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Stolz auf die eigene Stimme sein

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Musikunterricht an der Franconian International School (FIS)
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Knapp 20 Kinder stehen im Gang vor dem Musiksaal aufgereiht, ihnen gegenüber Musiklehrer David Seay. Mit einem musikalischen Frage-Antwort-Spiel stimmen sich Lehrer und Kinder auf den Musikunterricht ein. Das Spiel setzt sich im Musiksaal fort: Die Kinder singen, spielen, sprechen, klatschen, solmisieren, lösen musikalische Lese- und Schreibaufgaben am interaktiven Whiteboard – mal allein, mal in Paaren, mal alle zusammen. Gegenstand sind dabei Lieder und Abzählverse aus den verschiedensten Gegenden der Welt.

Gemeinsam verschieden sein – Für den Musikunterricht an der Franconian International School (FIS) könnte das ebenso eine Devise sein wie für den gesamten Schulbetrieb. Die Schule in privater Trägerschaft wurde Ende der 1990er-Jahre gegründet, um Kindern von Fach- und Führungskräften internationaler Konzerne trotz häufiger Umzüge eine durchgängige Schulausbildung zu ermöglichen. Etwa ein Drittel der Schülerinnen und Schüler stammt aus der Region und besucht die Schule, um in einem interkulturellen Umfeld lernen zu können. Seit 2008 ist „The FIS“ auf einem großzügigen Campus in Erlangen angesiedelt, die Schule bietet Platz für etwa 800 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 18 Jahren.

Unterrichtssprache ist Englisch, unterrichtet wird nach international etablierten Lehrplänen. Für Grundschülerinnen und -schüler (Klasse 1–5) ist dies das International Primary Curriculum (IPC), von der 6. Klasse bis zum High-School-Abschluss wird nach dem IB Middle Years Programme (IBMYP) gearbeitet. Jugendliche, die einen höheren Schulabschluss anstreben, werden in den Klassen 11 und 12 zum Internation Baccalaureat Diploma geführt, das ihnen einen Weg zum Studium an Universitäten auf der ganzen Welt eröffnet. Wichtige Bausteine des schulischen Lernens bilden Projektarbeit und Service Learning, also eine Kombination aus schulischen Lernprojekten mit gesellschaftlichem Engagement.

Lebendig …

Auch das Lehrerkollegium der FIS ist international besetzt, die meisten Mitglieder stammen aus den USA, aus Kanada, Großbritannien oder Australien. Musiklehrer David Seay wuchs in den USA auf. Dort sowie in Ungarn und in Deutschland studierte er Musik und Musikpädagogik, mit Schwerpunkten auf Gesang, Rhythmischer Erziehung nach Émile Jaques-Dalcroze und der Kodály-Methode. Neben seiner schulischen Tätigkeit ist er als Kirchenmusiker, Chorleiter und Konzertsänger aktiv und interessiert sich lebhaft für historische und musikwissenschaftliche Themen. Gefragt nach seinem „Mission Statement“ antwortet David Seay: „Ich möchte, dass jedes Kind stolz auf seine Stimme ist.“

Diese Grundhaltung und auch den reichhaltigen musikalischen Erfahrungsschatz des Lehrers spürt man, wenn man ihn unterrichten sieht: Alle Aktivitäten gehen von Stimme und Körper aus. Sinnliche Erfahrung steht nicht nur am Anfang einer Unterrichtssequenz, sondern zieht sich als grundlegendes Prinzip durch alle Unterrichtsphasen. So befassen sich die Kinder, die mit Vocussion, Body Percussion und Liedern in den Musikunterricht gestartet sind, etwas später mit Johann Sebastian Bachs Kindheit. Ein gemeinsam gelesener Ausschnitt aus einem Bilderbuch und kurze Videoeinspielungen machen den Komponisten für die Kinder auf anschauliche Weise lebendig. Eine Viertelstunde später wirbeln sie zu den Klängen des Eingangschors des „Weihnachts­oratoriums“ durch den Raum und spielen das einprägsame Anfangsmotiv auf Pauken nach – ergänzt durch Reflexion und eine Arbeitsphase am interaktiven Whiteboard, bei der es um die grafische Notation der gehörten und gespielten Rhythmen geht.

