Die Harfe thront goldglitzernd in der Mitte, umrahmt von der Flöte und drei Streichern: Zupfen, Flöten und Streichen für den Frühling. Mit „Primavera“ war nämlich die Matinee im Künstlerhof am Sonntag betitelt. Gegenüber standen sich französischer Impressionismus und deutsche Romantik – reiner Klang und reine Melodie, reizvolle Kontraste, die ein ungewöhnliches und beschwingtes Konzert ergaben.
Die Harfenistin Margit-Anna Süß hatte selbst Schuberts Impromptu in Ges- Dur für Harfe bearbeitet. Sie schaffte es, mitten im Arpeggien-Dauerrauschen die Melodie sehnsüchtig darüber singen zu lassen und gleichzeitig die Bassstimme dramatisch-deutlich konturiert herauszuholen – und das mit nur zwei Händen!
Drei Streicher aus Salzburg (Werner Neugebauer, Violine, Firmian Lermer, Viola, Detlef Mielke, Cello) spielten das zarte Windhauch-Thema (so von Werner Neugebauer apostrophiert) des Allegros aus Schuberts Streichtrio in BDur blutvoll und quellend-lebendig wie ein warmer Frühlingsregen.
Flöte (gespielt von Alice Guinet), Violine und Harfe bildeten eine reizvolle Klangmischung in den „Deux Interludes“ von Jacques Ibert (1890 bis 1962), rauschend expressiv der eine und angeregt sprudelnd der andere Satz. Vincent d’Indy (1851 bis 1931) habe „alle Nuancen des Herzens und des Geistes wiedergegeben“ in der „Suite en parties“, erklärte Alice Guinet. Und all diese Nuancen erklangen auch in dieser Tanz-Suite: Elegisch, schäferidyllisch und am Schluss ausgelassen.
Ein bisschen spröder und vergeistigter wirkte diese Kammermusik des die deutsche Musik bewundernden d’Indy als die von Charles Koechlin (1867 bis 1950) – die eigentliche Entdeckung und freudige Überraschung der Matinee. Wie von Alice Guinet angekündigt schwirrt und summt, rauscht und flirrt es in fast orchestraler Fülle in dieser frühlingshaften Musik voll mediterranem Charme, die den vielversprechenden Titel trägt: „Primavera“. Das Adagio-Thema stimmt die Harfe an, vom Cello beantwortet und dann von allen anderen Instrumenten angeregt weitergeführt; mittendrin ruft die süße Panflöte im wiegenden Siciliano-Rhythmus das Gefühl von Mittagsschwüle hervor, und zum Schluss herrscht sanft-explosiver Frühlingsfreudentanz. In der Zugabe wiederholten die Musiker den ersten Satz in nun übersprudelnder Souveränität. Warum hört man so selten Musik von Charles Koechlin?