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Temperamentvoll und klanglich ausgewogen

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Sheila Arnold und Guido Schiefen verzauberten mit Brahms das Publikum
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Am 6. April 2019 fand im Musikstudio von Gabriele Paqué ein Konzert mit Sheila Arnold (Klavier) und Guido Schiefen (Violoncello) statt. Auf dem Programm standen die beiden Sonaten von Johannes Brahms, die er für diese beiden Instrumente komponiert hatte. Arnold und Schiefen sind keine Unbekannten in der Musikszene, und so überraschte es auch nicht, dass das Studio sehr gut besucht war mit hoch interessierten Menschen von nah und fern.

Johannes Brahms schrieb damals die Sonaten im Abstand von mehr als 20 Jahren, und das machte sich auch in der Unterschiedlichkeit der Kompositionen bemerkbar, die selbstverständlich beide hoch emotionale Werke sind. Es wird vermutet, dass Brahms die erste Sonate im noch recht jungen Alter von 29 mit Gedanken an Clara Schumann, eine bekannte und großartige Komponistin und Pianistin, schrieb. Offiziell war die Sonate jedoch Prof. Josef Gänsbacher gewidmet, einem Juristen und Sänger, der nebenbei auch Cello spielte. Diese vielleicht unerwiderte Liebe zwischen Brahms und Schumann meint der Zuhörer zumindest in der Unterschiedlichkeit der Sätze zwischen Freude und Melancholie heraushören zu können.

Die erste Sonate op. 38 verzaubert den Zuhörer ab der ersten Sekunde mit dem engelsgleichen Spiel der beiden Musiker, was den Klang und das Zusammenspiel betrifft. Ein Dialog zwischen Cello und Klavier eröffnet den ersten Satz Allegro non troppo mal temperamentvoll, ruhig, impulsiv und immer in der Dynamik sehr abwechslungsreich vorgetragen. Schiefen spielt voller Inbrunst in seinem Vortrag und doch transparent und durchsichtig im musikalischen Ausdruck. Der zweite Satz „Allegretto quasi minuetto“ verzaubert durch seine tänzerische Leichtigkeit und verinnerlichtes Spiel des Cellos. Der dritte Satz „Allegro“ wird vom Klavier eingeleitet und basiert auf dem Contrapunctus 13 aus der Kunst der Fuge von J.S. Bach. Das Cello übernimmt dann dieses Thema und führt uns durch sämtliche Stimmlagen hindurch. Hinreißend im Zusammenspiel von beiden Musikern vorgetragen. Emotional mit großer Tiefe und hingebungsvoll von beiden Musikern gespielt.

Die zweite Sonate schrieb Brahms 1886 für den berühmten Cellisten Robert Hausmann, der ihn schon länger gebeten hatte, ein Cellokonzert zu schreiben. Die Sonate gilt als späte Antwort auf seine erste Sonate, doch sie ist unmissverständlich ein spätes Werk, was beispielsweise an Elementen wie dem zu dieser Zeit von ihm oft verwendeten Pizzicato-Einlagen im Bass für das Cello ersichtlich wird.

Der energische Beginn des Cellos im ersten Satz „Allegro vivace“, mit dem sehr aufwühlenden Thema, drängend in der kompositorischen Ausführung konzipiert und sehr stark in seiner emotionalen Tiefe, beherzt und sicher von Schiefen vorgetragen, lässt den Zuhörer aufhorchen. Auch am Klavier ist Sheila Arnold die perfekte Partnerin und spielt ihren Klavierpart sehr temperamentvoll, klanglich wunderbar ausgewogen und perfekt im Zusammenspiel mit Schiefen. Im zweiten Satz, einem „Adagio affetuoso“, untermalt das Klavier mit warmen und weichen Akkorden das Pizzicato Spiel des Cellos. Das Thema wird mit allen dem Cello zu Verfügung stehenden Raffinessen klanglich traumhaft schön und emotional ge­spielt. Ebenso das Klavier, das mit der gro­ßen Klangfarbenvielfalt des Kaps-Flügels von 1875 eine fantastische Ergänzung für diese Musik darstellt. Auch im dritten Satz „Allegro passionata“ und vierten Satz „Allegro molto“ zeigten sich beide Spieler in größter Spiellaune und inniger Harmonie des Zusammenspiels. Ein unglaublicher Hörgenuss!

In diesem Konzert bewies Schiefen, dass er ein ausgesprochener Meister des Cellospiels ist, und der tiefe, seelige Bass dieses Instruments trug sich wie eine sanfte Decke, in die man sich an kalten Tagen einwickeln möchte, bis in die hintersten Ecken des Raums. Gleichzeitig überzeugte sein sehr in der Dynamik ausdifferenziertes Spiel mit einer Feinfühligkeit, die sich auch in der Mimik des Interpreten wiederfand. Manche Musiker pflegen eine sehr dramatische Zurschaustellung ihrer Musik durch die Gestik, doch nicht so Schiefen.  Vielmehr ist es die Übertragung des Herzens durch den ganzen Körper bis hinein in die Fingerspitzen, ohne dabei aber überbordend zu werden. Es ist schwer, nicht ins Schwärmen zu geraten! Mit Sheila Arnold fand er seine perfekte Partnerin am Klavier. Ihr sanftes bis kraftvolles Spiel komplementierte in perfekter Harmonie sein Spiel und hielt die Balance zwischen beiden Instrumenten. Somit bewies sie, dass sie nicht nur eine hervorragende Solistin ist, sondern auch ein sehr feines Gespür für die Kammermusik hat, indem sie versteht, sich in den Klang einerseits einzufügen, jedoch dabei immer noch durch ihre Spielart klanglich in ihrer Individualität überzeugt. Der Flügel von Ernst Kaps war hierfür zeitlich und klanglich somit ein sehr passendes Instrument, das mit dem Cello, welches sogar noch ungefähr 100 Jahre älter ist, eine wunderbare Harmonie erzeugte. Das Publikum war überaus begeistert und bedankte sich mit sehr viel Applaus.

 

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