Man muss sich heute einiges einfallen lassen, um für Musikunterricht zu motivieren. Gewiss, es gibt zahlreiche Laienorchester, in denen man mitspielen kann. Aber die Hausmusik, die früher ein fester Bestandteil bürgerlichen Lebens war, ist eher rückläufig
Jetzt ist wieder Sommer und Festivalzeit. Das interessierte Publikum wird von zahlreichen Angeboten überschüttet, die von Open-Air-Konzerten, Serenaden in Burgen und Schlössern bis zu Jazznächten reichen. Wessen Geldbeutel und Zeitbudget überfordert ist, steckt sich den kleinen Kopfhörer seines MP3-Spielers ins Ohr und genießt sein eigenes Open-Air-Konzert auf dem Balkon. Aber selber Musik machen? Obwohl es doch andere viel besser können? Obwohl Musik heute doch überall verfügbar ist und man nicht die eigene Klampfe mitnehmen muss?
Die prozentual betrachtet wenigen hochbegabten und fürs eigene Musizieren überaus motivierten Menschen ausgenommen: Man muss sich heute einiges einfallen lassen, um für Musikunterricht zu motivieren. Gewiss, es gibt zahlreiche Laienorchester, in denen man mitspielen kann. Aber die Hausmusik, die früher ein fester Bestandteil bürgerlichen Lebens war, ist eher rückläufig. Andererseits gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die beispielsweise zeigen, dass eigenes Musizieren gut ist für die seelische Balance, dass es gegen Vereinsamung schützt, Menschen zusammenführt und im Alter wach und geistig fit hält, also ein Mittel gegen Demenz ist.
Doch wenn die herkömmlichen Familien- und Gesellschaftsstrukturen zerfallen, muss man etwas tun, um „Hausmusik“ in unsere Zeit hinüberzuretten. Freilich, „altbacken“ darf sie nicht sein. Sie muss junge Menschen ansprechen. Ansätze dafür gibt es, etwa die in Dresden gepflegten privaten Konzerte in Wohnungen und Häusern, die an die alte Salonkultur anknüpfen, oder der vom Tonkünstlerverband Bayern unterstützte Hausmusikwettbewerb „Heimspiel“ der Deutschen Mozartgesellschaft in Augsburg oder das Geburtstagskonzert für Linde Dietl in diesem April (s. Bericht auf dieser Seite), bei dem Kinder, Jugendliche, ehemalige Schüler und Meisterinterpreten mitwirkten und die Bandbreite von Schumann, zeitgenössischer Musik bis zu humorvollen bayerischen Gstanzln reichte.
Alles dies sind Ansätze, die in Zeiten der zunehmenden Kommerzialisierung von Klassischer Musik wichtig sind, um eigenes Musizieren attraktiv zu machen und damit letztlich für Musikunterricht zu motivieren. Man könnte sich noch vieles weitere ausdenken, etwa musikalische Biergärten oder Flashmobs mit Tonkünstlern.
In diesem Sinn wünsche ich einen kreativen Musiksommer.