Der 1962 in Kiel geborene Bernd-Christian Schulze ist heute Dozent an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover im Fach Klavier, wo er selbst von 1983 bis 1991 sein Klavierstudium bei Prof. David Wilde sowie Meisterkurse u.a. bei Halina Czerny-Stefanska und Volker Banfield absolvierte.
Mit dem Schauspieler Helmut Thiele gründete er 1994 in Celle das duo pianoworte, ein Unikat in der gesamten deutschsprachigen Kulturlandschaft. Es erfolgten zahlreiche Uraufführungen zeitgenössischer Werke für Klavier und Sprecher, vor allem im niedersächsischen Raum, aber auch zum Beispiel in Wien und in Prag.
Seine vielseitige Konzerttätigkeit führte ihn durch ganz Deutschland und vor allem nach Österreich, Russland und Japan. Zahlreiche Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie CD-Produktionen brachten Schulze auch Preise ein: Mit dem duo pianoworte erhielt er den Niedersächsischen Förderpreis 2001 im Bereich Musik, den Deutschen Schallplattenpreis ECHO Klassik 2002 sowie den LEOPOLD 2007.
Bei „Jugend musiziert“ ist er Vorsitzender des Regionalausschusses der Stadt Hannover, regelmäßiges Jurymitglied und Vorsitzender auf Regionalebene in ganz Niedersachsen, ebenso auch auf Landes- sowie Bundesebene. Seine eigenen Schüler erspielten sich bis hin zur Bundesebene zahlreiche Preise bei „Jugend musiziert“ sowie beim „State Contest“ in Indiana (USA).
Zur Zeit ist er Mitglied im Fünferrat der Klavierabteilung an der Musikhochschule Hannover. Regelmäßige Tätigkeiten als Gastdozent führten ihn u.a. zu den Bundesschulmusikwochen des VDS, an die Universität Osnabrück sowie an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
Durch seine musikalischen und pädagogischen Erfahrungen hat er eine ausgezeichnete Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Musik und seine weitere notwendige Entwicklung.
Die nmz-Redaktion Niedersachsen sprach mit Bernd-Christian Schulze über seine neue Tätigkeit.
neue musikzeitung: Vom niedersächsischen Landesvorstand des Deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV) wurden Sie gebeten, im neuen Präsidium des Landesmusikrates (LMR) mitzuarbeiten.
Bernd-Christian Schulze: Diese Aufgabe habe ich sehr gern übernommen. Denn es ist dringend erforderlich, die in unserem Berufsverband DTKV organisierten freiberuflichen Musikpädagogen wirkungsvoll zu vertreten. Mit dem im Herbst 2011 neu gewählten Präsidium unter dem neuen Präsidenten Franz Riemer werden wir sehr viele Themen behandeln.
nmz: Worauf werden Sie besonderen Wert legen?
Schulze: In zwei neu gegründeten Ausschüssen werden wir uns mit „Interkultur und Musik“ (der Fähigkeit, mit anderen Kulturen erfolgreich und angemessen zusammenzuarbeiten* Anm. d. Redaktion) sowie der „Neuen Musik“ beschäftigen. Da mir persönlich die zeitgenössische Musik sehr am Herzen liegt, habe ich die Leitung dieses Ausschusses übernommen. Darüber hinaus werden sich für mich dann sicherlich auch noch weitere Schwerpunkte im Bereich der professionellen Instrumentalmusik ergeben.
nmz: Oft wird die zeitgenössische Musik relativ kritisch betrachtet.
Schulze: Leider begegnen viele Konzertbesucher Kompositionen von heute immer noch mit starken Vorbehalten. Da müssen wir weitere Brücken für den Zugang zu Neuer Musik bauen. Auf kreative Weise können wir für Kinder und Jugendliche bereits in der Grundschule beginnen, zeitgenössische Musik zu vermitteln und das Verständnis dafür offen zu halten. Gerade bei Konzerten und Workshops mit dem duo pianoworte in allgemeinbildenden Schulen habe ich immer wieder erlebt, dass besonders Grundschulkinder ungewöhnlichen Klängen sehr offen gegenüberstehen. Das müssen wir Musikpädagogen in Zusammenarbeit mit unseren Komponisten sehr gut nutzen und ausbauen.
nmz: Wir denken, dass die Arbeit des LMR Handeln und Denken für die Zukunft bedeutet, ebenso wie für ein vielfältiges Musikleben in Niedersachsen.
Schulze: Das Jahr 2012 steht zunächst im Zeichen der Einarbeitung und der Konsolidierung, auch für unseren neuen Generalsekretär Hannes Piening. Das gesamte Musikleben hier in Niedersachsen erfordert einen großen Überblick. Eine wichtige Aufgabe des LMRs sehe ich darin, die Politik auf verschiedene Entwicklungen aufmerksam zu machen. So wird durch die neuen Schulsituationen wie
G 8 und die Ganztagsschulen die individuelle Förderung durch Einzelunterricht wesentlich eingeschränkt. Auch in diesem Jahr war bei „Jugend musiziert“ wieder deutlich zu spüren, dass die oberen Altersgruppen zu einem großen Teil wegbrechen. Wir wollen nicht zu schwarz malen und den Optimismus natürlich behalten. Aber wir müssen uns alle Gedanken machen, wie wir es heute den Jugendlichen erleichtern können, auch weiterhin an entsprechenden musikalischen und/oder instrumentalen Ausbildungsangeboten teilzunehmen, damit Musik später auf vielfältige Weise einen wichtigen Stellenwert in ihrem Leben behalten kann: In Orchestern, in Ensembles, aber auch auf ihrem Instrument solo - und natürlich auch als Konzertbesucher.
nmz: Wie beurteilen Sie die Breitenarbeit?
Schulze: Nicht nur den exzellenten Konzerten, sondern auch der Breitenarbeit wollen und müssen wir uns bedeutungsvoll widmen. Dabei wird uns z.B. in den nächsten Jahren in Zusammenhang mit den veränderten Altersstrukturen unserer Gesellschaft das Thema „60 plus“ beschäftigen. Hier liegt sicherlich ein großes Potential und wir benötigen dazu einen umfangreichen Erfahrungsaustausch. Der LMR und sein Präsidium haben sehr offene Ohren für alle Gedanken und Anregungen, die aus der praktischen Arbeit der DTKV-Mitglieder und der Mitglieder der anderen Verbände entstehen und uns für die Zukunft wappnen können.
nmz: Wir danken Ihnen für das Gespräch.