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Wahlprüfsteine zur Landtagswahl

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Die Zielsetzungen der politischen Parteien zur Schulmusik im Überblick
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Am 15. September 2013 sind wir wieder aufgerufen, bei der Wahl zum Bayerischen Landtag die Zusammensetzung des Parlamentes zu bestimmen, das in der kommenden Legislaturperiode die Geschicke des Freistaates Bayern bestimmen soll. Es ist guter Brauch, sich im Vorfeld der Wahl zu informieren, welche Ziele und Pläne die einzelnen Parteien gerade in den Bereichen haben, die für die persönlichen Belange eine entscheidende Rolle spielen.

Wie in der Vergangenheit auch, hat der VBS auch vor dieser Landtagswahl an die einzelnen Parteien „Wahlprüfsteine“ versandt mit der Bitte, zu den angegebenen Fragen Auskunft zu geben, damit die Schulmusiker in Bayern sich ein Bild machen können, in welcher Weise Auswirkungen auf unser Berufsfeld zu erwarten sind.

Diese Fragen und Antworten werden hier nun veröffentlicht, damit Sie sich vor der Wahl eine eigene Meinung zur Haltung der künftigen Volksvertreter machen können. Damit kein falscher Eindruck beim Durchlesen der Antworten entsteht, muss in diesem Zusammenhang noch erwähnt werden, dass die FDP als einzige von uns angeschriebene Partei die Bitte um eine Stellungnahme unbeantwortet gelassen hat.


1. Welche Ziele setzt Ihre Partei,Ihren bildungspolitischen Vorstellungen folgend, dem Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen?

CSU: Die CSU steht für einen Schulunterricht, der fordert und fördert. Gemäß dem Auftrag der Bayerischen Verfassung soll Schule nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden. Musik hat auf die Entwicklung junger Menschen enormen Einfluss. Musikunterricht stellt daher eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Erziehung, Wertevermittlung und Persönlichkeitsbildung dar. Musikunterricht soll daher Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Kreativität fördern. Dabei genießt die Praxis in Form des eigenständigen künstlerischen Tuns einen hohen Stellenwert.

SPD: (1.-4.) Die SPD-Landtagsfraktion setzt sich für ein umfassendes Konzept für kulturelle Bildung an den bayerischen Schulen ein. Musikunterricht hat hier einen wichtigen Stellenwert.
Der Erwerb von Schlüsselkompetenzen durch Musik und kulturelle Bildung gewinnt immer weiter an Bedeutung. Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages empfiehlt in ihrem Schlussbericht „Kultur in Deutschland“ ebenso wie die Kultusministerkonferenz und der Deutsche Städtetag den Ausbau der kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche.
Alle maßgeblichen Institutionen sind sich einig: Kinder sollten mehr Musik erfahren. Ihr konkreter Schulalltag sieht jedoch noch anders aus. Kürzungen im Musik- und Kunstunterricht, die kreativen Fächer werden in den Nachmittag verdrängt und nur die Kinder kulturell interessierter Eltern nehmen die Angebote der Theater, Museen und Konzertsäle wahr. Für 90 Prozent der bayerischen Mittelschülerinnen und Schüler findet kein Musikunterricht mehr statt.
PISA hat uns gezeigt, dass Kinder aus sozial schwachen Familien in den Schulen weit weniger gefördert werden als ihre besser gestellten Klassenkameraden. Forschungsarbeiten wie die Studie zur Musisch-Kulturellen Bildung an Ganztagsschulen (MUKUS) weisen nach, dass der Zugang zu einem Musikinstrument bei den Kindern und Jugendlichen eng mit der Bildung der Eltern zusammenhängt. In der kulturellen Bildung potenzieren sich die Probleme der Chancenungleichheit. Nur wenn alle Schulen und Kindergärten den Kindern Zugang zur Kultur schaffen, kann sich hier etwas ändern.
Es ist deshalb dringend notwendig, die Musikerziehung von Anfang an in den Kindergärten, Kinderhorten und Musikgärten für Babys konsequent auszubauen.
Der Bereich Musik in der Grundschule bedarf einer grundlegenden Verbesserung.
Bayern steht beim Aufbau einer institutionalisierten kulturellen Bildung erst am Beginn. Das für den Freistaat Bayern veröffentlichte Gutachten der Expertenkommission „Zukunft Bayern 2020“ attestiert dem Freistaat, dass er in vielen Bereichen der kulturellen Bildungsangebote im bundesweiten Vergleich noch weit abgeschlagen liegt. Vergleichbare Länder wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg erreichen entschieden mehr Kinder und Jugendliche mit dauerhaften Förderprogrammen und dies flächendeckend.
Die kulturelle Bildung muss in den Lehrplänen gleichberechtigt sein mit der schulischen Bildung. Bayerns Schulen brauchen ein erweitertes Bildungsverständnis: Kulturelle Bildung ist Persönlichkeitsbildung, trägt zum sozialen Lernen bei, fördert Kreativität und Fantasie und lässt Kinder neue Welten, Perspektiven und Horizonte entdecken.
Die Ganztagsschulen bieten hervorragende Möglichkeiten, kulturelle Bildung tiefer im Schulalltag zu verankern. Gerade in dieser Schulform können Kinder – unabhängig vom Bildungshintergrund – nach Interessen und Begabungen gefördert werden.

