Es war ein fulminanter Start in eine besondere Saison des ensemble KONTRASTE, das seit über 30 Jahren wichtiger Impulsgeber und fester Bestandteil der Nürnberger Kulturlandschaft ist.
Zwischen den Welten
Am 6. Oktober wurde die Nürnberger Tafelhalle Schauplatz einer Welturaufführung: „Die schöne Müllerin/These Fevered Days“, Musik von Franz Schubert und Johannes Maria Staud. Unter der Leitung von Gregor A. Mayrhofer tauchte das Ensemble den berühmten Zyklus von Franz Schubert in ein neues Farbengewand. Der renommierte Liedsänger Christoph Prégardien führte des Publikum mit traumwandlerischer Sicherheit und mitreißender Präsenz durch die seelischen Höhen und Tiefen des Werks.
Das Gründungs- und aktuelle Leitungsteam des Ensembles verabschiedet sich mit der aktuellen Spielzeit „Freundschaft. Liebe. Welt.“ von seinem Publikum und gibt den Stab an die jüngere Generation weiter. Anlass genug für die Verwirklichung eines Projekts dieser Größenordnung.
Der Innsbrucker Komponist Johannes Maria Staud wurde mit der Instrumentierung der Schubert-Lieder beauftragt. In seiner Fassung entfalten sich die bekannten Lieder wie selbstverständlich in neuen Farbwelten, klingen dabei immer zutiefst vertraut – und doch ganz eigen. Staud belässt es nicht nur bei der Instrumentierung der Lieder – er stellt der geläufigen männlichen Perspektive des Müllers sieben Vertonungen von Gedichten der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson gegenüber und holt den Zyklus dadurch in die Gegenwart. Diese sieben Lieder sind kunstvoll in den Zyklus eingewoben, sie ergänzen und kommentieren ihn oder widersprechen ihm auch. Während sich die instrumentierte Fassung der „Schönen Müllerin“ nahe am Original bewegt, wählt Staud für die neuen Liedern seine ganz eigene Klangsprache und schafft so einen scharfen Kontrast zum wunderbar schlichten Lied.
In den Vertonungen der englischen Originaltexte von Emily Dickinson tritt das umfangreiche Schlagwerk in den Vordergrund, trifft auf harte Dissonanzen, Cluster und Gesangslinien jenseits der eingängigen Schubert-Melodien. Zurück in der Welt des liebeskranken Müllers sorgt es im Hintergrund für überraschende Farbnuancen und geräuschhafte Irritationen. Obwohl das Ensemble mit 19 Mitwirkenden groß besetzt ist und in den dramatischen Passagen auch seinen vollen Klang entfaltet, bleibt der kammermusikalische Charakter immer im Vordergrund. Je nach Charakter der Lieder rückt der Komponist oft kleinere Instrumentengruppen in den Fokus. Und dann gibt es da noch den einen, ergreifenden Moment, in welchem der Beginn eines Liedes in seiner ursprünglichen Klavierfassung erklingt.
Den erzählerischen Spannungsbogen schaffte der Tenor Christoph Prégardien mit ungemein präziser Stimmführung und bemerkenswert klarer Artikulation. Unter dem feinsinnigen Dirigat von Gregor A. Mayrhofer bereicherte das farbenreich aufspielende Ensemble diese Interpretation und orientierte sich unmittelbar am Text. Mit großer Begeisterung und Standing Ovations bedankte sich das Publikum für ein außergewöhnliches Konzert, das noch lange nachklingen wird.
- Share by mail
Share on