Ein gut gefüllter Saal mit engagierten Besuchern, die mit Spannung auf die Werke vorwiegend unbekannter Komponisten warten, spricht nicht nur für eine gute Ankündigung durch die Veranstalter und Interpreten, sondern besonders auch für das inzwischen erworbene Renommee der Berliner Tonkünstlerkonzerte des DTKV.
Ein gut gefüllter Saal mit engagierten Besuchern, die mit Spannung auf die Werke vorwiegend unbekannter Komponisten warten, spricht nicht nur für eine gute Ankündigung durch die Veranstalter und Interpreten, sondern besonders auch für das inzwischen erworbene Renommee der Berliner Tonkünstlerkonzerte des DTKV.
Die Programmfolge des 34. Konzertes dieser Reihe, das am 14. Dezember am gewohnten Ort, im Großen Salon der Schwartzschen Villa in Steglitz, stattfand, vereinigte mehrere Jubilare. Zum einen widmete es eine Programmhälfte dem am 15. Dezember 1972 verstorbenen Komponisten Wolfgang Jacobi, der sich unter anderem um den Deutschen Tonkünstlerverband sehr verdient gemacht hat. Ausgewählte Werke für Alt-Saxophon, Gesang und Klavier in wechselnden Besetzungen vermittelten einen plastischen Einblick in sein Schaffen. Als Glücksfall erwies sich, dass Andreas Ullrich, der Enkel Wolfgang Jacobis, Zeit gefunden hatte, für das Konzert nach Berlin zu reisen. Er ergänzte die musikalische Darbietung mit einigen persönlichen Erzählungen aus seiner Erinnerung an den Großvater und sein Selbstverständnis als Komponist in damaliger Zeit. Das Interpreten-Duo Tatjana Blome (Klavier) und Frank Lunte (Alt-Saxophon), beide schon oft zu Gast bei den Tonkünstlerkonzerten, hatten einen Bilderbogen ausdrucksstarker und sehr individueller Kompositionen des vor dem Zweiten Weltkrieg in Berlin, danach in München beheimateten Jacobi zusammengestellt, ergänzt durch das gesungene Wort. Im Wechsel mit dem Melos des Alt-Saxophons trugen Verena Rein (Sopran) und Martin Bruns (Bariton) Vokalwerke Wolfgang Jacobis vor, die zum einen den kompositorischen Witz und die handwerkliche Professionalität, zum anderen, wie in den 1946 entstandenen Sonetten des Satans, die lakonische Verzweiflung des überlebenden Individuums schilderten. Wie Martin Bruns den Spannungsbogen seiner Interpretation zwischen Petrarcas Sonetten und den Sonetten Jacobis spannte, gehörte zu den intensiven Höhepunkten des Abends. Die Cantata für Alt-Saxophon, Sopran und Klavier beschloss die erste Programmhälfte. Zuvor hatten in der Mitte des ersten Teils Uta Gerwig, Wolfgang Bensmann (Alt-Saxophone) sowie Ricarda Gnauck (Klavier) mit der Barcarole ein effektvolles Kabinettstück abgeliefert, das in seiner noblen Ernsthaftigkeit den folgenden Sonetten des Satans vorgriff.
Wie professionell und qualitativ hochwertig Jacobis Musik gesetzt war, zeigte sich auch daran, dass die Pause nicht die Erholung der Erschöpften, sondern den Gesprächsaustausch der Interessierten zum Thema hatte. Man war gespannt, wie der Spannungsbogen nach der Pause den Bezug zum vorher Gehörten aufgreifen würde. Der zweite Teil begann mit drei Werken John Cages, der ebenfalls im Jahr 2012 mehrfaches Jubiläum feierte. Leslie Leon (Gesang) und Raminta Lampsatis (Klavier) stellten die berühmte Aria für Gesang solo sowie drei Gesangsstücke vor, bei denen das Klavier als Perkussionsinstrument benutzt wurde. Nur im abschließenden Ophelia bediente sich Cage dem herkömmlichen Klavierton. Der 2001 als Artist in Residence an die Musikhochschule Hannover verpflichtete Komponist Bardo Henning wurde in einem Werk für Bassflöte solo dem Publikum vorgestellt, das sich mit musikalischen Floskeln und ihrer Veränderbarkeit auseinandersetzt. Ulrike Philippi zeichnete die unmerklichen Veränderungen der Mikromotive mit Achtsamkeit und warmem Klang nach. Martin Bruns stellte anschließend zum einen einen großen Kontrast zum vorher Gehörten her, zum anderen konnte, wer es vermochte, auch in der schwelgerisch-rezitatitvischen Textvertonung der drei Petrarca-Sonette von Franz Liszt die subtilen Veränderungen ein und desselben Motives im Verlauf der jeweiligen Lieder verfolgen. Mit großer Klarheit, wie auch schon im ersten Teil bei den Jacobi-Gesängen, stellte Martin Bruns die tiefgründige Lyrik Petrarcas beinahe monolithisch in den Raum, Markus Wenz am Klavier gelang es, einen dichten, doch nicht erdrückenden Klaviersatz um die zentrale Gesangslinie herum zu weben. Dadurch entwickelten die Sonette eine bei aller Prachtentfaltung stets intime und kammermusikalische Färbung. Um die aufgeladene Dichte der Stimmung nicht unverarbeitet zu lassen, setzte Organisator Markus Wenz wohldosierten Humor an das Ende der Veranstaltung. Carlos Guastavino, argentinischer Komponist und wie John Cage 1912 geboren, verfügte über ein an Schubert erinnerndes Melos, das Cecilia Pillado anhand von drei ausgewählten Präludien über argentinische Kinderlieder in eine schlichte, aber in ihrer unverstellten Einfachheit auch wohltuend bezaubernde Klanglichkeit umsetzte. Ein langer, aber für die zahlreichen Besucher sehr lohnender Abend.
Das nächste Tonkünstlerkonzert findet am Sonntag, den 9. Juni 2013 um 20 Uhr, in der Schwartzschen Villa Steglitz statt. Schwerpunkte: Werke von Helmut Fenzl und Thomas Heyn (beide *1953) sowie weitere Werke.
Vorschläge bitte bis zum 30. April 2013 an Markus Wenz senden (M.Wenz [at] t-online.de (M[dot]Wenz[at]t-online[dot]de)).