Bündnis 90 / DIE GRÜNEN: Jedes Kind hat ein Recht auf künstlerische und musikalische Bildung. Die kreative Bildung darf nicht vernachlässigt werden. Sie ist in einer wissensbasierten Gesellschaft oft die Grundlage für Ideen und Innovationen. Kinder und Jugendliche können besonders in diesen Fächern ihre Sinne schärfen. Für eine Gesellschaft, die Kommunikation zunehmend visuell gestaltet und die ihre audio-visuellen Medien immer weiter ausdehnt, gehört der kompetente und kritische Umgang mit ihnen zu den neuen Schlüsselkompetenzen der Zukunft. Auch im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung haben diese Fächer besondere Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler zu fördern und ganzheitlich zu bilden. Deshalb werden wir uns auch weiterhin im Bayerischen Landtag für die generelle Stärkung des Schulfaches Musik engagieren.

FREIE WÄHLER (FW): In unseren Augen sind die sogenannten „weichen“ Fächer, also Musik, Kunst und Sport für die Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen von eminenter Bedeutung und sollten deshalb im Fächerkanon auch gestärkt werden. Wir haben zu diesem Zweck bereits 2012 einen Antrag eingereicht, in dem wir sowohl für die offenen als auch für die gebundene Ganztagsschule verpflichtend vier verbindliche Unterrichtsstunden zusätzlich für die Fächer Sport, Musik und Kunst fordern (Drs. 16/10977). Wir folgen damit in unserem Antrag dem dritten bayerischen Musikplan, der vielfältige Musikangebote als wesentlichen Bestandteil im Rahmen der gebundenen und nicht gebundenen Ganztagsschulen sieht.

2. Welche konkreten Maßnahmen würde Ihre Partei im Falle einer Regierungsverantwortung in Gang setzen, um die Realisierung dieser Ziele zu ermöglichen?

CSU: Gerade im Kulturstaat Bayern kommt dem Auftrag der Bayerischen Verfassung eine besondere Bedeutung zu. Aus diesem Grund ist Musik auch im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan als wichtiger Bestandteil vorhanden. Wir wollen Musik als Schulfach weiterhin mit stabilen Stundentafeln an allen Schularten aufrechterhalten. Um musische Bildung bereits so früh wie möglich qualitativ hochwertig vermitteln zu können, müssen alle Grundschullehrkräfte bei der Lehramtsprüfung Grundkenntnisse in einem Instrument und dem Gebrauch der Singstimme vorweisen. Daran wollen wir festhalten. Außerdem besteht im Rahmen der Ganztagsangebote die Möglichkeit, das Angebot an den Schulen zu erweitern. Wir streben des Weiteren eine Fortsetzung der engen Zusammenarbeit mit dem Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen an.

