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Gestikulierend steht von Pragenau mit kurzen Haaren, Brille und Sakko vor dem Publikum. Eine bunte Tafel im Hintergrund.
Dem Publikum zugewandt: Lutz Landwehr von Pragenau
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Sich öffnen für das, was man hört

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Porträtkonzert für Lutz Landwehr von Pragenau in Regensburg
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Mit einem moderierten Überraschungskonzert im Festsaal des Bezirks Oberpfalz feierten Schüler*innen und Lehrende der Regensburger Sing- und Musikschule den Komponisten Lutz Landwehr von Pragenau.

„Der Klang ist grün, lebhaft und still“. Das Motto dieses Konzerts war gut gewählt. Der schwedische Lyriker Tomas Tranströmer ließ sich immer wieder von Musik inspirieren, und das freie Assoziieren zwischen Worten, Tönen und Bildern zog sich wie ein roter Faden durch die Matinee. Die Initiative dafür kam von der Pianistin Anastasia Zorina, die an der Sing- und Musikschule Regensburg unterrichtet. Anlässlich des im November bevorstehenden 60. Geburtstags Lutz Landwehr von Pragenaus hatte sie schon zwei Wochen zuvor ein „Mal-Konzert“ organisiert, bei dem Kinder und Jugendliche ihre Eindrücke zu Landwehrs erster Sonatine für Klavier zu Papier bringen konnten. Bei der Matinee wurden dann die nach Meinung des Künstlers Peter Liebl gelungensten Bilder ausgezeichnet.

In seiner Sonatine Nr. 1 von 2017 spielt der Komponist mit den Erwartungshaltungen an diese klavierpädagogische Gattung und landet bei klassischen Vorbildern wie Muzio Clementi, aber auch bei Neoklassizistischem à la Poulenc oder Prokofieff. Anastasia Zorina meisterte den pianistisch durchaus anspruchsvollen Dreisätzer souverän und gestaltete auch die zweite, ihr gewidmete Sonatine (2020) mit Finesse und Ausdrucksklarheit. Landwehr reflektiert hier die ersten Lockdown-Erfahrungen tonal freier, mit Anklängen an die Harmonik der französischen Impressionisten, und lässt den zunächst stark motorisierten Finalsatz nachdenklich ausklingen.

Wie man für den pianistischen Nachwuchs wirkungsvolle, aber nicht banale Stücke schreibt, beweisen die drei kleinen Klavierstücke von 2022. Isabell Krottenthaler setzte sich mit Spaß und Elan aufs „Karussell“ und meisterte auch die slawisch anmutende Melancholie von „Viel Nachdenken“ ausgezeichnet; Simon Frank fand für „Heute ungeduldig“ den richtigen Ton.
Anastasia Zorina hatte sich für ein moderiertes Konzert entschieden und befragte zwischendurch die Mitwirkenden zu ihren Erfahrungen mit den Stücken. Dank manch guter Frage aus dem vollbesetzten Saal, den das Sudetendeutsche Musikinstitut zur Verfügung gestellt hatte, entspann sich eine lockere, kommunikative Atmosphäre.

Ob er das Stück „Berührungen“ von 1988 heute wieder so komponieren würde, lautete eine der Fragen an den Komponisten, was Landwehr differenziert bejahte. Das zwischen expressivem Martellato-Hämmern und nachhorchenden Passagen changierende Werk für Klavier zu vier Händen hatten zuvor Albena Börger und Zihao Lin überzeugend interpretiert, wobei Lin den zusätzlichen Part für eine Conga, den Clou des Stückes, übernahm.

Gehaltvoll, dabei intelligent unterhaltend, waren auch die beiden übrigen Stücke des Programms: Anne Dufresne ließ in dem vierteiligen Solo „Auch ich habe in Arkadien gelebt“ ihre Oboe wunderbar frei durch den Tonraum schweben, Geigerin Caroline Dieluweit gab, begleitetet von Anastasia Zorina, der hintersinnigen Variationenfolge „Yolimba lässt grüßen“ kräftige Kontur. Landwehr stellt hier anhand eines Themas aus der „musikalischen Posse“ seines Lehrers Wilhelm Killmayer die Frage, wie tonal ein Komponist um 1970 herum schreiben „durfte“.

Ganz so brisant ist diese Frage 50 Jahre später nicht mehr, aber Lutz Landwehr von Pragenau beantwortet sie in seiner Musik auf seine ganz eigene, sympathisch unangestrengte Weise. „Man muss sich öffnen für das, was man hört“. Dieser Satz von ihm, der im Publikumsgespräch fiel, wäre auch ein gutes Motto für dieses gelungene Konzert gewesen.

 

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