Der Band über den 1940 in Nordhessen geborenen Helmut Bieler beginnt mit einer Biographie von Thomas Emmerig und einem Interview von Hans Schmidt-Mannheim. Der Vater war im zweiten Weltkrieg gestorben und die Mutter mit dem vierjährigen Sohn alleine. Eine Schlüsselrolle hatte Leopold Zawichowski, ein rumänischer Geiger, der ihm Klavierunterricht gab und erste theoretische Zusammenhänge erklärte.
Eine Anekdote aus der Gymnasialzeit in Hofgeismar bleibt haften: In der Grundstufe hat Bieler immer eine Drei in Musik, die Notenvergabe beschränkt sich auf auswendig gelernte Volksliedtexte. Als er in einer Pause verbotenerweise am Klavier sitzt und Schumann spielt, wird er erwischt: „Der Musiklehrer stürmte über den Gang, stand an der Türe…, dann erstarrte er, sagte gar nichts, und ich bin schnell auf meinen Platz gegangen. Aber ich habe seitdem die Klavierstücke, die er im Unterricht besprach, vorspielen müssen.“ Fortan gibt es eine Eins. Als die Familie nach Bayreuth zieht, legt der dortige Musiklehrer mit Strawinsky und Hindemith den Grundstein für das Interesse an Moderne und Avantgarde. Noch vor dem Studium spielt Bieler mit Sängern und Instrumentalisten des Bayreuther Festspielhauses und arbeitet als Korrepetitor beim Philharmonischen Chor, bei dessen Leiter Robert Spilling er Klavierund Kompositionsunterricht genießt.
In München macht er das künstlerische und pädagogische Staatsexamen und kehrt fest nach Bayreuth zurück. Mehrmals besucht er in den 1970ern die Darmstädter Ferienkurse und macht erste Erfahrungen mit Live-Elektronik. Zugleich spielt Bieler aber auch Musik aus Renaissance und Barock am Cembalo. Er ist 15 Jahre lang Musiklehrer am Gymnasium und bringt den Schülern mit Begeisterung Neue Musik nahe.
Ab 1979 unterrichtet Bieler Musikdidaktik und -theorie an der Uni Bayreuth, leitet den Chor und gründet das „Improvisationsensemble“. Später wird er Honorarprofessor und Leitender Akademischer Direktor, 2004 geht er in den Ruhestand. Bieler hat über 100 Kompositionen geschrieben: von Soli über Kammeropern bis zu Orchesterwerken, zum Beispiel 1983 das „Rondel“ für acht Soloflöten und großes Orchester für die Musikhochschule Freiburg. Er hat regelmäßig die Herausforderung durch ungewöhnliche Besetzungen gesucht. Teils war die Unvereinbarkeit Konzept, so auch in „Abbrüche“ (1995) für Flöte, Schlagzeug und Klavier mit stetig neuen Phrasen, die abreißen, sich in andere verwandeln und dann wiederum nicht weiterkommen. Helmut W. Erdmann schreibt, es entstehe eine „ärgerliche Stimmung“, eine Antwort wird nie gefunden.
Auffällig ist, wie Bieler das Schlagwerk einsetzt, es „fängt auf“ und „entscheidet“ (Wilfried Krüger), wo gegensätzliche Figuren und Melodik aufeinandertreffen, Desiree Mayer beschreibt es in ihrem Artikel über die Kammeroper „Gestohlenes Leben“ über Deportation, Aufarbeitung, Verdrängung und verlorene Liebe als „regelnde Instanz“. Es gibt kaum Klangflächen oder Rhythmen, auf denen sich die übrigen Instrumente ausruhen können, sondern es ist eine eigene, hervortretende Stimme mit Kommentarfunktion.
„Ich muss beim Komponieren die Klänge und Gesten spontan im Ohr haben, kann sie nicht in Form einer Reihe konstruieren. Im Grunde schreibe ich von meinem Gehirn ab“, hält Franzpeter Messmer in seinen Gesprächsnotizen fest. Also Intuition und nicht Berechnung: „An der seriellen Musik störte mich, dass der Zusammenhang und der Sinn zwischen den Ereignissen fehlen.“