SPD: Beantwortung siehe unter 1.

GRÜNE: Erstens müssen etwa Kunst, Theater und Musizieren integraler Bestandteil unseres Bildungssystems bzw. aller Schularten und des Schullebens werden. Zweitens müssen wir eine bessere Arbeitssituation für Musiklehrer/-innen schaffen, um die Bedeutung des Schulfaches Musik zu stärken. Dazu brauchen wir auch eine verlässliche Anstellungssituation.

FW: Im Falle einer Beteiligung an der Regierungsverantwortung werden wir uns im Sinne des o. g. Antrags für eine Stärkung des Musikunterrichts an Schulen einsetzen.

3. Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen wird zurückgedrängt: Lehrerstunden für Grundschulen mit erweitertem Musikunterricht werden ebenso eingespart wie Mittel für Orchester / Instrumental-ensembles und den dafür notwendigen Instrumentalunterricht an bayerischen Gymnasien. Das Fach Musik hat in der bayerischen Mittelschule ab Jgst. 7 sowie im Gymnasium (G8) ab Jgst. 11 nur den Status eines Wahlpflichtfachs. 90 Prozent der Realschüler erhalten in der 10. Jahrgangsstufe keinen Musikunterricht. Was werden Sie tun, um diesen Zustand zu verbessern?

CSU: Beantwortung zusammen mit Frage 4

SPD: Beantwortung siehe unter 1.

GRÜNE: (Zu 3. und 4.) Unser Konzept für eine andere Schule mit anderen Unterrichtsmethoden verabschiedet sich vom Lernen im 45-Minuten-Takt. Stattdessen sollen sich die Lerneinheiten am Thema orientieren und nicht umgekehrt. Im Falle des Musikunterrichts bedeutet dies, dass sich die Unterrichtszeit nach der pädagogischen Planung der Schulmusiker/-innen richtet, da vor allem in den Fächern, die das kreative Potenzial der Schüler/-innen fördern sollen, enge Zeitvorgaben kontraproduktiv sind, bildet unser Konzept eine optimale Grundlage für die besonderen Merkmale des Schulfaches Musik. Die Freiräume an der von uns geforderten, gebundenen Ganztagsschule bieten ausreichend Platz für einen durchgängigen Musikunterricht für alle. Solange unsere Forderungen für eine andere Schule noch nicht erfüllt sind, werden wir selbstverständlich auch weiterhin für guten Musikunterricht in Ihrem Sinne kämpfen.

FW: Ein weiteres Zurückdrängen des Fachs Musik gilt es unbedingt zu verhindern. Wir machen uns seit unserm Einzug in den Landtag für eine bessere personelle Ausstattung der Schulen stark, damit neben dem Pflichtunterricht auch ausreichend Lehrerstunden für zusätzlichen Wahlunterricht zur Verfügung stehen. Ohne ausreichende Lehrerstunden können wertvolle Zusatzangebote wie Instrumentalunterricht oder Chor gerade an kleinen Schulen nicht angeboten werden.

4. Musikalische Bildung ist Grundvoraussetzung für selbstbestimmte und selbstverantwortete Teilnahme am öffentlichen Leben. Sie stärkt soziale wie kognitive Kompetenzen und vermittelt Verständnis für Tradition und Gegenwart. Die Stundentafeln sehen jedoch für Realschulen und Gymnasien (abgesehen vom Musischen Gymnasium) in den Jahrgangsstufen 7 – 10 nur einstündigen Musikunterricht vor. Aus pädagogischen, fachlichen und insbesondere lernpsychologischen Gründen (Kontinuität des Unterrichts mit ausreichender Möglichkeit zur Wiederholung und Festigung) wäre gerade in diesen Jahrgangsstufen ein mindestens zweistündiger Unterricht erforderlich. Wie wird Ihre Partei dieses Problem lösen?

