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Überregionale Strahlkraft

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Der Münchner Tonkünstlerverband: 70 Jahre Vielfalt
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Der Regionalverband München, jetzt Tonkünstler München e.V., feiert Geburtstag. Mit 70 Jahren hat der Verein ein würdiges Alter erreicht, doch im Gegensatz zu einem Menschen, der wohl irgendwann kürzer treten würde, sind die Aktivitäten der Münchner Tonkünstler in voller Fahrt. Rund 1200 Mitglieder aus allen Bereichen des Musiklebens zählt der Verein inzwischen, und viele engagieren sich bei den unterschiedlichen Konzertreihen des Musik- Forums München oder den Schülerkonzerten, von denen rund 50 pro Jahr stattfinden. Wichtige Persönlichkeiten des Münchner Tonkünstler e.V. von der Gründung bis heute. Mitglieder der ersten Stunde: Fritz Rieger, Wolfgang Jacobi (Gründer „Studio für Neue Musik“), Harald Genzmer, Hans Rosbaud und Carl Orff; zwei ehemalige und der amtierende Vorsitzende: Gunther Joppig, Richard Gartenmaier und Edmund Wächter.

Da liegt es nahe, anlässlich des Jubiläums die Vielfalt, die den Verein ausmacht, zu präsentieren. Da sie den Rahmen eines „normalen“ Konzerts sprengen würde, veranstalten die Tonkünstler eine ganze Musiknacht mit mehreren Konzertteilen. Um 17 Uhr eröffnen Kinder und Jugendliche das Konzert mit dem plastischen wie verheißungsvollen Titel „Animal dreams“, unter dem verschiedene Stücke aufgeführt werden, unter anderem die gleichnamige Uraufführung von Stefan Schulzki. In zwei „Shortcuts – Komponisten in München“ um 18:30 und 21:15 Uhr musizieren Interpreten aus den Reihen des Vereins Werke von Komponisten der Gegenwart und umrahmen den Mittelteil der Konzertnacht um 20 Uhr, in dem der Bogen von den Anfängen des Vereins bis in die Gegenwart geschlagen wird: Der international renommierte Geiger Ingolf Turban erinnert mit der Violinsonate von Richard Strauss an die Gründungszeit, während Moritz Eggert als bekannter Komponist der Gegenwart ein eigenes Werk präsentiert. Abgerundet wird der Abend um 22 Uhr mit dem Konzert „Jazz plus“, in dem neben avancierter Jazzmusik Lateinamerikanisches, Swingendes und Kabarettistisches auf dem Programm steht. Koordiniert und organisiert wird das Konzert vom Vorstand des Vereins, dessen Vorsitzender, der Querflötist und Musikpädagoge Edmund Wächter, zu einem Gespräch zur Verfügung stand.

neue musikzeitung: Was ist das Besondere am Münchner Regionalverband beziehungsweise jetzt Verein?

Edmund Wächter: Die Neugründung des Verbands fand schon 1946 statt. Ziel war es, das Musikleben in München nach dem Krieg wieder zum Erblühen zu bringen und Persönlichkeiten aus allen Musikberufen in ein effektives Netzwerk einzubinden. Den Vorsitz hatte damals der berühmte Dirigent Hans Rosbaud, und gemeinsam mit anderen, nicht weniger namhaften Mitgliedern wie Richard Strauss, Carl Orff, Werner Egk, Harald Genzmer und anderen entwickelte der Verband früh eine überregionale Strahlkraft. Dadurch und durch das frühe Gründungsdatum war der Verein in der glücklichen Situation, von Anfang an von der Stadt München und dem Freistaat Bayern auf verschiedene Arten – unter anderem finanziell – gefördert zu werden. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum der Tonkünstler München e.V. einer der größten in Deutschland, und der älteste, ist.

nmz: Wie hat sich der Verein im Laufe der Zeit entwickelt?

