Mit dem Lockdown im März brachen sämtliche Verdienstmöglichkeiten für uns Musiker weg. Unterricht vor Ort war nicht mehr möglich, Auftritte wurden abgesagt. Vor Corona gab es schon Diskussionen über und einzelne Online-Unterrichtsangebote, aber diese wurden oft als unseriös und ineffektiv abgetan. Nun wurde dieses ungeliebte Medium plötzlich zum Rettungsanker. Und viele wurden positiv überrascht! Nach vier Monaten Praxis ist es Zeit, ein Résumé zu ziehen. Wir lassen zunächst unsere Mitglieder zu Wort kommen:
Colenton Freeman/Gesang, Gießen: „Ich musste mich überwinden, Vorurteile aus dem Weg zu schaffen und meine Einstellung ändern. Nun: Ich habe es geschafft und mittlerweile viel Spaß beim Online-Unterricht. Ich bin überrascht, wie locker die Schülern*innen diesen neuen Weg akzeptieren“.
Aristo Khosrobeik/Musikschule Clavina, Frankfurt: „Der Online-Unterricht wird von allen Schülern gut angenommen. Manche sind sogar konzentrierter als sonst, da sie gezwungen sind, den Anweisungen des Lehrers zu folgen, und quasi auf sich gestellt sind. Manche haben endlich gelernt, den Rhythmus zu zählen und die Noten genauer zu lesen.“
Britta Roscher/Querflöte, Wiesbaden: „Es klappt erstaunlich gut. Es ist anders als im Präsenzunterricht. Man kann nicht glauben, dass man auf die gleiche Art online unterrichten kann. Wenn man das verstanden hat und sich darauf einlässt, ist sehr viel möglich! Das Feedback von Schülerseite ist sehr gut. Eltern haben sich dafür bedankt, dass ich diese Möglichkeit des Unterrichts angeboten habe. Sie wissen das sehr zu schätzen.“
Britta Wetzler/Musikakademie Vulkanissimo, Grebenhain: „Die Schüler*innen sind im Online-Unterricht aufmerksamer und selbstständiger. Vor allem jugendliche Schüler erlebe ich deutlich entspannter im Unterricht. Die Anregungen für die Woche im Chat werden viel häufiger zur Kenntnis genommen und umgesetzt im Vergleich zu traditionellen Notizen. Bei uns in der ländlichen Region empfinden viele Eltern die Online-Variante neben der Sicherheit beim Infektionsschutz als zeitlich entlastend, da die Strecken im ‚Eltern-Taxi‘ entfallen.“
Bernabé Gallego/Musikschule Viva Musica, Bad Soden-Salmünster: „Seit dem Lockdown unterrichte ich per Skype. Bis auf zwei Fälle haben alle Schüler teilgenommen.
Zur Qualität: Ja, ich hatte auch Fälle, wo die Verbindung nicht so toll war. Zusätzlich nutze ich auf Skype die Emojis, um den jüngeren Schülern Smileys durch den Chat zusenden, wenn sie gut gespielt haben. Dann sehe ich ein Gesicht voller Stolz!“
Feedback aus den Reihen der Schüler möchten wir nicht vorenthalten:
Eberhard, Schüler von Marco Tesei, Kaiserslautern: „Ich bin als Kontrabassist auf Onlineunterricht umgestiegen. Ich muss sagen: Ich habe es bis heute nicht bereut, es macht richtig Spaß. Kurz gesagt, einfach top.“
Juana, Schülerin von Ute-Gabriela Schneppat, Usingen: „Der Online-Unterricht ist für mich ein bisschen Fluch und Segen. Als Schülerin empfinde ich es als sehr wichtig, beim Erlernen eines Instrumentes am Ball zu bleiben, und dafür eignen sich wöchentliche Videoanrufe prima. Allerdings gibt es manchmal technische Probleme, und ein Zusammenspiel ist leider nicht möglich. Nach ein paar Wochen erachte ich es aber als funktionierende Alternative, um mit meiner Lehrerin in Kontakt zu bleiben und ein direktes Feedback zur Verbesserung zu erhalten.“
Manuela, Schülerin von Britta Roscher, Wiesbaden: „Aus meiner Sicht ist der Onlineunterricht für beide Seiten eine Win-win-Situation. Wir können zuhause bleiben und somit der Gefahr einer Ansteckung aus dem Weg gehen. Trotzdem kann ich weiterhin angeleitet an meinem Querflötenspiel arbeiten. Der Online-Unterricht funktioniert einwandfrei. Wir können uns beinahe genauso austauschen wie im persönlichen Gespräch.“
Maja, Schülerin von Karin Heidrich, Langenselbold: „Ich finde den Klavierunterricht online sehr praktisch, da man nicht erst zur Klavierstunde hinfahren muss. Dadurch ist man wesentlich flexibler. Es ist außerdem angenehm, da man am eigenen Instrument spielt. Negativ ist, dass die Verbindung manchmal etwas abhackt. Wenn andere gleichzeitig im Internet sind, wird die Verbindung schlecht.“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Online-Unterricht im Feedback unserer Mitglieder und auch in den Äußerungen der Schüler und Schülereltern als eine vertretbare Alternative zum Präsenz-Unterricht präsentiert – eine Alternative, die zwar durchaus noch Potenzial zur Verbesserung hat, die sich aber auch nach Ende der Beschränkungen als Unterrichtsformat etablieren wird.