CSU: Jeder Schüler, der besondere musikalische Fähigkeiten hat und sich dieser Begabung besonders widmen will, soll in Bayern dazu die Möglichkeit haben. Deshalb gibt es an allen Schularten verschiedene Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung. An Grundschulen kann Musikunterricht zusätzlich zu den in der Stundentafel ausgewiesenen Musikstunden in der Jahrgangsstufe 1 bis zu zwei, in der Jahrgangsstufe 2, 3, und 4 bis zu drei Wochenstunden mit erweitertem Musikangebot angeboten werden. Das Staatliche Schulamt prüft das vorgelegte Konzept und entscheidet über die Vergabe von zusätzlichen Stunden. An Mittelschulen besteht die Möglichkeit, im Schulprofil einen Schwerpunkt auf die musikalische Bildung zu legen. Besondere musikalische Begabungen werden hier gefördert, künstlerisch- kulturelle Wahlangebote sind fester Bestandteil des Angebots der Schule. Am Gymnasium und an den Realschulen kann der musische Zweig als Ausbildungszweig gewählt werden. Die Stundentafel sieht dann zusätzlichen Musik- und Instrumentalunterricht vor.

SPD: Beantwortung siehe unter 1.

GRÜNE: Beantwortung siehe unter 3.

FW: Wir erkennen die Bedeutung einer musisch-ästhetischen Bildung als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben jedes einzelnen und für seine aktive Teilnahme am öffentlichen Leben. Die zweifelsohne berechtigte Forderung nach mehr Unterrichtsstunden in den musischen Fächern wird sich u. E. in der traditionellen Form der Halbtagsschule kaum umsetzen lassen. Eine Lösung sehen wir hier in einem deutlich beschleunigten, flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen. Nur so wäre unserer Meinung nach der zeitliche Spielraum gegeben, um die musischen Fächer ihrer Bedeutung gemäß einzubinden.

5. Mit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums in Bayern ist es an den Schulen zu erheblichen inhaltlichen und zeitlichen Verdichtungen gekommen. Viele Schülerinnen und Schülern können daher nicht mehr an Schulchor oder Schulorchester teilnehmen. So verschwanden in den letzten Jahren zahlreiche schulische Musikgruppen im wahrsten Wortsinn lautlos, viele noch bestehende Ensembles sind in ihrem Bestand akut bedroht. Die Zahl der Teilnehmer am musikalischen Wahlunterricht ist drastisch zurückgegangen. Was wird Ihre Partei dagegen unternehmen?

CSU: Die Einführung des achtjährigen Gymnasiums sieht die CSU nach wie vor als richtig an. So erfreut sich diese Schulart weiterhin eines enormen Zuspruchs. Das achtjährige Gymnasium wurde bereits an einigen Stellen optimiert. So wurde der Lehrplan in 25 Fächern gekürzt, um die Schülerinnen und Schüler zu entlasten und ihnen mehr Freiraum zu geben. Des Weiteren wurde für die Mittelstufe des Gymnasiums ein Flexibilisierungsjahr eingeführt. Das Flexibilisierungsjahr gibt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, die Mittelstufe um 1 Jahr zu verlängern. Es kann genutzt werden, um Grundlagen zu festigen oder Lernrückstände aufzuholen, ist aber auch geeignet, um sich schulisch oder außerschulisch der Weiterentwicklung der eigenen Begabungen widmen zu können, zum Beispiel im Bereich der Musik. Auch der Ausbau der offenen Ganztagsschulen soll einen qualitätsorientierten Zugang zu musischer Bildung ermöglichen. Dies kann sowohl schulintern als auch in der Kooperation mit externen Partnern geschehen. Wir wollen weiterhin dafür Sorge tragen, dass die Qualität der musischen Bildung gewährleistet ist.

