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„Jugend musiziert“: der Start vor 50 Jahren

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Teil I: Wie das Klavier langsam zu „Jugend musiziert“ fand
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„Jugend musiziert“ war zunächst ein Wettbewerb, der sich zu einem im- mer vielseitiger werdenden Projekt entfalten sollte, das die musikalische musikerzieherische Landschaft in Be- wegung brachte, und man kann ruhig sagen, zu verändern begann.

„Jugend musiziert“ war zunächst ein  Wettbewerb, der sich zu einem immer vielseitiger werdenden Projekt  entfalten sollte, das die musikalische  musikerzieherische Landschaft in Bewegung brachte, und man kann ruhig  sagen, zu verändern begann. Wann,  wie, wo und in welchem Umfeld ist  „Jugend musiziert“ vor einem halben  Jahrhundert entstanden? Will man  dem nachspüren, so muss man doch  etwas weiter ausholen. Denn „Jugend  musiziert“ hat eine durchaus interessante Vorgeschichte, sozusagen in  zwei historischen Strängen, die dem  maßgeblich beteiligten Tonkünstler-Verband ein erhöhtes Selbstverständnis brachten.

Zum gleichen Zeitpunkt, als Bundeskanzler Adenauer und Staatspräsident  de Gaulle den Weg zu einer politischen  europäischen Union zu erörtern begannen, trafen sich die Vertreter der  Jeunesses Musicales (JM) Frankreichs  und Deutschlands zu einem ersten  Rencontre Franco-Allemande. Zu diesem Anlass inszenierte Karl Schreiner, cleverer PR-Berater des Fachverbandes Deutsche Klavierindustrie, im  Kontakt und mit Beratungshilfe des  Deutschen Tonkünstlerverbandes und  der beiden JM-Sektionen ein demonstratives Festkonzert sozusagen zum  250. Geburtstag des Hammerklaviers  unter dem Titel „Ewig junges Klavier  – Le Piano votre Ami“. Schreiner, der  aus dem Hause Ford kam und den  sich der Fachverband Deutsche Klavierindustrie als Berater geholt hatte,  gründete für seine Aktivitäten eine  „Fördergemeinschaft Klavier“, der interessierte Institutionen angehörten,  um auf diesem Instrument die notwendigen politischen und kulturpolitischen Fäden zu knüpfen.

Das Festkonzert am 11. Juni 1959  im Théâtre Municipal de Strasbourg  stand unter der Patronage des französischen Ministerpräsidenten und  des Europarats-Präsidenten Robert  Schuman, von Bundeskanzler Adenauer und dem Straßburger Oberbürgermeister Pierre Pflimlin. Nach  den Grußworten des französischen  Jeunesses-Präsidenten René Nicoly  und des deutschen JM-Präsidenten  Fritz Büchtger richteten die Grandes  Dames des Klaviers Marguerite Long  und Elly Ney eine ermunternde Botschaft an die Jugend: „Musik führt zur  Herzensbildung“. Je drei junge Pianisten im Alter zwischen 16 und 19 Jahren, Preisträger aus Wettbewerben in  Paris beziehungsweise aus München,  Hannover und Frankfurt, vom Verband Deutscher Tonkünstler und Musiklehrer (VDTM) benannt, bestritten  das musikalische Programm.

Zugleich war von den deutschen  Jeunesses ein internationaler Jugend- Klavierspiel-Wettbewerb anlässlich  des nächstjährigen Weltkongresses  der Jeunesses Musicales (JM) in Berlin angekündigt worden. Die Sektionen der JM sollten in jeder der beiden Altersgruppen (bis 13 und bis 16  Jahre) einen auf nationaler Ebene  ausgewählten Kandidaten entsenden  können.

