränken ihren Lebensstandard ein, nehmen jede Möglichkeit einer „Mugge“ wahr, wenn nur bar bezahlt wird; viele Musiker müssen ergänzende Hilfen der Arbeitsverwaltung beantragen oder melden sich schließlich gänzlich arbeitslos. Bleibt das Problem, dass sich die wenigsten in die Gemeinschaft unseres Berufsverbandes oder der Freiberuflerabteilung von ver.di begeben. Offenbar stehen einer weiteren Steigerung des erfreulich kontinuierlichen Wachstums unseres Verbandes in Sachsen mehrere Faktoren entgegen, die nur zum Teil durch den DTKV selbst beeinflusst werden können: Eine große „Organisationsmüdigkeit“ als Nachlass der DDR oder die starke Individualität der Musiker; die wegen des späten und unentschlossenen Starts des DTKV in Sachsen fehlende Verankerung an den Musik-Hochschulen (kein einziger sächsischer Hochschulprofessor außer dem Ehrenpräsident ist heute DTKV-Mitglied), wodurch die Vermittlung des Wertes einer solchen Mitgliedschaft an Studierende nicht erfolgt; der fehlende, zum Teil sogar verwehrte Zugang an die Studierenden für den Verband, da sein engagiertes Eintreten für eine angemessene Bezahlung der Lehrbeauftragten, eine praxisgerechtere Ausbildung und sein öffentlicher Einsatz für Mitglieder – zum Beispiel bei der Schließung von Studiengängen – dort nicht gern gesehen scheint. Hinzu kommt eine gewisse  Wirklichkeitsferne mancher lebenszeitbeamteter Hochschulprofessoren, die durch den intensiven Einzelunterricht leider auch an Studierende weitergegeben wird, so dass nur wenige Absolventen den Wert einer berufsständischen Organisation kennen. Dies kam in der absurden Aussage eines HMT-Rektors: „… alle unsere Absolventen erhalten eine Stelle …“ auf erschreckende Weise öffentlich zum Ausdruck. Auch die von uns angeregte Öffnung zur freiberuflichen Praxis hat nur in wenigen Fachrichtungen der sächsischen Musik-Hochschulen stattgefunden; die geforderte obligatorische Einrichtung von Praktiker-Seminaren für höhere Studienjahre zu Fragen wie Gründung, Betriebswirtschaft, Vertragsgestaltung, Marketing steht noch in weiter Ferne. So fehlt es den Absolventen am Wissen um die Notwendigkeit, sich zu organisieren, und dem Verband fehlt es am Zugang zu den Absolventen.

nmz: Wie reagiert der DTKV auf diese Situation?

Dathe: Um diesen Faktoren wirksam entgegenzutreten und stärker zu wachsen wäre eine flächendeckende Mitgliederwerbung, der  Aufbau von Regionalstrukturen, eine beständige Präsenz in den Regionen, an Veranstaltungen der Hochschulen, bei Projekten und Veranstaltungen von Musikern und Fachverbänden und eine Ausweitung der eigenen Veranstaltungs- und Fortbildungsangebote dringend erforderlich. Dafür fehlen sowohl materiell, personell als auch logistisch und finanziell noch die Mittel. Schrittweise bemühen wir uns um eine Ausweitung unseres Bekanntheitsgrades und die gezielte Information an sächsische Berufsmusiker.
Hier haben wir also den Teufelskreis: ohne die vorgenannten Aktivitäten kann  der Verband nicht stärker wachsen, ohne Wachstum kann er sich solche Aktivitäten nicht leisten. Trotzdem ist die Entwicklung des DTKV Sachsen mehr als erfreulich: zahlenmäßig gehört er bereits zur Mittelgruppe der 16 Landesverbände, hat seine Mitgliedszahl seit Ende 2005 fast verdreifacht und wächst kontinuierlich, obwohl jedes Jahr Verluste durch Wegzug aus Sachsen entstehen, weil Mitglieder in anderen Bundesländern oder im Ausland bessere Berufschancen finden.

nmz: Ihr Schlusswort?

Dathe: Neben der Profilierung des DTKV Sachsen als Plattform und Interessenvertretung für Musikberufe ist es unser großes Anliegen, in der Zukunft auch wieder stärker mit eigenen künstlerischen, musischen Angeboten im Musikland Sachsen der anderen Seite unseres Namens “Tonkünstlerverband” gerecht zu werden. Die Möglichkeit und Unterstützung dafür wächst mit jedem Mitglied!

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