Hessische Corona-Verordnung mit der Gültigkeit ab 2. November 2020: „Musik- und Kunstschulen sowie Hundeschulen sind geschlossen.“
Viele rieben sich verwundert die Augen und bei manchem Kollegen kam – endlich – die bittere Galle hoch! Musik- und Kunstschulen sind gleichwertig mit Hundeschulen? Wo bitte ist der Bildungsauftrag für die musikalische und künstlerische Bildung geblieben, der vielen Institutionen etwa durch die Umsatzsteuerbefreiung bescheinigt wird? Warum wird seitens der Politik die Arbeit der musikalischen und künstlerischen Bildung nicht wertgeschätzt? Denn das ist ja offensichtlich der Hintergrund dieser Verordnung. Musik und Kunst sind immer schön, um sich zu schmücken. Wir sind ja das Land der Dichter und Denker und gerade unsere Kultur und die Kulturschaffenden werden immer bemüht, wenn Politik oder Wirtschaft einen schönen, besonderen Rahmen braucht. Gerade jetzt in der Pandemie wird überdeutlich, dass Kunst und Musik identitätsbildend, der Kitt unserer Gesellschaft ist, Werte vermittelt, Sinn und innerlichen Halt gibt.
Aber woher kommen Kulturschaffende denn? Sie müssen erst einmal in jahrelanger – nein, eher jahrzentelanger Arbeit – ausgebildet werden. Und wo findet diese Ausbildung vor dem Studium statt? In der Regel nur partiell in den allgemeinbildenden Schulen. Hauptträger der musikalischen und künstlerischen Bildung sind die Musik- und Kunstschulen und die freiberuflich tätigen Musik- und Kunstpädagogen.
Diese nach einer Woche schon durch die Wiedereröffnung der Musikschulen aufgehobene Verordnung führt uns mit aller Deutlichkeit die vielen Missstände vor Augen, gegen die wir seit langen Jahren leider mit sehr mäßigem Erfolg versuchen anzukämpfen. Der geringe Erfolg ist aber meiner Meinung nach hausgemacht:
1. Das Bild der Musik- und Kunstpädagog*innen in der Öffentlichkeit entspricht oft dem der netten Nachbarin, die halt mal früher ein paar Töne auf ihrer Blockflöte gelernt hat und dies nun weitervermittelt. Dass die meisten KollegInnen ein höchst anspruchsvolles Studium hinter sich gebracht haben, wird oft nicht wahrgenommen.
2. Viel zu wenige KollegInnen organisieren sich in den entsprechenden Berufsorganisationen und noch viel weniger sind sich bereit zu engagieren. Wenn wir aber nur ein paar Wenige sind, werden wir und unsere Anliegen von Seiten der Politik nicht wahrgenommen.
3. Und dann ist die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verbänden verbesserungswürdig. Denn gemeinsam erreichen wir mehr. Das haben wir jetzt wieder mit der Aufhebung der Schließung der Musikschulen erlebt.
Daher mein Apell und mein Wunsch für das Neue Jahr: Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass unsere Arbeit endlich die Wertschätzung erhält, die ihr gebührt!
Auf jeden Einzelnen kommt es dabei an: Macht auf die Qualität und Wertigkeit eurer Arbeit aufmerksam! Nehmt für eure Arbeit faire Honorare und arbeitet nicht für Dumpinglöhne! Kommt als Mitglied in die Berufsverbände und engagiert euch dort! Und an die Adresse der Berufsverbände: Arbeitet zusammen am gemeinsamen Ziel!
Denn wir alle möchten schließlich dasselbe: Unsere Begeisterung für die Musik und die Kunst auch in Zukunft weitervermitteln und so unserer Gesellschaft den inneren Kitt geben, den sie gerade in der Krise so bitter nötig hat!