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Sounds and Ballads

Untertitel
Ein Konzert zwischen Klassik, Neuer Musik und Pop
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Der TKV Augsburg-Schwaben – in neuem frischem Design – präsentierte „Sounds and Ballads“, zusammengestellt und interpretiert von Beatrice Ottmann, Sopran, und Stefan Schulzki, Elektronik und Klavier.

Der Titel von Gerald Fiebigs „Stördämpfung“ bezeichnet zwar einen Wert der „Entstörwirkung von Entstörmitteln“ (wikipedia), treffender für das Stück ist aber die Konfrontation von „stören“ und „dämpfen“. Der Audiokünstler und Lyriker komponierte in seinem Werk eine Abfolge kleiner Abschnitte, die auf einem Wechsel zwischen Spiel im Innenklavier und Synthesizer, jeweils in Zwiesprache mit dem rein lautpoetisch agierenden Sopran, beruht.

„Minuscule“ von EMERGE aka Sascha Stadlmeier beeindruckt die Zuhörer durch seine Klangfülle. Man assoziiert berstendes Eis, Wasserfälle, Zündungen, Brandungen, Brände, so dass die Titelbezeichnung, französisch für „winzig“, beinahe verharmlosend erscheint, oder auf die Gefühlslage des Zuhörers zutrifft, angesichts der Klangmassen.

Erich S. Hermanns „shift 2 – songs and ballads“ zeigt Wege auf, welche Formen heute ein Liederzyklus annehmen kann. Gesprochen, gesungen, in Echtzeit verfremdet oder direkt als Sample eingespielt kommen alle Sprach-Facetten zum Einsatz. Die Wechsel zwischen analog-akustischer und elektronischer Klangerzeugung sind so überzeugend und gleichzeitig versteckt, dass die Verbindung perfekt ist. Zwischen diesen ansprechenden wie anspruchsvollen Werken wurden zwei Jazzstandards von Thelonius Monk und Victor Young quasi als Verdauungsschnäpse zu den leckeren Gängen serviert. Gegensätzlicher konnte der Stimmungswandel nicht gewählt sein.

Der zweite Teil des Abends wurde mit Schulzkis eigenen Werken bestritten. Das kurze Gedicht „Schatten Rosen Schatten“ von Ingeborg Bachmann vertont und interpretiert der Komponist mit einer sehr innigen Verbindung aus Elektronik, Sprache, Stimme und Piano und findet sich in der stetig wachsenden Schnittmenge aus Pop und Neuer Musik. Goethes Gedicht „Erlkönig“, in dessen Neuvertonung Schulzki sowohl mit Mitteln des Sprechgesangs als auch des klassischen Belcantos arbeitet, wächst mit einer heftigen Klimax bis zum Wort „Gewalt“, wo es kulminiert und tonlos „tot“ (ver)endet. Die „Musik für Klavier und Elektronik Nr. 4“ wartet mit einem Universum an Klangeffekten auf und die Spannung lässt nicht nach. Denn mit „Everything“ bringt das Duo Schulzki/ Ottmann noch einen ihrer Klassiker, bei dem die Sopranistin wie bei allen anderen Stücken zeigt, dass sie neben einer fulminanten Stimmkraft mit außergewöhnlicher Klangfarbe über ein reiches Repertoire aus allerhand Nebengeräuschen, Körpersprache und Charme verfügt.

Mit „Mondnacht II“, nach Joseph von Eichendorff – wiederum ein krasser Kontrast zu allen anderen Stücken des Abends – wäre das Publikum in die Gute Nacht geschickt worden, hätte dieses nicht so begeistert auf einer Zugabe bestanden, die es auch bekam. Und zwar mit reinstem Pop, einer Coverversion des Songs „Königin“ der Elektro-Pop-Band „Jeans Team“.

Fazit: Komponisten, Audiokünstler, Elektroniker und Interpreten haben erneut gezeigt, dass es keine Grenze mehr zwischen Pop und Neuer Musik gibt, und wenn doch, dass dieser Grenzstreifen selbst (frei nach einem Ausspruch Luigi Nonos über Carlo Scarpa) unendlich breit und voller Möglichkeiten ist!

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