Während in einem durchaus wohlhabenden Land wie Deutschland die Wertschätzung und Unterstützung kultureller Aktivitäten so vor sich hin dümpeln, machen die Isländer das anders. Sogar ohne helfende Elfen.
Die Bevölkerung Islands beschränkt sich auf gerade mal 330.000 Einwohner. Das entspricht ungefähr den Einwohnerzahlen von Münster, Bonn, Mannheim oder Karlsruhe. Umso erstaunlicher, welch renommierte Künstler von diesem Inselstaat aus die Welt beglücken. Schon alleine die klassischen – international tätigen – Sänger/-innen sind statistisch überrepräsentiert: die Sopranistin Helga Rós Indriðadóttir, der Bariton Ágúst Ólafsson, der Bassist Kristinn Sigmundsson, der junge Bariton Oddur Arnþór Jónsson und mindestens 62 weitere. Es gibt einen Frauenchor mit über 120 Teilnehmerinnen, über 30 Radiosender, Dutzende Chöre und zahlreiche Orchester, darunter das isländische Sinfonieorchester mit 90 festangestellten Musikern. Und man gönnte sich das neue Opern- und Konzerthaus „Harpa“ in Reykjavík, der Hauptstadt mit circa 120.000 (!) Einwohnern. Harpa hat immerhin über 1.600 Sitzplätze.
Wie geht das? Island hat sieben Hochschulen, darunter drei Musik- und Kunsthochschulen. Für Kultur liegen die Ausgaben in Deutschland bei 1,64 Prozent des Gesamtetats (statistisches Bundesamt 2012), für Bildung bei 4,8 Prozent (2014, UNESCO). In Island dagegen bei 7 Prozent für Kultur und 7 Prozent (2014, UNESCO) für Bildung. In Island sind 3,8 Prozent der Bevölkerung im Rahmen von Kultur beschäftigt, in Deutschland 2,8 Prozent. Vermutlich können die Isländer ja viel Geld sparen bei Ausgaben für Bundesbahn, Militär und Polizei. Vulkane haben wir nicht zu bieten, auch weniger Basstölpel oder Trottellummen. Doch könnten wir durchaus mal gucken, wie man bei uns mit Kunst, Kultur und Bildung umgeht und uns von den Isländern ein Scheibchen abschneiden. Ach so, fast vergessen: In Reykjavíks größtem Kindergarten sind die Kinder nur dann zum Mittagsschlaf bereit, wenn sie davor singen dürfen, und zwar deutsche Wiegenlieder.