Wächter: Interessanterweise haben sich die grundsätzlichen Anliegen und Ziele des Vereins seit der Gründung kaum verändert. Damals stand im Fokus die Präsentation des aktuellen Musikschaffens zum Beispiel durch die Konzertreihe „Studio für Neue Musik“, die es ja heute noch gibt, und die Organisation von Künstlern, Musikpädagogen und Angehörigen anderer Musikberufe. Mit beiden Bereichen wurde damals offenbar ein Nerv getroffen, denn sie sind auch heute noch aktuell. Die Instrumentarien und auch die Umstände haben sich natürlich verändert. Es gibt inzwischen beispielsweise zahlreiche andere Veranstaltungen für Zeitgenössische Musik. Trotzdem bietet der Verein immer noch eines der vielfältigsten Programme und vor allem die Chance auch für junge und unbekanntere Künstler zu reüssieren. Im Laufe der Zeit kam mit der Jugendarbeit ein wichtiger Bereich hinzu. Die meisten Mitglieder sind (auch) pädagogisch tätig und ihre Schüler haben die Möglichkeit, bei Schülerkonzerten aufzutreten oder bei „Jugend musiziert“ teilzunehmen. Dieser Wettbewerb mit pädagogischem Anspruch wird in München auf regionaler Ebene auch von den Tonkünstlern getragen. Als neuestes Jugendprojekt gibt es außerdem das Jugendensemble für Neue Musik Bayern JU[MB]LE, das jetzt seit circa einem Jahr sehr erfolgreich in unterschiedlichen Besetzungen probt und konzertiert.

nmz: Wie sehr prägt der Vorstand beziehungsweise der aktuelle Vorsitzende das Wirken des Vereins?

Wächter: Jede Zeit stellt bestimmte Anforderungen und so ist es auch die Verantwortung des Vorsitzenden, darauf zu reagieren. Bei der Gründung war es sicher wichtig, einige charismatische Künstlerpersönlichkeiten als Zugpferde an der Spitze des Vereins zu haben. Aber vor einigen Jahren, als es uns finanziell nicht so gut ging, hat Richard Gartenmaier zunächst als Schatzmeister den Verein saniert und später auch als Vorsitzender für geregelte finanzielle Verhältnisse gesorgt. Das war zu seiner Zeit eine der Hauptaufgaben und wirkt bis heute weiter. Mir ist es vor allem wichtig, bei unseren Konzertreihen für ein breitgefächertes Programm zu sorgen, um der Öffentlichkeit ganz unterschiedliche Kompositionen zugänglich zu machen. Als Interpret möchte ich mich bewusst nicht in den Vordergrund stellen und trete in den regulären Konzertreihen beinahe nie auf, denn es sollen möglichst viele Musiker zum Zug kommen. Hier würde ich mir gerade von unseren jungen Mitgliedern mehr Engagement erhoffen. Denn jeder kann auf mich zukommen und einen Programmvorschlag machen – er muss nur in den Rahmen der Konzertreihen passen.

nmz: Haben Sie Zukunftsvisionen für die Münchner Tonkünstler?

Wächter: Ja, es gibt einen ganz konkreten Plan für den nächsten „Vereinsgeburtstag“: Zum 75. Jubiläum soll eine Dokumentation zur Verbands- beziehungsweise Vereinsgeschichte erscheinen. Außerdem gibt es die Vision von der Einrichtung eines „Zentrums der Musik“ als Treffpunkt und fester Veranstaltungsort für die Freie Musikszene. Diese Idee existiert schon länger, konnte aber bisher nicht umgesetzt werden. Vielleicht kommt im Zuge der Diskussion zum neuen Konzertsaal in München wieder Bewegung in die Sache. Und ansonsten heißt es: Weitermachen und die Ziele des Vereins verfolgen, die seit 70 Jahren aktuell sind.

Informationen zur Musiknacht unter www.tonkuenstler-muenchen.de

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