Projektförderungen, Versicherungsschutz, Qualitätszertifikate, Auftrittsmöglichkeiten, Fortbildungen – der Tonkünstlerverband bietet auf Landes- und Regionalebene eine große Bandbreite an Unterstützung und Service für seine Mitglieder. Dazu gehört auch die delikate Aufgabe, in finanzielle Not geratene Mitglieder zu beraten und Hilfe anzubieten. Ansprechpartnerin für den Raum München ist hier die Mezzosopranistin Barbara Hesse-Bachmaier, die im Interview von den Herausforderungen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit berichtet.
neue musikzeitung: Liebe Frau Hesse- Bachmaier, Sie gehören zum Ausschuss „Hilfe für bedürftige Mitglieder“ bei den Münchner Tonkünstlern e.V. Wie arbeiten Sie?
Barbara Hesse-Bachmaier: Wir erhalten meist Hinweise von Kollegen, manchmal kommen aber Vereinsmitglieder von selbst auf uns zu und erzählen von ihrer finanziellen Not. Die Hilfe beginnt bei ganz einfachen Dingen, wie einer Ermäßigung des Mitgliedsbeitrags. Dann geben wir Empfehlungen, welche Stiftungsmittel beantragt werden können – und bei besonders anerkannten Mitgliedern mit künstlerischem Lebenslauf können wir bei der Deutschen Künstlerhilfe des Bundespräsidialamts und beim Bayerischen Ehrenfond Anträge auf Unterstützung stellen.
nmz: Seit über 15 Jahren sind Sie dabei. Erkennen Sie einen Trend, oder ist es ein gleichbleibendes Problem, dass das Geld nicht reicht?
Hesse-Bachmaier: Da hat sich wenig geändert in den letzten Jahren. Erfreulich ist es aber, wenn sich Kolleginnen aus der Problemzone herausbewegen können. Wir hatten zum Beispiel eine junge Mutter, die durch Trennung und gesundheitliche Schwierigkeiten den Boden unter den Füßen, auch ein wenig im psychologischen Sinn, verloren hatte. Nach einigen Jahren und vielen kleinen Schritten hat sie ihre Basis wiedergefunden, hat heute Arbeit und ein gesundes, glückliches Kind. Sie kann ihm ein ordentliches Familienleben ermöglichen – als alleinerziehende Mama trotz Musikerberuf. Großverdienerin wird sie nie sein.
nmz: Wie viele bedürftige Musiker betreuen Sie pro Jahr?
Hesse-Bachmaier: In der vorweihnachtlichen Zeit waren es immer 15 bis 20 Personen, die wirklich Unterstützung beantragen konnten und diese auch bekamen. Unterm Jahr sind es Vereinzelte. Bei den großen Förderungen wie Künstlerhilfe und Ehrenfonds haben wir insgesamt zehn, die eine monatliche oder quartalsmäßige Unterstützung erhalten.
nmz: Für den Ehrenfonds empfehlen Sie die Empfänger, die Entscheidung fällt aber das Ministerium. Wie oft werden von Ihnen unterstützte Anträge abgelehnt?
Hesse-Bachmaier: Unser Verein hat einen guten Namen und langjährige Kontakte. Zumindest seit ich die Funktion im Ausschuss habe, wurde noch kein Antrag abgelehnt. Das läuft gut.
nmz: Kann es auch mal passieren, dass Förderungen aufeinander angerechnet werden?
Hesse-Bachmaier: Bis jetzt habe ich nicht erlebt, dass jemand etwas zurückgeben musste und ohne Bescheid – wie z.B. nach Sozialgesetzbuch XII oder Arbeitslosengeld II – kann man auch bei diesen Stiftungen nichts bekommen. Aber die Kollegen sollten wirklich mutig zum nächsten Sozialbürgerhaus gehen und sich beraten lassen. Dort können sie auf die Stiftungen hinweisen, die es speziell in München gibt. Denn die Sachbearbeiter können die rund 670 Stiftungen, die die Stadt verwaltet, gar nicht alle kennen. Zum Beispiel verteilt die Münchner Künstlerhilfe Zuschüsse für Kleidung, Möbel oder die Neubespannung eines Saiteninstruments. nmz : Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten bei Ihrer Arbeit?
Hesse-Bachmaier: Es gibt Menschen, die nicht „jammern“, die nur einen halben, leisen Satz sagen, der aber viel offenbart. Da muss man sehr aufmerksam sein! Und manchmal ist es auch schwierig zu vermitteln, dass jemand mehr Verantwortung übernehmen muss, dass die Wege selbst gegangen werden müssen.
nmz: Wir hatten schon das Beispiel einer jungen Mutter. Gibt es auch bei Männern typische Fälle?
Hesse-Bachmaier: Bei Männern mit größerer Unterstützung geht es eigentlich immer um schwere Krankheit. Auch für junge Leute mit langwierigen Krankheiten konnten wir ganz viel tun. Und es ist eine große Freude, wenn zumindest die finanziellen Sorgen halbwegs vergessen sind.