Bereits im März 2011 veranstaltete die Gesellschaft für Musikpädagogik (GMP) ein Symposium, um den Chancen und Grenzen des Inklusionsgedankens für die künstlerische und musikpädagogische Arbeit nachzugehen. Ein Jahr später konnten in einem Kolloquium die Perspektiven dieses anspruchsvollen Themas erweitert werden.
Beiträge beider Veranstaltungen erscheinen nun in Band 25 der GMP-Reihe „Musik im Diskurs“. Mit dem berufsspartenübergreifenden Ansatz dieser Buchreihe ist sie der beste Ort für die Bearbeitung der facettenreichen Inklusionsthematik, die aktuell die pädagogische Diskussion dominiert und zunehmend auch in der musikpädagogischen Landschaft aufgegriffen wird.
Hildegard Mogge Grotjahn erläutert aus soziologischer Sicht den Inklusionsbegriff und skizziert verschiedene Kontexte, in denen er diskutiert wird, auch mit einem Blick auf mögliche Konsequenzen für musikpädagogisches Handeln. Irmgard Merkt reflektiert die Bedeutung der auch von Deutschland ratifizierten Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen für die kulturelle Bildung.
Mit konzeptionellen Überlegungen zum gemeinsamen musikalischen Lernen mit individuellen Lernchancen und Lernherausforderungen macht sich Daniela Laufer auf den Weg zu einer inklusiven Musikdidaktik. Martin Weber schlägt theoretische Brücken von der Entwicklungslogischen Didaktik zur Musikpädagogik und zum gemeinsamen Musikunterricht.
Andreas Kloth legt Datenmaterial aus Nordrhein-Westfalen zum Besuch von Förderschulen vor. Außerdem fragt er vor dem Hintergrund der Heterogenität von Grundschulklassen, ob inklusiver Musikunterricht eigentlich etwas Besonderes ist. Seine Antwort: Ein klares Nein. Und: Ein klares Ja. Helmke Jan Keden stellt einen theoretisch fundierten Versuch inklusiver Musikvermittlung vor. Kerstin Heberle und Ulrike Kranefeld untersuchen das für die Motivation und das Selbstwertgefühl von Lernenden bedeutsame Rückmeldeverhalten von Instrumentallehrern im Gruppenunterricht unter dem Schwerpunkt des Umgangs mit Leistungsdifferenzen.
Ob und in welchem Maße das auf Teilnahmegerechtigkeit ausgerichtete Programm „Jedem Kind ein Instrument“ seine eigenen Ansprüche erfüllen kann – das ist die Fragestellung einer empirischen Studie von Thomas Busch und Ulrike Kranefeld. Dabei ist vor allem interessant, welche Kinder das Programm verlassen und welche verbleiben.
Zu den Methoden, denen im Kontext der Inklusion besondere Bedeutung zukommen, zählt die Projektarbeit. Zwei Beispiele künstlerisch-kreativer Arbeitsprozesse in der außerschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit inklusivem Anspruch beschreibt Daniel Eberhard.
Bastian Hodapp lenkt den Blick auf Menschen mit chronischen Erkrankungen. In seinem interdisziplinär angelegten Beitrag trägt er umfangreiche Wissensbestände zum Phänomen „Asthma“ zusammen und reflektiert sie aus gesangspädagogischer Sicht. Tamara McCall stellt ein inklusives Märchen zum Mitsingen und Mittanzen für inklusive Gruppen vor. Abschließend präsentiert Thomas Greuel ein inklusives Musikprojekt auf Internetbasis: „Musical Meeting On Monitors“.
Auch wenn in diesem Band zahlreiche Aspekte der Inklusionsdebatte aufgegriffen werden, kann die Thematik hier keineswegs umfassend bearbeitet werden. Aber wenn dieses Buch dazu anregen kann, über Prozesse der In- und Exklusion in musikalisch-künstlerischen und in musikpädagogischen Handlungsfeldern nachzudenken, unnötige Ausgrenzungen wahrzunehmen und Möglichkeiten einer inklusiven Praxis zu entdecken, ist der Sinn dieser Veröffentlichung erfüllt.