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Ein Mann mittleren Alters im Anzug hält eine Rede.

Prof. Dr. Stephan Frucht. Foto: VBSM/Silja Eisenweger

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„Nachhaltigkeit pur“

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Die gesellschaftliche Bedeutung der Musikschulen
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Am Freitag, den 18. Oktober 2024, hat im Hegel-Saal der Konzerthalle Bamberg der Festakt anlässlich des 47. Bayerischen Musikschultags stattgefunden. Unter dem Motto „Musikschule nachhal(l)tig! Auch im Ganztag“ versammelten sich zahlreiche Vertreter*innen von Musikschulen, Politik und Bildungseinrichtungen, um die Zukunft der musikalischen Bildung in Bayern zu diskutieren.

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Prof. Dr. Stephan Frucht, Musiker, Kulturmanager und Professor an der Musikhochschule Karlsruhe hielt die Festrede und beleuchtete die zentrale Rolle der Musikschulen im Kontext des rechtlichen Anspruchs auf Ganztag in Bayern ab 2026. Frucht, der unter anderem ein Violin-Diplom an der Universität der Künste erworben hat und Dirigieren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin studierte, wies in seiner Rede auf die Herausforderungen hin, die sich aus der angestrebten Ganztagsbetreuung ergeben. „Der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Schule führt zu einem regelrechten Paradoxon“, erklärte er. Es stelle sich die Frage, wie viel Bildung tatsächlich in den Nachmittagsstunden stattfinden könne. Die Ganztagsschule dürfe nicht zu einer „Verwahranstalt“ für Kinder und Jugendliche verkommen, was eine „Verschwendung von Ressourcen“ darstelle. Ein zentrales Anliegen der Tagung war es, die Herausforderungen und Möglichkeiten der Musikschulen im Ganztag der allgemeinbildenden Schulen zu diskutieren. „Musikschulen sind für mich Spiegelbild einer Gesellschaft“, betonte Frucht und forderte mehr Unterstützung für die musikalische Bildung aller Altersgruppen. „Wir brauchen mehr denn je solide musikalische Angebote für alle Altersstufen und Bevölkerungsgruppen.“ In diesem Kontext hob er die Bedeutung des frühkindlichen Unterrichts hervor, da die Weichen für die spätere Ausbildung bereits in der frühen Kindheit gestellt werden. Frucht appellierte an die Anwesenden, sich gemeinsam für ein starkes Musikschulwesen einzusetzen: „Bleibt uns also nur, uns allen Hoffnung zu geben: Lassen Sie uns gemeinsam für ein starkes Musikschulwesen kämpfen.“ Er dankte allen, die sich tagtäglich für die musikalische Bildung einsetzen, sei es im Hauptamt oder im Ehrenamt. Es lohne sich, schloss er.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Frucht thematisierte, war die Notwendigkeit einer substantiellen Musikerziehung. Er kritisierte, dass viele Kinder in Deutschland kaum noch Instrumente spielen würden und dass der ästhetische Unterricht in vielen Bundesländern oft ausfalle. „Wir alle wissen doch, in der Ganztagsschule läuft nachmittags nahezu keine inhaltliche Lehre“, stellte er fest. Dies sei besonders bedauerlich, da musikalische Fähigkeiten eine der „wichtigsten Fähigkeiten“ seien, die junge Menschen erlernen sollten. Dabei allen voran: das Zuhören. Frucht, der als künstlerischer Leiter des Siemens Arts Programs tätig ist und auch an der Harvard Kennedy School lehrt, machte deutlich, dass Nachhaltigkeit in Musikschulen nicht nur eine Frage der Umwelt- oder CO2-Bilanz sei, sondern dass es auch um die geistigen Lebensgrundlagen gehe, auf denen der gesellschaftliche Zusammenhalt beruhe. „Eine Musikschule ist Nachhaltigkeit pur“, betonte er. In seinem abschließenden Appell forderte Frucht die Entscheidungsträger auf, die musisch-ästhetische Bildung mehr zu fördern und die Verantwortung, die Musikschulen für die Kultur und Bildung tragen, stärker anzuerkennen. „Wenn Menschen wieder lernen, für etwas hart zu arbeiten, dann lernen sie auch wieder etwas über Glück. Musikschulen sind daher ‚Ermöglicher‘ solcher Glücksgefühle.“

Die Festrede von Prof. Dr. Stephan Frucht regte zu tiefgehenden Überlegungen an und verdeutlichte die Bedeutung der Musikschulen für eine nachhaltige und inklusive Bildung. Der anschließende Austausch im Forum mit Vertreter*innen aus dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Kommunen und dem Grundschulverband Bayern setzte die Diskussion fort und zeigte, wie wichtig es ist, den gemeinsamen Einsatz für die musikalische Bildung zu verstärken.

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