Politik und Blasmusik – zwei Welten, die sich näher stehen, als man denkt. Da wird auf die Pauke gehauen, zum großen Auftritt geblasen und freilich sollte man auch noch den richtigen Ton dabei treffen. Beim 2. Parlamentarischen Abend des Bayerischen Blasmusikverbandes (BBMV) in München hatten die bayerischen Landtagsabgeordneten und die Blasmusikverbände sowie der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM) Gelegenheit, sich gegenseitig zu beschnuppern und Anregungen für die gesellschafts- und bildungspolitischen Dauerbrenner „Ehrenamt“, „Klassenmusizieren“ und „Nachmittagsbetreuung“ auszutauschen.
Parlamentarier aus den Fraktionen von CSU und SPD waren der Einladung ihres Landtagskollegen, BBMV-Präsident Manfred Ach, gefolgt. Dass der Blasmusik trotz ihrer »exzellenten Präsentation«, so Ach, beim Landesmusikfest im vergangenen Jahr in München viele Themen unter den Nägeln brennen, machten die Vorträge von BBMV-Geschäftsführer Andreas Horber und Landesdirigent Dieter Böck deutlich. Auch zahlreiche Musikschulen wirkten beim Landesmusikfest mit.
Horbers Kritik zielte auf die finanziellen Risiken, denen Vereine und Vereinsvorstände aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage ausgesetzt sind. „Durch Unwissenheit oder aus Versehen Vertragsstrafen bezahlen zu müssen und Steuernachzahlungen zu riskieren“ würde das Ehrenamt immer unattraktiver machen, schilderte er den Abgeordneten. In einem aktuellen Fall stehe ein Musikverein bereits in zweiter Instanz vor Gericht, nachdem die Künstlersozialkasse für fünf Jahre rückwirkend Versicherungsbeiträge geltend macht. »Wir müssen den Vereinsvorständen das Gefühl geben, dass sie von uns, der Politik, Gesellschaft und den Dachverbänden unterstützt werden und nicht von Finanzbehörden, GEMA und der neuen Mentalität, alles juristisch durchzusetzen, gejagt werden«, mahnte Horber. Denn Geld, um in strittigen Fragen Musterprozesse zu führen, sei in der ehrenamtlichen Schiene nicht vorhanden.
Von allen Seiten begrüßt wurde das Engagement von BBMV und VBSM im Bereich »Klassenmusizieren mit Blasinstrumenten«. VBSM-Präsident Dorfner kündigte in seinem Redebeitrag eine weitere Vertiefung der Kooperation mit dem BBMV im Bereich Nachmittagsbetreuung und Klassenmusizieren an. »So ein Bläserunterricht anstelle des regulären Klassenunterrichts hat deutlich mehr zu bieten als ein theoretischer Frontalunterricht«, sagte Dorfner. Die guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem BBMV ermutigten dazu, die Kooperation auf andere Laienmusizierverbände auszuweiten.
Der Präsident des Musikschulverbandes betonte, dass es „wichtig und richtig“ sei, die Sing- und Musikschulverordnung unverändert als Messlatte für das bayerische Musikschulwesen hochzuhalten. Die Bezeichnung »Musikschule« sei zur Qualitätssicherung an die Anforderungen der Sing- und Musikschulverordnung gebunden. „Mit Weitsicht wurde das moderne Konstrukt der bayerischen Sing- und Musikschulen aufgebaut“, so Dorfner weiter. Dadurch seien die Musikschulen heute in der Lage, die aktuellen bildungspolitischen Herausforderungen anzunehmen. Sie gelten als zuverlässiger Partner: „Wir stellen uns gerne an die Seite des BBMV, an die Seite der im Bayerischen Musikrat vertretenen Institutionen und an die Seite der allgemein bildenden Schulen“, resümierte der VBSM-Präsident.
Landesdirigent Dieter Böck referierte über den Planungsstand zur Qualifikation »Staatlich geprüfter Leiter im Klassenmusizieren mit Blasinstrumenten«, an der derzeit in einem Arbeitskreis des Kultusministeriums gefeilt wird. Böck appellierte an die Politik, »das Klassenmusizieren möglichst rasch zu etablieren und die dazu nötigen Qualifikationskurse schnell auf den Weg zu bringen«.
Kontroverse Reaktionen der Parlamentarier folgten auf Böcks Hinweis, dass sich Nachmittagsbetreuung und -unterricht im neuen bayerischen Schulsystem auf die Ausbildungsangebote der Musikvereine und Musikschulen auswirken. MdL Reinhard Pacher: „Man darf nicht alles bloß dem G8 in die Schuhe schieben, wenn es nicht so läuft.“ Böck untermauerte seine Beobachtungen: »Viele Kinder verbringen Zeit, die sie früher zu Hause verbracht haben, heute an der Schule.« Laut Böck rangieren die Musikstunden auf der Liste der Unterrichtsausfälle zudem bedenklich weit oben. Schützenhilfe erhielt der Landesdirigent von Ministerialrat Michael Weidenhiller (Kultusministerium), der allerdings auch Hoffnung machte: »Sie haben schon recht, wenn Sie warnen«, sagte er. Erfreulich sei, dass der Musikwahlunterricht an den Gymnasien sogar einen leichten Anstieg verzeichne. »Wir wollen hoffen, dass die Eltern begreifen, dass dieses Fach für ihre Kinder vielleicht sogar eine Entlastung bringt.« Ähnlich fiel das Resümee von Staatsminister Goppel am Ende des Abends aus: »Ich glaube, alle haben verstanden, dass die musischen Fächer an unseren Schulen einen angemessenen Stellenwert haben sollen.«