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Blockflöten – gar nicht weihnachtlich

Untertitel
Zu einem Konzert im Münchener Steinway-Haus
Vorspann / Teaser

Blockflöten können viel mehr als weihnachtliche Stimmung verbreiten. Dies bewies am 18. Dezember 2023 ein vom Tonkünstlerverband gefördertes Konzert unter dem Titel UNBLOCK, das in München im Steinway-Haus stattfand. Es vereinte Werke mehrerer Komponisten und Komponistinnen, die Stücke für Blockflöten in verschiedenen Besetzungen geschrieben hatten.

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Vier Blockflötistinnen widmeten sich den anspruchsvollen Aufgaben: Silvia Berchtold, Christina Hahn, Iris Lichtinger, Sophia Schambeck.
Das Konzert begann mit einem Solostück für Altblockflöte der im August verstorbenen Gloria Coates mit dem Titel „Breaking Through“. Es ist ein Werk mit ungewohnten Klangeffekten; die Flötistin singt und spielt gleichzeitig, und die Blockflöte tönt schrill und aggressiv. Leider verweigert das gedruckte Programm bei den Solostücken die Auskunft, welche der vier Damen die Ausführende ist. Deshalb kann ich nur pauschal bemerken, dass jede der vier Flötistinnen eine überzeugende und persönliche Leistung erbracht hat.

Es folgte ein Blockflötenquartett von Johannes X. Schachtner mit dem Titel organi I, II, IV, VII. Die vier Damen zeigten eine erste sehr homogene und überzeugende Ensemble-Leistung. Das erklingende Werk zeugte von einer sehr genauen Kenntnis des Komponisten über die klanglichen Möglichkeiten und machte deutlich, wie passend der Titel gewählt war. Der Klang des Quartetts gemahnte tatsächlich verblüffend an den Orgelklang. Das Stück ist insgesamt eine klangliche Erweiterung der Blockflöten, die der Fantasie des Komponisten zu verdanken ist.

Es ging sehr ernst weiter mit einem Solostück von Leopold Hurt für Altblockflöte und elektronische Zuspielung „Hiatus“. Das Stück ist ein angriffiger Klangmix, der wie ein Motor klingt und nichts mit jenen Klängen zu tun hat, die man von Blockflöten im Ohr hat. 
Um das Publikum aus dieser Erstarrung zu lösen, war das folgende Stück von Moritz Eggert sicher das richtige. Die „Flohwalze“ für Blockflötenquartett ist mit dem abgewandelten Zitat des Flohwalzers ein witziges und effektvolles Werk, von dem man sich gerne mitreißen lässt. Die trefflichen vier Flötistinnen boten das Stück sozusagen von Kopf bis Fuß engagiert dar, denn sie singen und rufen zum Blockflötenspiel dazu und geben Rhythmus nicht nur mit den Instrumenten, sondern auch mit den Füßen.

Nach der Pause folgte ein Quartett von Dorothea Hofmann unter dem Motto  „Gäbe es keine Sonne, so wäre es Nacht“. Dieses Werk war als „Szenen“ angekündigt. Es hob sich insofern aus der Fülle der anderen neuen Kompositionen heraus, als es den Hörer am ehesten mit jenem Klang bedachte, den man von Blockflöten gewohnt ist. Diese Komposition klang wie ein Beweis dafür, dass es nicht nur neue Spieltechniken auf einem Instrument sein müssen, das jeder zu kennen glaubt. Der harmonische und rhythmische Einfallsreichtum der Komponistin bewirkt auch bei gewohnter Spieltechnik, dass der Hörer mit Neuem konfrontiert wird.

Es folgte ein Solostück, das wieder etwas ganz Neues brachte: die Doppelblockflöte. Das Stück war von Moritz Eggert und zeigte den Komponisten nun von einer ganz anderen sehr ernsten Seite. Es war die Ayre for John Dowland „her sad infamy sings“. Die Komposition bezieht sich auf die alte Musik, was sich auch in der Wahl des Instruments zeigt, das eine Nachbildung nach mittelalterlichem Muster ist. Das Instrument bietet die Möglichkeit für experimentelle Klänge, was vom Komponisten gern aufgegriffen wurde.

Mit einem weiteren Solostück von Enjott Schneider wurde der nächste Bezug zu alter Musik hergestellt. Dieses Werk hat den Titel „dreamin´ backwards to my former times mistress“. Schon der Titel macht deutlich, dass hier eine Verbindung geschaffen wird zwischen dem Trecento und heutiger Zeit. Wir hörten zumeist gewohnte Flötentöne, aber ungewohnte Melodieführung.

Der Abend endete mit einem Quartett, das eine Uraufführung brachte: von Patrick Schaefer ein Werk, betitelt „Schwärme“. Es ist eine originelle Idee, verschiedenste Schwärme musikalisch darzustellen: angefangen mit vier virtuosen hohen Sopranino-Flöten. Während des Spiels wechselten die Solistinnen die Instrumente, kamen zu immer tieferen Flöten und hatten auf diese Weise noch einmal die Gelegenheit, die ganze klangliche und dynamische Vielfalt der Blockflöten auszuloten. 

Die solistisch-virtuosen wie auch die Ensemble-Fähigkeiten der vier Flötis­t­innen sollen einmal mehr ausdrücklich gewürdigt werden. Dieses Programm verlangte ihre gesamte Vielseitigkeit und sie haben diese Aufgabe bravourös gelöst.
 

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