Obwohl die Fachhochschule Münster im Sommer bereits in die 17. Staffel ihres Zertifikationskurses Musikgeragogik startet, ist die Disziplin Musikvermittlung und Musizierpraxis für alte Menschen in Bayern ein kaum beachtetes Thema. Der Bayerische Musikrat ist sich dessen bewusst und lud daher Vertreter aus den Bereichen der Wohlfahrtspflege, der Seniorenverbände, der Musikpädagogik und der Politik zur Info-Veranstaltung „Musik kennt keine (Alters-)Grenzen“ in den Bayerischen Landtag. Zum Eingang dankte BMR-Präsident Dr. Thomas Goppel der Schirmherrin und Landtags-Präsidentin Barbara Stamm, dem Präsidenten des Bayerischen Bezirkstags Josef Mederer, dem Landesvorsitzenden der Techniker Krankenkasse Bayern Christian Bredl und Wilfried Mück von der LAG Freie Wohlfahrtspflege Bayern für die Unterstützung der Informationsveranstaltung.
Prof. Dr. Hans Hermann Wickel (Münster) – einer der Gründerväter dieser vergleichsweise jungen Disziplin – erklärte in seinem Einführungsvortrag, dass es darum gehe, kognitive Fähigkeiten zu erhalten und Lebensqualität zu sichern. Das Lernen im Alter basiere immer auf vorhandener Erfahrung und Kompetenzen, die es zu nutzen gelte. Er erläuterte Schnittmengen der Musikgeragogik mit der Elementaren Musikpraxis und der Musiktherapie, und deren Abgrenzungen.
In Bayern gibt es – in Kooperation des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen mit der Fachhochschule Münster und den bayerischen Hochschulen – seit 2012 einen Zertifikationskurs „Musikgeragogik“, der vornehmlich an Musikpädagogen gerichtet ist.
Brigitte Riskowski, Referentin des VBSM stellte diese siebenphasige Weiterbildung vor, die für die Besonderheiten des Musizierens mit alten Menschen sensibilisiert und den Teilnehmern Hintergrundwissen und Handwerkszeug für die musikalische Praxis mit dieser äußerst heterogenen und fast ein halbes Jahrhundert umfassenden Zielgruppe vermittelt.
Vom Unterricht für den musikaffinen Frührentner bis hin zu den Hochbetagten, denen man nur mit gezielter aufsuchender Bildungsarbeit in der Altenpflegeeinrichtung begegnen kann, vom „Oldie“-Instrumentalensemble bis hin zum Musizieren mit dementiell veränderten Menschen oder sogar Palliativbetreuung bietet das Arbeitsfeld des Musikgeragogen mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten. Eine der ersten Absolventinnen des Kurses, die Musikgeragogin Angelika de Marco, gab Einblicke in ihre Arbeit und Motivation, bei alten Menschen durch die aktive Beschäftigung mit Musik gemeinschaftsbildende und emotional positive Momente zu schaffen. Der Neurophysiologe Prof. Dr. Eckart Altenmüller (Hannover) zeigte anschließend auf, dass die aktive Beschäftigung mit Musik die Gehirnfunktionen stärkt, die soziale und emotionale Einbindung verbessert und somit die Pflege messbar erleichtert. Im Anschluss an die Vorträge nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit zum Austausch. Thomas Goppel resümierte abschließend: „Wir können nicht früh genug anfangen, das vorhandene Kreativpotenzial älterer Menschen zu nutzen, zuguns-ten des eigenen Wohlempfindens und zum Nutzen der ganzen Gesellschaft.“
Schließlich ist es an uns, jetzt Maßstäbe für unser eigenes Altern zu setzen.
Informationen über den Zertifikationskurs „Musikgeragogik“ des VBSM gibt es unter www.musikschulen-bayern.de