Sprachexperimente lockten ihn wenig, meinte der Schriftsteller Elias Canetti, er nehme davon Kenntnis, aber er meide sie, wenn er selber schreibe. „Der Grund ist“, so resümiert er, „dass mich die Substanz des Lebens vollkommen in Anspruch nimmt.“
Sprachexperimente lockten ihn wenig, meinte der Schriftsteller Elias Canetti, er nehme davon Kenntnis, aber er meide sie, wenn er selber schreibe. „Der Grund ist“, so resümiert er, „dass mich die Substanz des Lebens vollkommen in Anspruch nimmt.“
Ähnliches mag sich der 1945 geborene, in Brannenburg lebende Komponist Roland Leistner-Mayer gedacht haben, als er 2011 seinen monumentalen Zyklus „Sieben tapfere Klavierstücke op. 140“ schrieb. Keine Klangdeformierung, keine Mega-Virtuosität, aber auch keine künstliche Kargheit muss demonstrieren, dass der Komponist auf der Höhe des 21. Jahrhunderts steht. Das Klavier wird im Sinne Beet-hovens als Ausdrucksträger behandelt, mit innovativem Furor und nicht im epigonalen Sinn natürlich: Emotionen und Gestik bestimmen den für den Hörer nachvollziehbaren Verlauf des Geschehens. Die Modernität Roland Leistner-Mayers zeigt sich in der Fähigkeit des Komponisten, Reflexion ganz in Klangsinnlichkeit umzusetzen, Verstandesarbeit also in Spielerisches, aber nicht Verspieltes aufzulösen.
Es geht in dieser Musik tatsächlich um die Substanz des Lebens, nämlich um die eigene, so sehr von der Endlichkeit eingeengte persönliche Existenz. Christoph Declara, der das neue Werk Leistner-Mayers im Rahmen von „Fes-tivo“ in Aschau erfolgreich uraufgeführt hat, ist auch der feinsinnige, präzise und engagierte Interpret auf der neuen CD. Declara, aus Rosenheim stammend, ist Preisträger nationaler wie internationaler Wettbewerbe.
Den vollgriffigen Klaviersatz hat der Pianist ebenso unter analytischer Kontrolle wie etwa die rhythmischen Eruptionen eines zornigen Gelächters oder die scharfen Kontraste zwischen energischen Ostinati und versonnener Lyrik.
Mit auf der CD sind Klavierstücke von Johannes Brahms, das Scherzo op. 4 und die Balladen op. 10. Brahms und Leistner-Mayer erscheinen hier als authentische Vertreter einer großen Tradition.
Die einzigen Spielereien erlaubt sich der Komponist in den Satzbezeichnungen: „Dnalor lacht“ explodiert schier vor grimmigem (Galgen-)Humor; dieser „Dnalor“ steht für den rückwärts geschriebenen Vornamen des Komponisten. Und da es eine Rückkehr ins „Damals“ sowieso nie geben kann, wird diese vergebliche Annäherung an die verlorene Zeit mit „Slamad“ überschrieben. Wen solches stört, darf das getrost vergessen, denn die Musik ist vielschichtig und – autonom!
Das letzte Stück ist lapidar mit „Auf dem Brett“ überschrieben: das
schier unglaubliche Finale einer stillen Verinnerlichung, einer Resignation und zugleich des Einverständnisses mit dem Unabänderlichen!
Der Komponist zitiert im Begleittext den Mystiker Angelus Silesius: „Ich geh, weiß nicht wohin. Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.“
Bei großer Kunst bleiben wir immer irgendwie fröhlich zurück, auch wenn bittere und dunkle Dinge verhandelt werden. Roland Leistner-Mayers „Sieben tapfere Klavierstücke“ sind ein großartiger Beitrag zur Musik unserer Zeit.