Im Rahmen des 24. Siegburger Kompositionswettbewerbs hat der Verein Humperdinckfreunde Siegburg einen Sonderpreis in Höhe von 250 Euro vergeben. Dieser geht an Oliver Drechsel für seine „Fantasie über Hänsel und Gretel“ für zwei Violoncelli. Für die Humperdinckfreunde sei dieser Humperdinck-Bezug mit ausschlaggebend für die Sonderpreisvergabe gewesen, so die Vereinsvorsitzende Ursula Keusen-Nickel, die das Werk gemeinsam mit ihrer Schülerin Alina Farid beim Komponistensalon im Siegburger Kranz Park Hotel uraufführte. Beide Interpretinnen spielten auch Auszüge aus Moisei Borodas Corelli-Variationen, ebenfalls ein Werk des Kompositionswettbewerbs.
Daneben erklangen weitere Uraufführungen aus dem 24. Siegburger Kompositionswettbewerb: Chaconne von Johannes Rauh, Miniatur für zwei Violinen von Helmut W. Dusch, Pezzetti von Rudolf Suthoff-Gross, Tristesse von Tina Ternes, Das Schloss in der Nacht von Takako Ono, Kanon für zwei Violen und Duo für zwei Klarinetten von Frank Stanzl sowie Tango Short Stories von Hauke Piper. Die Interpreten waren: Jost Nickel und Lea Jendreizik (Flöte), Hans Werner und Barbara Bosbach (Klarinette), Klementina Pleterski (Violine), Mona Kern-Schürmann (Violine und Viola) und Regina Krull (Viola). An die drei jüngsten Kompositionswettbewerbsteilnehmerinnen – Amelie Gesche, Antonia Scheerer und Anne Graf, drei Kinder aus der Kompositionsklasse der Musikschule Fürstenwalde – wurde seitens der Humperdinckfreunde ein Förderpreis von jeweils 100 Euro vergeben.
Jost Nickel gab im Rahmen des 24. Siegburger Humperdinck–Musikfestes einen Soloabend für Flöte unter dem Motto „Die Flöte im 20. Jahrhundert“ mit maßgeblichen Werken des vorigen Jahrhunderts. Dabei wurden bedeutende kompositorische Richtungen und Stilmittel aufgezeigt, die der Epoche zu Eigen waren:
Durch das Stück „Incantation“ (1937) von André Jolivet soll beim Zuhörer die Meditation angeregt werden, damit vor dem geistigen Auge ein Bild entsteht. Jolivet wurde durch den bekannten Fotografen M. Lipnitzki zu dieser Komposition angeregt. Hier verbindet sich die Absolutheit der Musik mit einem sehr individuellen Programm des einzelnen Zuhörers, der demnach bei der Interpretation „mitarbeiten“ muss.
Thomas Christian David führt die Tradition seines Vaters Nepomuk David fort und komponiert auch Solowerke für Flöte. Seine dreisätzige Sonate von 1951 strahlt eine feinsinnige Melodik aus, die jedoch in allen Sätzen durch komponierte Zäsuren des Öfteren scheinbar willkürlich unterbrochen wird.
Der zweite Satz ist ein Musterbeispiel flötistischer Melodik, während im dritten Satz (Presto) eine ausgefeilte Virtuosität hinzu kommt, die kaum zu übertreffen ist.
Zu Beginn des Requiems (1965) von Kazuo Fukushima wird voller Resignation das Unvermeidliche beklagt. Die Auflehnung gegen das Schicksal endet immer wieder in einer kraftlosen Ergebenheit, die schließlich in einer friedlichen Akzeptanz endet.
Luciano Berios Sequenza I (1958) steht eindrucksvoll für die vielfältigen technischen und tonlichen Möglichkeiten der Flöte. Sie erzielt eine akustische Sensibilisierung durch ständige dynamische Wechsel von ppppp bis ff (sffz) und unterschiedlichste dynamische Entwicklungen, kleine Vorschläge von einem Ton zur Hauptnote bis zu 15 Tönen zur Hauptnote, gebunden als auch gestoßen, sensible Flatterzunge bis zur nahezu brutalen Darstellung derselben. Im Gegensatz zur ersten kompositorischen Fassung hat Berio in Sequenza I Gliederungspausen eingearbeitet. Große Tonabstände prägen die musikalische Linie.
Die viersätzige Solosonate (1973) von Harald Genzmer ist gekennzeichnet von höchsten technischen Schwierigkeiten, die in ihrer filigranen Gestaltung in jedem Satz homogene Melodien entstehen lassen. Genzmer vermag es, die flötentypische Virtuosität mit melodischen Ansprüchen zu verknüpfen. Es entsteht hier eine auch für das 21. Jahrhundert richtungsweisende Struktur, die keinem Zeitgeschmack unterworfen ist. In Isang Yuns „Salomo“ (1978) aus der Kantate „Der weise Mann“ beginnt Salomo in sich versunken einen ihn sehr beunruhigenden Gedanken zu spinnen. Seine innere Erregung wächst zunehmend und steigert sich beängstigend. Er versucht, seine Gedanken abzuwägen, um einer Lösung des Problems nahe zu kommen, bis ihm plötzlich die Erleuchtung widerfährt und er sich zufrieden zurücklehnen kann.
Astor Piazollas Tangoetüde Nr. 4 (1987) gehört zu einer Sammlung von sechs Etüden für Flöte, die durchaus konzertfähigen Charakter tragen, was durch alle Elemente, die ein Tango beinhaltet, hörbar wird. Besonders signifikant sind die von Piazolla vorgeschriebenen Tempi, die der moderne Tango fordert. Dieses mehr oder weniger folkloristische Werk von1987 entspricht auch der Tonsprache des 20./21. Jahrhunderts, die in ihrer Vielfältigkeit alle anderen Epochen übertrifft.
Toru Takemitsu vermittelt in seiner Air (1996) ein Bild vom Hauch des Atems und der unsichtbaren Berührung des Windes, die ihren Ausdruck in der Bewegung von Blättern und dem Rauschen in den Baumwipfeln findet. Das wird erreicht durch die dezidierte Dynamik, den Rhythmus und die sorgfältig eingesetzte Flatterzunge. Der relativ tiefe Tonraum von „h“ bis „e´´´“ (sehr selten) und sporadisch eingesetzte Flageolets und Kunstgriffe verdeutlichen die Absichten des Komponisten.