Wieder einmal ist für den Münchner Tonkünstlerverband der Wettbewerb „Jugend musiziert“ (JM) zu Ende gegangen, und er kann zurecht stolz sein auf die Ergebnisse: 400 Anmeldungen gab es 2012 – ein Rekord.
Wieder einmal ist für den Münchner Tonkünstlerverband der Wettbewerb „Jugend musiziert“ (JM) zu Ende gegangen, und er kann zurecht stolz sein auf die Ergebnisse: 400 Anmeldungen gab es 2012 – ein Rekord. Von den 400 jungen Musikern erspielten sich 240 erste Preise, und immerhin 140 von ihnen wurden zum Landeswettbewerb Anfang April in Erding zugelassen.
Auch bundesweit lassen sich ähnliche Tendenzen beobachten: seit dem ersten Wettbewerb im Jahre 1963 sind die Anmeldezahlen kontinuierlich gestiegen und haben sich bis 2011 sogar verzehnfacht: 24.750 Teilnehmer gab es im vergangenen Jahr auf regionaler Ebene! Das große und stetig wachsende Interesse an „Jugend musiziert“ erklärt sich einmal sicherlich durch das Renommee dieses deutschlandweit größten Wettbewerbs für Nachwuchsmusiker, aber auch durch die ständige Überarbeitung und Erweiterung der Wettbewerbskategorien gerade in den Bereichen Popmusik und Musical. Die Vielfalt spiegelte sich dann auch sehr deutlich in den abwechslungsreichen Programmen der vier Münchner Preisträgerkonzerte wider, in denen alle ersten Preisträger Gelegenheit haben, ihr Können auch vor einem größeren Publikum zu zeigen. Für alle, die beim Landeswettbewerb teilnehmen, sind die Auftritte außerdem eine Art Generalprobe.
Der TKV München richtet seit vielen Jahren die erste regionale Stufe von „Jugend musiziert“ aus, und es bedarf schon eines gut eingespielten Teams und professionellen Strukturen, um die große Zahl der Teilnehmer zu bewältigen und zu verwalten. Verantwortlich für den Münchner Regionalwettbewerb ist Claus Christianus, ehemals Musiklehrer am Gymnasium und langjähriges Mitglied im Landesausschuss von „Jugend musiziert“. Seit seiner Pensionierung vor sechs Jahren sorgt er zusammen mit einem engagierten Team dafür, dass alles in geordneten Bahnen läuft. Christianus zeigt sich nach dem dritten Preisträgerkonzert am 18. März im Kleinen Konzertsaal des Gasteigs sehr zufrieden. Man musste zwar wegen des großen Publikumsandrangs ein wenig mit der Sitzordnung improvisieren, doch ansonsten lief organisatorisch wie künstlerisch alles sehr erfreulich. Allerdings ist Christianus auch nichts anderes gewöhnt: „Das Interesse hier in München ist traditionell sehr stark und das Niveau sehr hoch.“
Neu ist, dass die Anmeldezahlen gerade bei den sehr jungen Musikern deutlich ansteigen. Auch das zeigt sich beim Preisträgerkonzert – mehr als ein Drittel der Vortragenden sind zwischen sieben und elf Jahre alt.
Unabhängig vom Alter ist bemerkenswert, wie souverän die jugendlichen Musiker ihre Auftritte meistern. Kaum einem ist überhaupt Nervosität anzumerken, und wenn, dann eher vor oder nach dem Spiel der unsichere Blick zu den Eltern, die linkische Verbeugung, und einmal vergisst ein Mädchen ganz, sich zu verbeugen und will offenbar so schnell wir möglich weg von der Bühne. Aber während des Spiels scheinen Unsicherheit und Unwohlsein wie weggeblasen. Und vor allem eines wird deutlich: die jungen Musiker haben ganz offensichtlich großen Spaß an dem, was sie da tun. Diese Tatsache entkräftet dann auch besser als jedes Argument die Kritik, die in Bezug auf Musikwettbewerbe immer wieder teils zurecht laut wird, dass sie nämlich zu einem bloßen Instrument unserer Leistungsgesellschaft verkommen, in dem Musik in erster Linie als Hochleistungssport verstanden wird, in dem der technisch brillante Vortrag im Vordergrund steht, und weniger die Seele der Musik.
Man habe es schon manchmal mit ehrgeizigen Eltern zu tun, die vor lauter Nervosität nicht mehr schlafen könnten, wenn der Wettbewerb näher rückt da sind sich die beiden Musikpädagoginnen Sylvia Hewig-Tröscher und Christine Harms einig. In solchen Fällen müsse man dem Druck auf die Kinder und Jugendlichen entgegenwirken und den Eltern gegenüber schon auch einmal deutlicher werden. Aber das sind für Hewig-Tröscher und Harms, die schon seit Jahren Schüler für den Wettbewerb vorbereiten, eher seltene Nebenerscheinungen. Im Vordergrund stehe für die Jugendlichen ganz klar der Spaß am gemeinsamen Musizieren und der Ansporn, auf ein Ziel hin zu üben. So sehen das auch Carolin Schweighofer und Diana Goldberg, beide 16 Jahre alt, die für ihren großartigen Vortrag des Finalsatzes aus Claude Debussys 3. Sonate für Violine und Klavier nicht nur den ersten Preis, sondern auch den Sonderpreis des Musikverlags G. Henle München eingeheimst haben. Trotzdem sehen sie ihre berufliche Zukunft nicht in der Musik, und ihre Einschätzung klingt sehr erwachsen: „Die Konkurrenz ist einfach so groß.“ Die junge Geigerin Thuy Tien Hoang hat sich noch nicht festgelegt, wo es beruflich einmal hingehen soll. Mit ihren gerade mal 13 Jahren nimmt sie dieses Jahr schon zum fünften Mal bei „Jugend musiziert“ teil und zusammen mit Sabina Huang (15) am Klavier hatte sie das Preisträgerkonzert furios mit „Night Club 1960“ aus Astor Piazzollas „His-toire du Tango“ beendet. Beide Duos haben in der Zwischenzeit auch die Hürde des Landeswettbewerbs genommen und werden beim Bundeswettbewerb Ende Mai in Stuttgart antreten.
Man darf sich nichts vormachen: München ist sicherlich eine Insel der Seligen – vermögend, mit einem internationalen, kulturellen und pädagogischen Angebot – und darin nicht unbedingt vergleichbar mit dem Rest von Deutschland. Dennoch fällt es einem angesichts der Begeisterung und der Ernsthaftigkeit der Jugendlichen ein wenig schwer, sich wirklich Sorgen um den musikalischen Nachwuchs unseres Landes zu machen.