Jeunesses Musicales   und der Tonkünstlerverband

Das wiederum setzte voraus, auch in  Deutschland ein nationales Auswahlspiel durchzuführen. Da fühlte sich der  Tonkünstlerverband angesprochen.  Denn der Münchner Komponist Fritz  Büchtger, damals auch dem Vorstand  im Verband Münchner Tonkünstler  angehörend, hatte sich als Präsident  der deutschen Jeunesses Musicales  für einen solchen ersten bundesdeutschen Klavierwettbewerb als sinnvolle  Liaison die fachliche Zusammenarbeit mit dem Tonkünstlerverband,  bei  organisatorischer  Zuständigkeit der Jeunesses Musicales,  ausbedungen. Vom PR-Manager der  Deutschen Klavierindustrie und anderen Geldgebern konnte sich Büchtger die entsprechende Unterstützung  aushandeln.

Federführend  für den VDTM war damals Prof. Ernst-Lothar v. Knorr, Direktor der Musikhochschule Hannover. Er  informiert im Mai 1959 seine Landesverbände: „Der VDTM dürfte sich wahrscheinlich nicht ausschließen, wenn im  nächsten Jahr ein europäischer Klavierspiel-Wettbewerb in Berlin veranstaltet  wird“. Er empfiehlt sogar: „Die Landesverbände möchten sich eventuell mehr  als bisher in die Wettbewerb einschalten und mit dem Klavierhandel, wie an  verschiedenen Orten bewährt, dieserhalb Verbindung aufnehmen sowie sich  gegebenenfalls für die Durchführung  von weiteren Wettbewerben auch in anderen Städten einsetzen. Es hat sich erwiesen, dass Wettbewerbe als Ansporn  für die Teilnehmer und als Werbung für  unseren musikalischen Berufsstand  von großer Bedeutung sind.“

Derartige Klavierspielwettbewerbe,  bei denen Tonkünstlerverbände maßgeblich beteiligt sind, gab es bislang in  Augsburg, Berlin, Braunschweig, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover,  Ingolstadt, Lüneburg, München, Spaichingen, Stuttgart und Würzburg. Diese  haben sich auf das empfohlene Höchstalter von 16 Jahren verständigt. Am  11. Oktober 1959 wird in einer gemeinsamen Besprechung in Hannover zwischen Fritz Büchtger, den Präsidiumsmitgliedern Prof. Raimar Dahlgrün und  Prof. v. Knorr sowie Dr. Schreiner die  Ausschreibung dieses ersten deutschen  Jugend-Klavierspiel-Wettbewerbes erarbeitet, die am 12. Dezember1959 den  örtlichen Veranstaltern und den Landesverbänden des VDMT zuging. Unter  dem Vorsitz von Prof. v. Knorr und Fritz  Büchtger waren die Professoren Conrad Hansen, Wladimir Horbowski, Rosl  Schmidt, Helmut Roloff und GMD Otto  Volkmann in die Jury berufen. Als Co-Veranstalter fungierten hierbei Deutscher Musikrat, Jeunesses Musicales,  Förderkreis „Ewig junges Klavier“, Gemeinschaft Deutscher Musikverbände,  Verband Deutscher Tonkünstler und  Musiklehrer.

