Die Einspielung der wichtigsten Klavierkompositionen von Wolfgang Jacobi mit den renommierten Pianisten Tatjana Blome und Holger Groschopp ist ein erkenntnisreicher Rückblick in die Welt eines Komponisten des 20. Jahrhunderts. Hier spiegeln sich eindrucksvoll die Schaffensphasen und Zeitstile der Zwanziger- bis Sechzigerjahre wider, die von den Vorbildern der großen Meister geprägt waren.
Den meisten Tonkünstlern ist der Name des Komponisten durch den Jacobi-Wettbewerb bekannt, der viele Jahre in Zusammenarbeit mit der Münchner Musikhochschule stattfand und dessen Durchführung durch den DTKV die Familie Jacobi großzügig unterstützte.
Karl Theodor Franz Wolfgang Jacobi wurde am 25. Oktober 1894 in Bergen/Rügen geboren. Der junge Musiker entschloss sich erst mit 23 Jahren sein Leben der Komposition zu widmen, eine damals wie heute mutige Berufswahl. Er studierte bis 1922 an der Berliner Hochschule für Musik, unterrichtete im Anschluss bis 1933 am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin und schrieb in dieser Zeit seine ersten bekannten Werke wie die Sonate für Altsaxophon sowie experimentelle Stücke für das Theremin und andere neue elektrische Instrumente.
Als Halbjude wurden ihm bald darauf öffentliche Aufführungen verweigert. Ein weiterer Schicksalsschlag führte zum Verlust wertvoller Manuskripte, als 1942 eine Brandbombe die Berliner Wohnung zerstörte und Hunderte von Kompositionen vernichtete.
Ende 1945 konnte er seinen Beruf wieder aufnehmen und erhielt einen Lehrauftrag an der Münchner Hochschule. Er widmete sich engagiert dem Aufbau des bayerischen Konzertlebens mit zeitgenössischer Musik und entdeckte die Klangmöglichkeiten des Akkordeons für seine Kompositionen. In den fünfziger Jahren wurden die meisten seiner Werke für das Akkordeon geschrieben, das er damit zu einem außergewöhnlich klangvollem Konzertinstrument machte. Jacobis Schaffen wurde mit diversen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Der Komponist verstarb am 15. Dezember 1972.
Die Auswahl seiner Klavierkompositionen auf zwei CDs zeigt die Entwicklung des Komponisten seit Beendigung seiner Studienzeit in Berlin. Mit „Passacaglia und Fuge op. 9“ (1922) und „Suite im alten Stil“ op. 10 (1922) bewegt er sich im Kreis der Musiker, die Neu und Alt miteinander verbinden, wie Paul Hindemith, Max Reger oder Edvard Grieg. Die Sonaten op. 2 und op. 3 (1936 und 1939) zeigen den Komponisten Jacobi als Schöpfer innovativer Klavierwerke, die intelligent zwischen Elementen der verschiedenen Stilformen vermitteln, zwischen kargen, vollen oder entfremdeten Harmonien, deren Form in jedem Satz der Sonaten neu angelegt wird. Die Auseinandersetzung mit dem alten Stil setzt sich fort in der 1951 komponierten „Musik für zwei Klaviere“ (Choralvorspiel über „Durch Adams Fall“), eine Choralmelodie von Lazarus Spengler (1479–1534), die Johann Sebastian Bach verschiedentlich benutzt hat. Nahezu alle Kompositionen sind engen Freunden oder Familienmitgliedern gewidmet, so auch die „Miniaturen für Klavier vierhändig“ und die „Sonatine für Klavier“ (1964).
Eine interessante Einspielung mit hervorragenden Solisten, die mit der jeweils angemessenen Interpretation der Werke die Stilmerkmale herauskristallisieren.