SPD: Die Verkürzung des Gymnasiums auf acht Jahre hat bei Schülern, Lehrkräften und Eltern zu großen Belastungen geführt. Die Umsetzung war überstürzt und schlecht gemacht, ein pädagogisches Konzept zu keiner Zeit erkennbar. Das hat mittlerweile dazu geführt, dass die Eltern sich in Umfragen für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium aussprechen. Das ist mehr als verständlich, weil die Vorgaben der Kultusministerkonferenz mit insgesamt 265 Wochenstunden bis zum Abitur in der achtjährigen Form zwangsweise eine große Verdichtung des Lehrstoffes in Form von vielem Nachmittagsunterricht zur Folge haben. Das ist teilweise unzumutbar und für viele schlicht überfordernd. Dazu komme die hohe Zahl von Leistungsmessungen, sodass für die notwendigen Wahlfächer und ehrenamtlichen Tätigkeiten „keine Luft zum Atmen“ mehr bleibe. Wir setzen uns daher für ein „Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten“ ein. Das Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten bietet ein Wahlrecht zwischen G8 und G9, und zwar
- das G8 vor allem in der gebundenen Ganztagsform,
- das G9 als Halbtagsschule (ggf. mit Ganztagsbetreuung). So erreichen wir für beide gymnasialen Schulformen eine Lockerung und geben den Schülerinnen und Schülern mehr Zeit für eine ganzheitliche Bildung.

GRÜNE: Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Situation der Schülerinnen und Schüler des G8, vor allem in der Mittelstufe. G8 und der Ganztag hätten gemeinsam eingeführt werden müssen. Damals ist unseres Erachtens eine wichtige Chance verpasst worden, die beiden schulischen Reformprozesse gemeinsam voranzutreiben. Eine hohe Qualität des Lernangebots auf dem Weg zum Abitur, eine Entschleunigung und Vertiefung der Lerninhalte stehen für uns im Zentrum einer Reform. Die Reduzierung des Stoffdrucks wollen wir auch durch mehr exemplarisches und fächerübergreifendes Lernen sowie durch die Konzentration auf die wesentlichen Kompetenzen erreichen. Wir halten das G8 im gebundenen Ganztagssys-tem für die beste Möglichkeit, eine Entzerrung zu erreichen und einen besseren Lernrhythmus zu gestalten. Gerade an einem verkürzten, stark an kognitivem Wissen ausgerichteten Gymnasium muss die Bedeutung des Schulfaches Musik gestärkt werden.

FW: Wir haben bereits in zahlreichen Pressemitteilungen unsere Kritik am G8 geäußert. Die strukturellen Probleme können unserer Meinung nach nur durch eine verlängerte Ausbildungszeit, d. h. wieder eine neunjährige Gymnasialzeit gelöst werden. In einem achtjährigen Gymnasium ist es den allermeisten Schülern aufgrund der Stofffülle schlicht nicht möglich, an Wahlunterricht wie Chor oder Orchester teilzunehmen.

6. Musiklehrkräfte an Gymnasium und Realschule haben ein Lehrdeputat zu erfüllen, das deutlich über der Lehrverpflichtung anderer, sog. „wissenschaftlicher“ Fächer liegt. Musiklehrkräfte gelten daher im Kollegen- und Elternkreis häufig als „Lehrer zweiter Klasse“. Was werden Sie tun, um Musiklehrkräfte mit Kolleginnen und Kollegen sog. „wissenschaftlicher“ Fächer gleichzustellen?

CSU: Das höhere Lehrdeputat liegt im Fach Musik, wie auch in den Fächern Kunst und Sport, in der Tatsache begründet, dass der Korrekturaufwand in diesen Fächern ein anderer ist als in Mathematik, Deutsch oder den Modernen Fremdsprachen. Daher ist eine Änderung der Unterrichtsdeputate aus sachlichen Gründen nicht erforderlich.

SPD: Wer kulturelle Bildung wertschätzt – siehe Punkt 1-4 – schätzt auch die Lehrkräfte, die Musik unterrichten. Wir werden daher mit den Musiklehrkräften über ihre Vorstellungen wie eine Ausgewogenheit im Lehrdeputat erreicht werden kann, sprechen und die nötigen Konsequenzen ziehen.