… und gut durchdacht

Die vielfältigen Lehr-Lern-Aktivitäten sind keineswegs zufällig aneinandergereiht, sondern Teil eines umfassenden musikalischen Bildungsprogramms, das David Seay für seine Arbeit in der FIS entwickelt hat. Musik wird in den Jahrgangsstufen 1 bis 5 der FIS durchgehend in einem Umfang von 2,5 Wochenstunden und im Doppelstundenprinzip unterrichtet, was einen ganzheitlichen musikpädagogischen Ansatz sehr begünstigt. Wesentliche Grundlage des Curriculums ist die Kodály-Methode. Der Musik­raum ist großzügig dimensioniert mit viel freier „Spielfläche“, gut ausgestattet und attraktiv gestaltet – ein schöner Rahmen für ästhetisches Lernen. Eine zweckmäßige Einrichtung ermöglicht ganzheitliches Arbeiten mit reibungslosen Übergängen zwischen den einzelnen Lernphasen und einen maximalen Anteil aktiver Lernzeit.

Eine durchdachte Unterrichtsorganisation und gekonnte Klassenführung haben wesentlichen Anteil daran, dass vielfältige und fruchtbare musikalische Arbeit gelingen kann. Die Kinder sind auch regelmäßig außerhalb des Musiksals musikalisch aktiv: Sei es innerhalb der Schulgemeinschaft bei Konzerten und Feiern wie dem traditionellen Martinsumzug, sei es in Kooperation mit Musikerinnen und Musikern aus der Umgebung außerhalb der Schule, etwa mit Musikvereinen. Allen Schülerinnen und Schülern steht zusätzlich ein Angebot an Instrumentalunterricht in der Schule offen, der von Privatmusiklehrkräften angeboten wird – in Deutsch, Englisch sowie in weiteren Sprachen.

Bedingt durch berufliche Veränderungen der Eltern ist die Fluktuation unter den Kindern an der FIS deutlich höher als sonst an allgemeinbildenden Schulen: Manche nehmen jahrelang am Unterricht teil, andere sind nur für kurze Zeit dabei und wechseln dann in eine andere Schule und meist auch ein anderes Land. Die besonderen Herausforderungen, die damit verbunden sind, sieht Musiklehrer Seay gelassen: „Jeder findet Anschluss.“ Förderlich sind dabei sicher auch die umfangreichen Angebote der FIS zur Integration neuer Schülerinnen und Schüler bis hin zur Einzelbetreuung. Sie ermöglichen ein individuell abgestimmtes „Ankommen“ im sprachlichen, sozialen und inhaltlichen Bereich. Beim Beobachten des Unterrichts in der vierten Klasse zeigt sich eindrucksvoll, wie die Aufgabe gelingen kann, Kinder in einen aufbauend konzipierten musikalischen Lehrgang hineinzuholen, die wenige Wochen zuvor noch nicht mit den Inhalten vertraut waren.

Lernen in Projekten

Im Bildungsgang der Schule verändern sich Stellenwert und Aufgaben des Musikunterrichts nach der Grundschulphase: In der Mittelstufe wird Musik zum Wahlpflichtfach, der Unterricht wird überwiegend projektorientiert organisiert. In den beiden Abschlussjahren belegen nur noch Schülerinnen und Schüler Musik, die in diesem Bereich einen besonderen Schwerpunkt und bereits gut ausgebildete Fähigkeiten haben. Dadurch ist ein Arbeiten auf dem Niveau der früheren baye­rischen Leistungskurse möglich. Auch in den Oberstufenkursen steht Projektarbeit im Vordergrund. David Seays Kollegin Karin Lee zeigt Schülerportfolios aus einem laufenden Projekt: Ein Thema wie „Polyphonie“ wird mehrperspektivisch über Informationsangebote, individuelle Recherche, gemeinsames Musizieren und kreative Zugänge bearbeitet. Hinzu kommen jahrgangsübergreifende Angebote wie Wahlkurse und Exkursionen an besondere „musikalische Orte“, beispielsweise im Jahr 2022 nach Wien.

Für die Besucherin aus der Welt des staatlichen Schulwesens macht der Besuch an der Franconian International School eindrucksvoll deutlich, wie qualitativ hochwertige musikalische Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule gelingen kann, wenn nicht nur hoch engagierte und kompetente Lehrkräfte am Werk sind, sondern auch gute Rahmenbedingungen bestehen.

Informationen zur Franconian International School unter https://the-fis.de

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