Seit Neuestem gibt es auch in Bayern ein Jugendensemble für Neue Musik, mit dem klingenden Namen JU[MB]LE. Die Initiative wird getragen vom Tonkünstlerverband München und unterstützt von der Versicherungskammer Kulturstiftung und zahlreichen anderen Institutionen und Musikverbänden bayernweit. Die jungen Musiker sind zwischen 15 und 22 Jahre alt und erarbeiten in drei Probenphasen ein Programm mit Werken von Isabel Mundry, Richard Ayres, Volker Nickel und eine Uraufführung von Birke J. Bertelsmeier. Das Gründungskonzert wird am 13. Juni 2015 in der Black Box/ Gasteig München im Rahmen des 13. aDevantgarde-Festivals stattfinden. Im Vorfeld stand Johannes X. Schachtner, der musikalische Leiter und einer der Initiatoren des Projekts, zu einem Interview bereit.
neue musikzeitung: Wann und wie entstand die Idee zur Ensemblegründung?
Johannes X. Schachtner: Alexander Strauch hatte in den letzten Jahren immer wieder Kontakt zu Neue-Musik- Ensembles in anderen Bundesländern und in der Schweiz, und da es ein derartiges Ensemble in Bayern noch nicht gab, dachten wir: Lass uns versuchen, das hier ins Leben zu rufen. So sind wir Anfang 2014 zu Edmund Wächter, dem Vorsitzenden des Münchner Regionalverbandes, gegangen und dort auf sehr offene Ohren gestoßen. Und dann ging es ziemlich schnell relativ groß voran, und die erste Probenphase konnte bereits vergangenen Februar stattfinden.
Wichtig ist uns, auch zur Abgrenzung von anderen Projekten: Wir sind kein Orchester, das Neue Musik spielt, sondern ein Ensemble mit einer Sinfonietta- Besetzung. Das heißt, im Prinzip sind alle Instrumente einzeln besetzt. Mit derzeit circa 17 Musikern sind wir also ein Ensemble, das eher einen Bandcharakter hat.
nmz: Neben Ihnen als musikalischem und Alexander Strauch als künstlerisch- pädagogischem Leiter gibt es noch weitere Musiker, die als Dozenten aufgeführt sind. Wie sieht die Arbeitsaufteilung während der Proben aus?
Schachtner: In der ersten Probenphase haben wir zwei Tage vor allem im Tutti geprobt. Unsere nächste Probe ist der Dozententag in der Musikhochschule München, wo der Klarinettist Oliver Klenk und ich abwechselnd mit kleinen Gruppen arbeiten werden. Für die Bläser wird dabei ein Schwerpunkt auf Intonationsproben liegen, was natürlich eine Aufgabe ist, für die man die entsprechenden Fachdozenten braucht, die instrumentenspezifisch weiterhelfen können. Die beiden mitwirkenden Schlagzeuger sind Schüler von Stefan Blum und werden auch von ihm für die Proben vorbereitet. Moritz Eggert unterstützt den Pianisten, und unser Konzertmeister, der bereits Geige in Augsburg studiert, übernimmt zum Teil Proben mit den Streichern und kann ihnen so auch strichtechnisch weiterhelfen. Was genau wie geprobt wird, ist natürlich von Stück zu Stück unterschiedlich. Wir haben aber festgestellt, dass wir viele Werke haben, die mehr Tutti- Proben brauchen. Das war uns anfangs selbst gar nicht so klar.
nmz: Wie lief die Auswahl der Musiker bisher ab?
Schachtner: Wir haben die Verbände kontaktiert, den Tonkünstlerverband oder den Verband der Musikschullehrer. Wir haben Berufsfachschulen und musische Gymnasien und auch die Preisträger von „Jugend Musiziert“ angeschrieben. Und die Auswahl der Musiker lief dann vor allem über Empfehlungen ihrer Instrumentallehrer. Das ist bisher sehr gut aufgegangen, denn bei der Probe haben wir festgestellt, dass wir ein gutes Niveau haben. Ein wichtiges Anliegen ist uns aber, dass wir kein elitäres Projekt ins Leben rufen wollten, um zu zeigen, wie toll manche Jugendliche schon spielen können, sondern wir möchten das Interesse an Neuer Musik wecken. Jetzt haben wir eine Mischung aus sehr guten jungen Musikern und solchen, die gut sind, aber bei dem Projekt Dinge kennenlernen, die völlig neu für sie sind. Auch das funktioniert, und die Musiker verstehen sich untereinander gut.
nmz: Wie ist das Interesse bei den Jugendlichen?
Schachtner: Die Begeisterung bei der ersten Probenphase war sehr groß und auch die Überraschung, dass es so viel Spaß machen kann, zeitgenössische Musik zu spielen. Und auch uns hat es ein bisschen überrascht, wie gut das Projekt bei den Jugendlichen ankommt. Wir dachten eher, dass es bei den Lehrern Interesse weckt, die dann ihre Schüler zu uns schicken. Aber es waren eher die Schüler selbst, die von sich aus Lust auf das Projekt hatten.
nmz: Haben die Jugendlichen bereits Erfahrung mit Neuer Musik gemacht?
Schachtner: Ich denke, sehr viel Erfahrung haben die Jugendlichen alle noch nicht, aber keiner hat irgendeine Scheu davor und alle sind sehr offen. Es hat sich da wohl auch einiges im Bewusstsein geändert: Früher hat man gesagt, Neue Musik ist an sich schon schwer, und heute spielt man es erst mal und schaut dann, wo die Schwierigkeiten liegen. Wir haben natürlich passende Stücke ausgewählt. Die Musik von Richard Ayres ist zum Beispiel sehr klar notiert. Da weiß man genau: rhythmisch richtig oder rhythmisch falsch. Das war mir wichtig, und auch, dass es eine langfüllige Musik ist, die klingt und spielfreudig ist. Unsere Stücke sind alle, denke ich, wirklich handfest und damit gut zu erarbeiten.
nmz: Und zum Schluss noch: Was bedeutet der Name JU[MB]LE?
Schachtner: Im Namen JU[MB]LE steckt das „Jugendensemble“ und auch „München“ und „Bayern“. Und auch das englische Wort „jumble“, übersetzt „Wirrwarr“, passt assoziativ ganz gut zu Neuer Musik.