Im Rahmen der Reihe „Neue Mitglieder stellen sich vor“ des Tonkünstlerverbands Augsburg präsentierte sich die Pianistin und Komponistin Barbara Mayer am Freitag, den 27. Mai, im Rokokosaal der Regierung von Schwaben als äußerst versierte und vielseitige Künstlerin: Unter dem Motto „Internationale Metamorphosen von Brasilien bis Finnland“ bot sie ein abwechslungsreiches und außergewöhnliches Konzertprogramm mit musikalischen Schätzen des 20./21. Jahrhunderts sowie facettenreichen Eigenkompositionen und Improvisationen.
Begonnen wurde die phantasievolle musikalische Weltreise mit Barbara Mayers Komposition „Rigoletto im Spiegelland“, in der sie verfremdete und gespiegelte Themen aus Liszts Rigoletto-Paraphrase in die Tonsprache der Zeitgenössischen Musik überträgt. Das technisch sicht- und hörbar hochkomplexe Werk, für das sie bereits einen Sonderpreis der Ibla Grand Prize Competition erhalten hatte, spielte sie, ganz im Sinne des Vorbilds Liszt, mit beeindruckender Bravour.
Mit dem „Ciclo Brasileiro“ des brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos fand ein hierzulande äußerst selten aufgeführtes Werk Eingang ins Konzert, das in jedem seiner vier Sätze in einer reizvollen Verbindung aus brasilianischer Folklore und europäischer Kunstmusik eine Szene aus dem brasilianischen Leben darstellt. So verklanglicht der 1. Satz „Plantio do Caboclo“ anhand von zarten, polyrythmischen Geweben sowie einem pentatonischen Ostinato im piano-Bereich die gleichförmige Arbeit eines Plantagenarbeiters. Die schwebenden, nahezu impressionistischen Klangfarben wusste Mayer mit höchster Sensibilität hervorzuheben. Der walzerartige 2. Satz „Impressoes Seresteiras“ zeichnet sich dagegen durch ein orchestrales Klangvolumen in spätromantischem Charakter aus: Die Pianistin eröffnete hier ein fulminantes Klangfeuerwerk aus den hochvirtuosen Passagen, vollgriffigen Akkordkaskaden und resonanten Liegetönen des Stücks. Mühelos meisterte Mayer auch die nahezu atemberaubend schnellen Akkordrepetitionen und komplexen rhythmischen Finessen des pianistisch höchst anspruchsvollen 3. Satzes „Festa no Sertao“, in dem sie ihr Publikum an der ausgelassenen Atmosphäre eines Dschungelfests teilhaben ließ. Den Schlusssatz des Zyklus bildet der „Tanz des weißen Indios“, gespickt mit schnellen, nachgeschlagenen Repetitionen sowie rasanten Triolenketten mit glissando-Effekten.
Der nächste Programmpunkt war einem ebenso unbekannten, nicht minder kompositorisch interessanten Werk gewidmet: der dreisätzigen „Suite per pianoforte“ des italienischen Komponisten Luigi Manenti, die dieser im Jahre 1936 im Stile des Impressionismus mit deutlich italienischen Einschlägen komponiert hatte. Diesem Hintergrund entsprechend entfesselte Barbara Mayer in ihrer Interpretation eine ganze Palette an glitzernden Farbspielen.
Im weiteren Verlauf des Konzerts rückte nun der improvisatorische Aspekt in den Mittelpunkt: So gelang Mayer in ihrer Improvisation über den 3. Satz von Beethovens Klaviersonate op. 109 ein Überraschungseffekt, indem sie das gesangliche Ausgangsthema mit viel musikalischem Witz, Einfallsreichtum und mitreißendem Groove in jazzig-rockige Klangwelten versetzte und bewies, dass sie vermeintliche Grenzen zwischen musikalischen Genres mit Leichtigkeit zu überbrücken versteht.
Als wirkungsvoller Abschluss des Abends kam ein Werk für Video und Klavier (mit Improvisationsteilen) zur Aufführung, „Finnland – Szenen einer Landschaft“, das 2019 in Kooperation mit der Deuringer Künstlerin Brigitte Heintze entstanden war. In diesem vielschichtigen Kunstprojekt zieht Heintze anhand von künstlerisch gekonnt bearbeiteten Momentaufnahmen ausgewählte Stationen ihres Artist-in-Residence-Aufenthalts in Finnland nach. Barbara Mayer gestaltete diese eindrucksreichen Bilderfolgen kompositorisch zu einer gleichzeitig abwechslungsreichen wie ausgewogenen Klanglandschaft aus.
Mayer hat fraglos ihren musikalischen Weg gefunden, mit dem sie innovative Perspektiven eröffnet und auch anderen Künstlern Mut macht, abseits des herkömmlichen Konzertrepertoires neue Pfade zu beschreiten. Die junge Musikerin beeindruckte nachhaltig durch die einzigartige Kombination ihrer pianistischen, kompositorischen und improvisatorischen Talente, ihre fesselnde Virtuosität, ihre überbordende Kreativität und ihr feinsinniges Gestaltungsvermögen.