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Die Lösungen sind vielschichtig

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Die Strukturkommission des DTKV · Ein Bericht
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In allen nach demokratischen Regeln arbeitenden Gremien ist es guter Brauch und gute Sitte, schwierigere oder stark polarisierende Probleme zunächst an Arbeitsgruppen zu verweisen, die das Faktenmaterial sortieren, diskutieren und schließlich nach Möglichkeit Lösungsvorschläge erarbeiten sollen, die letztendlich dem auftraggebenden Gremium wieder vorgelegt werden. So geschehen bei der Passauer Länderkonferenz des DTKV im Herbst 2003. Die dort eingesetzte Arbeitsgruppe soll im wesentlichen eine Klärung darüber vorbereiten, was die wesentlichen Aufgaben des Bundesverbandes sein müssen, wie deren organisatorische Bewältigung verbessert werden kann und wie die Finanzierung sichergestellt werden sollte.

Bei der jüngsten Mitgliederversammlung des DTKV in Bremen nun – wir berichteten über die dort eingetretenen Veränderungen – fand eine ausführliche und offene, auch kontroverse Diskussion statt, bei deren Verlauf eine ganze Reihe von weiteren Problemen wohl erstmalig so offen angesprochen wurden. Und da man ja schon eine Arbeitsgruppe hatte, lag es nahe, an diese mittlerweile als „Strukturkommission“ apostrophierte Gruppe alle nicht vor Ort entscheidbaren Probleme zur Entscheidungsvorbereitung zu delegieren. Was zur Folge hat, dass nunmehr eine fast nicht mehr zu bewältigende Fülle von Einzelfragen von der Kommission zu beantworten sind.

Allerdings gibt es für fast alle Fragen einen gemeinsamen Problemhintergrund, der aus der Geschichte des DTKV und seiner Struktur herstammt – insofern ist die Bezeichnung der Kommission richtig gewählt. Dieser Problemhintergrund wird deutlich, sobald man den DTKV nicht nur als Gesamtverband sieht, sondern die ganz unterschiedlichen Strukturen seiner Einzelmitglieder, das heißt seiner Landesverbände, betrachtet. Da gibt es die teilweise erst jüngst beigetretenen Landesverbände aus dem Norden und Osten der Bundesrepublik, die zum Teil auch erst seit kurzer Zeit als Verbände beziehungsweise Vereine bestehen; es gibt die traditionsreichen und mitgliederstarken Landesverbände im Süden, und dazwischen gibt es allerlei Abstufungen und Unterschiede. So ist naheliegend, dass in einem Stadtstaat wie etwa Bremen eine andere Mitgliederstruktur entstehen kann als in ausgeprägten Flächenstaaten mit wenigen städtischen Zentren.

Nicht genug mit diesen historisch entstandenen Strukturunterschieden, es gibt auch rechtlich-organisatorische Unterschiedlichkeiten. So bestehen zwar die meisten Landesverbände als Direktmitgliedsverbände der jeweiligen Einzelpersonen, in Bayern zum Beispiel ist jedoch der Landesverband bereits ein Dachverband der einzelnen Ortsverbände; diese sind rechtlich selbstständig und haben demzufolge auch unterschiedliche Satzungen, die sich auf die Mitgliedschaft der jeweiligen Einzelpersonen beziehen.

Eines der hauptsächlichen Probleme aus dieser uneinheitlichen Struktur erwächst aus der Tatsache, dass einige Landesverbände im Laufe der letzten Jahrzehnte umfassend ausgestattete Landesgeschäftsstellen aufgebaut haben, in denen nicht nur die Mitgliederverwaltung geschieht, sondern auch Rechts- und Berufsberatung, Weiterbildungsmaßnahmen, Informationsbroschüren und so weiter bis hin zur Durchführung von Landeswettbewerben angeboten werden. Dieser Mitgliederservice verursacht natürlich erhebliche Kosten. Gleichzeitig werden beziehungsweise wurden aber von der Bundesgeschäftsstelle des DTKV die mehr oder weniger gleichen Leistungen nochmals angeboten oder zumindest versucht, dies zu tun. Berechtigterweise fragen nun die Mitglieder der vorgenannten Landesverbände, warum sie eigentlich die gleiche Leistung zweimal mit ihren Beiträgen finanzieren sollen, während für die Landesverbände mit kleineren oder gar keinen Landesgeschäftsstellen das Angebot des Bundesverbandes natürlich sehr willkommen oder genauer gesagt sehr erforderlich ist.

Die Lösung, einfach alle Landesgeschäftsstellen in eine große Bundesgeschäftsstelle zusammenzulegen, klingt zwar sehr verlockend und hätte sicher eine Reihe von Vorteilen. Sie übersieht aber, dass aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik – insbesondere der vielgerühmten Kulturhoheit der Länder – es für die großen Landesverbände unerlässlich ist, gut funktionierende Vertretungen auf Landesebene zu haben. Natürlich muss aber auch die Vertretung auf Bundesebene gewährleistet sein!

Beides zusammen zu haben, bedeutet letztendlich, dass aufgrund des beschränkten Beitragsvolumens unserer Mitglieder die Prüfung der bestmöglichen Effizienz sowohl unserer Landesverbände als auch des Bundesverbandes sehr sorgfältig zu stellen und zu organisieren ist. In einem Berufsverband mit Einkommensstrukturen wie bei Ingenieuren oder Ärzten sind höhere Beiträge der Mitglieder durchaus realisierbar, für uns Musiker gilt leider noch immer, dass wir trotz akademischer Abschlüsse und Qualifikationen zu den finanziell nicht so rosig Gestellten gehören – im Mitglieder-Durchschnitt natürlich.

Andere strukturelle Problemfelder betreffen die Unterschiede zwischen den rein freiberuflich tätigen Musikern und den teilweise oder ganz angestellten, entsprechend auch die Problematik der sogenannten freien Musikschulen, für die ja bereits ein eigener Bundesausschuss und in einigen Ländern sogar Landesausschüsse bestehen. Auch bezüglich der Rechtsberatung gibt es das strukturelle Problem, dass eine Reihe von Rechtsfragen durch jeweiliges Landesrecht geregelt werden – man braucht also einen Rechtsanwalt im Land – und andere Fragen, die Bundesrecht betreffen. Für viele Mitglieder war sicherlich die in Bremen gewonnene Erkenntnis neu, dass die vom Bundesverband in seinen Leistungen bisher angeführte Rechtsberatung sich nur auf die Beratung des Bundespräsidiums bezieht und nicht auf die Beratung von Einzelmitgliedern in den Ländern!

Eine andere sozusagen „innere“ Strukturproblematik ist die teilweise unklare Kompetenztrennung und Aufgabenverteilung zwischen den drei Gremien des DTKV, vor allem zwischen der Länderkonferenz und dem Präsidium. Die Strukturkommission hat bereits in Passau beschlossen, eine vorbereitende Diskussion und Materialsichtung kostensparend per E-Mail und Telefon zu führen, um sich auf der Arbeitssitzung im Juli möglichst konzentriert der Ausarbeitung von Empfehlungen widmen zu können, die dann zunächst der Länderkonferenz im Herbst 2004 und nach eventueller weiterer Überarbeitung der im nächsten Jahr stattfindenden Mitgliederversammlung als höchstem Verbandsgremium zur Entscheidung vorgelegt werden sollen. Die bisherigen Gespräche lassen hoffen, dass es zu konstruktiven und für alle Mitgliedsverbände akzeptablen Vorschlägen kommen wird.

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