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Kolumne

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„Bei Privatmusiklehrern steht die individuelle Förderung im Mittelpunkt“
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Die meisten überragenden Solisten und Musiker, die ich bei meiner Arbeit als Musikjournalist und Festivalleiter näher kennen lernen durfte, wurden in ihrer Jugend von privaten Musiklehrern entscheidend gefördert.

Die meisten überragenden Solisten und Musiker, die ich bei meiner Arbeit als Musikjournalist und Festivalleiter näher kennen lernen durfte, wurden in ihrer Jugend von privaten Musiklehrern entscheidend gefördert. Ich verwende hier absichtlich das etwas altmodisch klingende Wort „Privatlehrer“, da es darauf hinweist, um was es geht: um den persönlichen Kontakt. Der Opernsänger Benno Kusche ließ sich von jungen Sängern, die bei ihm lernen wollten, nicht nur vorsingen, sondern lud sie auf ein Bier in den Biergarten ein: „Ich muss sie doch als Mensch kennenlernen“, sagte er zu mir. Sol Gabetta, Fazil Say, Sharon Kam hatten alle als Kinder und Jugendliche Musiklehrer, die individuell und ohne auf die Uhr zu schauen die ganz besondere Persönlichkeit ihrer hochbegabten Schüler förderten. Das gilt auch für Franz Hummel, der eine pianistische und komponierende Frühbegabung war, die unter anderem von Richard Strauss entdeckt und gefördert wurde. Wenn Franz Hummel (wie in der Ende Dezember erscheinenden Monographie über ihn in der Reihe „Komponisten in Bayern“ nachzulesen) sagt, dass er für eine reguläre Hochschulausbildung „keine Zeit gehabt“ hätte, da er ja schon mitten in einer Konzertkarriere war, mag das zwar ein wenig arrogant wirken, weist aber vor allem darauf hin, wie wichtig hervorragende Privatmusiklehrer in der Kindheit und frühen Jugend sind; denn dies ist für das Erlernen eines Instruments (aber auch für vieles andere) die entscheidende Lebensphase. Privatmusiklehrer sind nicht in ein administratives Korsett, strenge Zeitabläufe oder Prüfungsordnungen eingebunden, können frei, ganz auf den einzelnen Schüler und seine speziellen Begabungen (und Schwächen) eingehend den Unterricht gestalten. Dass dies sehr erfolgreich ist, zeigen nicht nur die Lebenswege bedeutender Künstler, sondern auch der hohe Anteil an „Jugend musiziert“-Preisträgern, die von freiberuflichen Musikpädagogen unterrichtet werden. Wer sich auf seinem Musikinstrument oder mit seiner Stimme ausdrücken will, muss sich nicht nur technische Fertigkeiten aneignen, sondern auch eine eigenständige Persönlichkeit entwickeln. Im Gegensatz zu unserem Schulsystem mit den viel zu großen Klassen können freiberufliche Musikpädagogen mit hoher Flexibilität auf den Einzelnen eingehen. 

Übrigens will ich mit diesen Zeilen keineswegs den Musikschulen, -instituten oder -hochschulen auf die Füße treten, oder zumindest nur ein wenig: Ich weiß, dass es dort sehr viele, sehr engagiert und individuell unterrichtende Pädagogen gibt. Aber es wäre wichtig, dass das System „Schule“ wieder mehr Raum lässt für die flexible und individuelle Förderung und sich dabei am Modell „Privatmusiklehrer“ orientiert. Dies gilt insbesondere für die aktuelle Diskussion über den Ganztagsunterricht.

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