Weg aus der Krise

Und so geschah es: die besten jugendlichen Pianisten aus Vorspielen  der Klavierhäuser und der regionalen  Tonkünstlerverbände  waren unter  dem Titel „Ewig junges Klavier“ nach  Bonn eingeladen. Auch die Stadt engagierte sich finanziell und sachlich.  Vom 18. bis 20. März 1960 konnten 25  Jungen und Mädchen auf dem Podium der damals noch baufrischen Beethoven-Halle zu ihren Vorspielen antreten, fachlich verantwortet vom VDTM,  organisatorisch betreut vom Sekretär der deutschen Jeunesses Musicales. Die Preisträger, zugleich die für  den Internationalen Wettbewerb ausgewählten Kandidaten, durften sich  zunächst in einer Matinee für die  Bonner Schulen, dann im Abschlusskonzert vorstellen. Dabei begleitete  das Städtische Orchester unter Volker Wangenheim als Gast und Beispiel  den letztjährigen Klavierpreisträger  im ARD-Wettbewerb Gernot Kahl. Bei  seinem Grußwort weist der Vorsitzende des Deutschen Musikrates, der Kölner Hochschuldirektor Prof. Dr. Hans  Mersmann,  auf jene „Konzerte Junger Künstler“ hin, die damals noch die  einzige Fördereinrichtung des Deutschen Musikrates war, die dem Karrierestart dienen sollte. Er fügt zugleich hinzu: „Die Einbeziehung der  Jugendlichen und Schüler bedeutet für  uns eine wertvolle Ergänzung, welche  gleichsam den Kreis schließt und erst  dadurch vollkommen macht. Gerade  solche Wettbewerbe, von denen wir  zuversichtlich hoffen, dass sie ein Anfang sind und auch auf die anderen  Instrumente ausgedehnt werden, ermitteln diejenigen Begabungen, deren  Weg einmal mit Wahrscheinlichkeit in  den Beruf des Musikers mündet. Auch  diejenigen sollen angesprochen werden, welchen der Erfolg letzten Endes  zu danken ist: ihre Lehrer. Der Berufsstand des Privatmusiklehrers steht in  einer Krise, welche ebenfalls Gegenstand unserer Sorge und unserer Bemühung ist. Wir glauben, dass sich aus  einer organischen Verschmelzung von  privater Musikerziehung, Schulmusik  und Jugendmusik, welche wir in mehreren Formen anstreben, ein Weg eröffnet, die heute bestehenden Probleme zu überwinden.“

Beim Weltkongress der Jeunesses  Musicales stellten sich dann im Internationalen Jugend-Klavierwettbewerb  am 17. und 18. August 1960 in Berlin  18 Kandidaten aus 8 Ländern der internationalen siebenköpfigen Jury unter  dem Vorsitz von Conrad Hansen vor,  aus Deutschland unter anderem Volker Banfield, der den 3. Preis der älteren Gruppe empfing. Sieger der beiden Altersgruppen wurden Rosana  Maria Martins aus Brasilien und Henri Pommier aus Frankreich. Mit einem  2. Preis fuhr die 15-jährige Maria Joao  Pires nach Lissabon.

Jugend-Klavierwettbewerb

Wettbewerbsspiele, auch im Tonkünstlerkalender 1961 mit Anregungen und  Empfehlungen thematisiert, wurde  mehr und mehr zum aktuellen Thema  im Tonkünstlerverband und bei seinen  Lehrkräften. Auf Bundesebene wurden im Zweijahresabstand weitere Jugend-Klavierwettbewerbe ausgetragen  im Zusammenwirken von Tonkünstlerverband, Jeunesses Musicales, Klavierfirmen und gastgebenden Städten.  Vom 24. bis 27. März 1962 in Stuttgart,  zugleich deutsches Auswahlspiel für  den internationalen Jeunesses-Wettbewerb 1963 auf Mallorca, danach, basierend auf inzwischen 30 regionalen  Auswahlspielen, vom 2. bis 5. April  1964 in München und nochmals erweitert vom 19. bis 22. November 1966  in Marl. Inzwischen war bundesweit  „Jugend musiziert“ gestartet 1963/64  mit Streichinstrumenten, fortgesetzt  im Wechsel mit Blasinstrumenten, und  erst im 7. Wettbewerb „Jugend musiziert“ 1970 fand Klavierspiel solistisch,  vierhändig und mit Klavierkammermusik durch Beschluss der beteiligten musikpädagogischen Verbände Aufnahme  in den „Jugend musiziert“-Zyklus, allerdings dann ohne die bisher maßgebende finanzielle Beteiligung der Klavierindustrie. In der Teilnehmerstatistik von „Jugend musiziert“ brachte  die Aufnahme der Solo-Kategorie Klavier keinen besonders erhöhten Teilnehmerzuwachs, wie man es eigentlich  hätte annehmen können. Das wirkte  sich erst in den weiteren „Klavierbiennalen“  von „Jugend musiert“ bemerkbarer aus.  Darüber mehr in einem weiteren Beitrag.

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