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Eine dunkelhaarige Pianistin mit weißem Oberteil und weißen Sneakern auf einer punktuell ausgeleuchteten Bühne (erinnert an ein Studio) an einem Flügel mit zwei Mikrofonständern vor dem Instrument.

Die Pianistin Laura Konjetzky. Foto: Regine Heiland

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Klavier-Performance von zwiespältiger Substanz

Untertitel
Laura Konjetzky spielt eigene Klavierwerke
Vorspann / Teaser

Vor nicht allzu zahlreichem Publikum spielte die Münchner Pianistin und Komponistin Laura Konjetzky im „schwere reiter“ am 26.9.2024 ausschließlich eigene Werke, darunter eine Uraufführung. Konjetzky hat in Salzburg und Berlin Klavier studiert, dann in Basel freie Improvisation bei Walter Fähndrich. Sie erhielt etliche Preise, so den Bayerischen Kunstförderpreis. Ihre ungefähr 25 seit 2009 entstandenen Eigenkompositionen, meist für Klavier solo, dienten oft szenischen (Tanz)-Theater-Realisationen und haben schon als Solodarbietungen teils Performance-Charakter. 

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An Konjetzkys Œuvre fällt sofort auf, dass fast alle Titel die Begriffe „Traum“ oder „Nacht“ beinhalten. Die Pianistin beginnt mit „Der wehmütige Traum“ (2021). Die Musik ist völlig tonal, freilich mit irrealen Störmomenten, entwickelt dabei jedoch keine Funktionsharmonik. Über weite Strecken folgt sie dem Prinzip Melodie plus Begleitung; lineare Polyphonie oder systematischer Kontrapunkt sind ihr völlig fremd. Vieles steigert sich über längere bewegte Klangflächen, die durch ziemlich banale Verfahren – Crescendi, chromatische Skalen, Oktaven – eine Zuspitzung bis zur Clusterwirkung mithilfe des Pedals erfahren können. Überzeugend charakterisierend wirken manche kleinteilige, wie an Sprache angelehnte Floskeln à la Janáček – insgesamt alles verschwimmend nostalgisch.

Störten bereits dort einige aufgesetzte Gesten und große Armbewegungen, etwa bei klanglichen Abrissen, wurde das bald 40-minütige „Räume.Strukturen.Wandel“ in seiner zweiten Fassung (2012) von Chantal Gagnebin quasi durchchoreographiert; unklar, ob Konjetzky dem hier genau folgt. Virtuoser Leerlauf – Oktavgedonner, Läufe, Arpeggien –, nur als „Zeichen“ erfahrbar und bald in Einzeltöne und Glockenklänge dissoziierend, wird mit poetischem Innehalten konfrontiert, das auch mal ins rein Perkussive – Rahmen, Tastaturdeckel, Fußarbeit – zerfasert oder in manische Repetitionen mündet. Gelungen hingegen die plastisch räumliche Wirkung von Resonanzeffekten, die im Dialog mit Zuspielmaterial entstehen – Schubert unter Wasser? Das Stück erweist sich leider als viel zu lang für seine magere Substanz.   

Stärker dann „Der verträumte Glanz in Reihe 8“ (2024), eine Walzer-Reminiszenz mit schmerzlichen Appoggiaturen im Nirgendwo und „Nocturne 3“, das mittels sich überlagernder Terz­schichtungen und allusiven Erinnerungsfetzen ekstatischer wirkt. Konjetzkys insbesondere bei rhythmischen Elementen aus dem Jazz überschaubares, zugleich individuelles Repertoire an pianistischen Bewegungsmus­tern und die immer gleichen Mittel zur Intensivierung sind dennoch recht ermüdend, was die außermusikalischen Extras nicht kaschieren können. Kann man diese Musik überhaupt irgendwo zwischen Minimalismus und „Neuer Einfachheit“ verorten? Erstaunlich, mit welch präzisem und bewusstem Abstecken des Klangraums und spontan absolut konsistenter Intuition Konjetzky – nun ganz in ihrem Element – als Zugabe eine freie Improvisation abliefert. 

Nun ist nicht nur das wohlwollende Publikum völlig zu Recht begeistert.

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