GRÜNE: Für uns gilt die Gleichwertigkeit künstlerischer und musikalischer Bildung zu anderen Unterrichtsinhalten. Besondere Chancen für eine stärke kreative Bildung sehen wir im Modell der gebundenen und zum Umfeld geöffneten Ganztagsschule. Diese ermöglicht einen besseren und gleichzeitig langsameren Lernrhythmus für die Schüler/-innen. Lerninhalte können so vertieft und verstanden werden. Statt Lernen im 45-Minutentakt gibt die Ganztagsschule Raum für selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen, Arbeiten im Team, musikalische Bildung und für neue Lernformen, für Projektarbeiten, Zeit für individuelle Förderung und pädagogisches Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder.

FW: Musiklehrkräfte sind keineswegs „Lehrer zweiter Klasse“, sondern leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Ausbildung der Gesamtpersönlichkeit der jungen Menschen.

7. Die Ausbildung angehender Musiklehrkräfte an bayerischen Hochschulen und Universitäten ist im musikpraktischen Bereich aufgrund mangelnder personeller und sächlicher Ressourcen unzureichend. Welche Mittel wird Ihre Partei bereitstellen, um dieses Problem dauerhaft zu lösen?

CSU: Die CSU wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass für Lehrvergütungen, Lehrauftragsvergütungen und Ausgleichsvergütungen ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die musikpraktische Ausbildung zu finanzieren. Allerdings wurde im Rahmen der Flexibilisierung des Hochschulhaushaltes den Universitäten mehr Spielraum bei der Verwendung der Mittel eingeräumt. Die Universitäten sind also für die Personalgestaltung selbst verantwortlich.

SPD: Wir setzen uns für eine bessere Ausstattung der bayerischen Hochschulen ein. Steigende Studierendenzahlen haben auch im musikpraktischen Bereich dazu geführt, dass für die Ausbildung der Studierenden immer weniger Mittel zur Verfügung stehen.

GRÜNE: Die schwierige Lage an den bayerischen Hochschulen wird schöngeredet. Die Bedarfsplanungen sind längst überholt, so eine Prognose der Kultusministerkonferenz vom Januar 2012. Dafür ist ein erweitertes, langfristiges Ausbauprogramm notwendig, das auch für qualitative Verbesserungen sorgt. Bislang stagniert Bayern auf dem schlechten Ausstattungsniveau von 2005. Deshalb setzen wir uns seit Jahren für eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen ein.
Ein von der grünen Landtagsfraktion geforderter Bericht des Wissenschaftsministeriums hatte im vergangenen Herbst gezeigt, dass an einzelnen Musikhochschulen in Bayern mehr als die Hälfte des Lehrangebots durch Lehrbeauftragte abgedeckt wird.
Die Grünen fordern reguläre Anstellungsverhältnisse statt permanente Ausnahmen sowie die Einbindung der Lehrbeauftragten in die Organisation des Hochschulbetriebs. Nur unter diesen Bedingungen ist ein regulärer Lehrbetrieb gewährleistet. Die Qualität des Lehrbetriebs würde erheblich verbessert. Die aktuelle Beschäftigungssituation an bayerischen Musikhochschulen bedarf also dringend der Verbesserung, welche nun mit der Erstellung eines Konzepts bis Anfang nächsten Jahres konkret angegangen werden kann.

FW: Wir setzen uns seit unserem Einzug in den Landtag für eine Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen und damit verbunden auch für eine Verbesserung in der Qualität der Lehre ein. Darüber hinaus fordern wir eine angemessene Vergütung für das Lehrpersonal an Hochschulen, da nur so gut qualifiziertes Personal gewonnen werden kann.

8. Welche Maßnahmen würde Ihre Partei im Falle der Regierungsverantwortung im Hinblick auf das gegliederte Schulwesen in Bayern treffen?

CSU: Das differenzierte Schulsystem ist Grundlage des erfolgreichen Bildungssystems in Bayern. Wir stehen zu einem durchlässigen Schulsystem, das der Begabungsvielfalt junger Menschen gerecht wird und alle Talente möglichst individuell fördert. Das gilt für Hochbegabte ebenso wie für lernschwache Schüler. Das differenzierte Schulsystem bietet daher passgenaue Angebote für alle. Für die CSU ist jede Schulart wichtig. Wir wollen das differenzierte Schulwesen in Bayern in seinen Stärken weiter entwickeln. Die Durchlässigkeit zwischen den Schularten als ein herausragendes Qualitätsmerkmal des bayerischen Schulwesens soll weiter gestärkt werden.

