Barockmusik für Kinder mit Fluchterfahrungen – eine zunächst eher ungewöhnliche Liaison, so scheint es. Concerto Foscari hat sich als professionelles Barockorchester das Ziel gesetzt, mit Musik wirklich Jeden zu erreichen.
Seit seiner Gründung im Jahre 2015 bietet das Ensemble mit Musiker/-innen aus ganz Europa, das Hannover zu seinem Sitz und Arbeitszentrum ernannt hat, kontinuierlich Education-Programme zu ihren Konzerten an. Auch die Suite „Les Elements“ von Jean Féry Rebel wurde für ein Kinderkonzert aufbereitet. Auf Anregung der jährlich in Ostfriesland stattfindenden „Gezeitenkonzerte“ fanden in Kooperation mit örtlichen Unterkünften für Geflüchtete in Aurich und Norddeich Mole entsprechende Konzerte im Sommer letzten Jahres statt. Die potentiellen Teilnehmer/-innen würden kaum Deutsch oder Englisch sprechen, hieß es seitens der Veranstalter. Für die musikpädagogische Arbeit stellte sich somit die Frage, wie ein Kinderkonzert, das sprachliche Barrieren überwindet, konkret aufgebaut werden kann. Wie sollte die Musik in einem inklusiven Konzept ohne die Verwendung von Sprache in Szene gesetzt und in einen erzählerischen Kontext überführt werden?
Concerto Foscari arbeitet in der Konzertpädagogik schwerpunktmäßig mit den Methoden der Rhythmik. In der Rhythmik wird Musik in Bewegung umgesetzt und so über den Körper erfahrbar. Für Außenstehende wird Musik gewissermaßen „verkörpert“. Hierfür sind keine Vorkenntnisse erforderlich, und die Bewegungen können an die jeweiligen Ressourcen der Teilnehmenden angepasst werden. Trotz dieses bereits existierenden inklusiven Ansatzes war ein gänzlicher Verzicht auf Sprache im Kinderkonzert doch eine besondere Herausforderung.
Das Konzept sah schließlich für einzelne Musiker/-innen einen darstellerischen Part vor. Durch das pantomimische Agieren der MusikerInnen auf der Bühne wurde eine Geschichte rund um die vier Elemente, die in Rebels Suite musikalisch charakterisiert werden, erzählt. Die Suite wurde für das Kinderkonzert auf fünf wesentliche Stücke reduziert, um eine an die kindliche Aufmerksamkeitsspanne angepasste Konzertlänge zu gewährleisten. In jedem der Stücke stellte sich ein Element (dargestellt von je einem Musiker, der in die Rolle eines personifizierten Elements, einem „Elementgeist“ schlüpft) vor und involvierte dabei die Kinder in musikalische Aktionen und Tänze. Diese wurden von den jeweiligen Musiker/-innen nur durch Körpersprache angeleitet.
Der Charakter eines Trolls, der mit außergewöhnlich großen Ohren dem Konzert lauschte, wurde durch die beteiligte Musikpädagogin dargestellt und vermittelte in ihrer Rolle nur hin und wieder pantomimisch zwischen Musiker/-innen und Kindern. Anders als häufig in Kinderkonzerten üblich waren also die Musiker/-innen selbst diejenigen, die in direkte Interaktion mit den Kindern traten, und ihre musikalischen Kompetenzen um Tänze und gesteigerten Körperausdruck erweiterten. Das in vielerlei Hinsicht grenzüberschreitende Konzert war für Musiker/-innen und Publikum eine tolle Erfahrung.