SPD: Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Schulsystem sich den Kindern anpassen muss und nicht umgekehrt. Deshalb werden wir bevor wir auch nur eine Maßnahme treffen mit den Betroffenen sprechen. Wir werden mit der gymnasialen Schulfamilie das Gespräch suchen, wie wir eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 organisieren. Wir werden mit den Bürgermeistern und den Mitglieder der Schulfamilien in den ländlichen Regionen Bayerns darüber reden, ob die Einführung einer Gemeinschaftsschule einen Beitrag leisten kann, einen Schulstandort zu sichern. Und wir werden die Aufgabe ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, der wir uns durch die Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet haben, stellen. Wir werden keine einzige Schulart abschaffen, sondern alle Schulen, die nachgefragt werden, auf vielfältige Art und Weise unterstützen.

GRÜNE: Wir wollen längeres gemeinsames Lernen mit der Einführung von Gemeinschaftsschulen ermöglichen. Heterogenität, also unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten, unterschiedliche Herkunft, unterschiedliches Wissen und Können sind ein Charakteristikum einer jeden Gesellschaft. Jedes Kind ist anders, lernt anders, hat andere Fehler, hat eigene Stärken. Die Gemeinschaftsschule respektiert die Verschiedenheit und verlangt nicht von allen das Gleiche zur gleichen Zeit, sondern unterstützt jeden in seiner Gesamtentwicklung. Von der Grundschule bis zum ersten (mittleren) Abschluss gehen alle Schüler/-innen auf die Gemeinschaftsschule.
Längeres gemeinsames Lernen macht den frühen Übertrittsdruck unnötig. Darüber hinaus trägt es zur Sicherung der wohnortnahen Schule bei, weil Kinder an ihrer weiterführenden Schule vor Ort alle Abschlüsse und Anschlüsse für die Wege von der dualen Ausbildung bis zum Abitur erreichen können.
Konkret wollen wir durch eine Änderung des BayEUG (Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen) weitergehende Schulmodelle ermöglichen. Auf Antrag sollen sich so Schulen ab der Sekundarstufe 1 zu Gemeinschaftsschulen entwickeln können, die allen Schülerinnen ein wohnortnahes weiterführendes Schulangebot sichern und den steigenden pädagogischen Anforderungen an die Schulqualität Rechnung tragen können.
Wir wollen keine Zwangsabschaffung von bestehenden Schulformen. Wir wollen die Bildungswege länger offen halten. In Koexistenz mit bestehenden Schulen sollen Gemeinschaftsschulen den späteren Zugang zu allen Bildungsgängen eröffnen.

FW: Wir FREIEN WÄHLER sprechen uns im Grundsatz für ein gegliedertes Schulsystem aus und wollen keine Zerstörung von funktionierenden Schulstrukturen. Aber wir sehen auch die Notwendigkeit, über eine Weiterentwicklung des bisherigen Systems nachzudenken. Wir wollen eine regionale Schulentwicklung, bei der vor Ort schülergerechte, passgenaue, regionale Lösungen für die Bildungslandschaft entwickelt werden können. Dies beinhaltet verstärkte Kooperationsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Schularten und u. U. da, wo es aufgrund der demographischen Entwicklung geboten scheint und gewollt ist, eine Verschmelzung von Haupt-/Mittel- und Realschulen als Ergänzung des bestehenden Systems zu ermöglichen.


Soweit zu den Positionen der einzelnen Parteien. Bitte bilden Sie sich aus diesen Äußerungen und den weiteren veröffentlichten Aussagen ein Bild davon, welcher Partei Sie bei der kommenden Landtagswahl Ihre Stimme geben. Nützen Sie die Möglichkeit, über die künftige politische Entwicklung mitzubestimmen und gehen Sie auf alle Fälle zur Wahl!

Jürgen Scholz

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