Die musikalische Bildung hat einen hohen Stellenwert in den Familien in Bayern. Zahlreiche Kinder und Jugendliche, die als die Musiker von morgen ihren Weg mit dem Erlernen des ersten Instruments beginnen, beweisen: Jede Investition in die musikalische Bildung ist auch eine Investition in die Zukunft der Region. Vor allem die stark vertretenen Musik-, Heimat- und Trachtenvereine übernehmen wichtige kulturelle Aufgaben in den Gemeinden, zum Beispiel durch die musikalische Gestaltung und Umrahmung von Festzügen, Feierlichkeiten und Veranstaltungen. Jedoch ergibt sich oft schon hinsichtlich der Ausbildung des eigenen Nachwuchses eine große Herausforderung.
Wenigen Schülern soll das Spielen von jeweils verschiedenen Instrumenten beigebracht werden – hier stößt der ehrenamtliche Einsatz und das instrumentale Können einzelner Musiker schnell an seine Grenzen. Zudem ist der Musikunterricht in Einrichtungen der Nachbargemeinden oft kostspielig. Deshalb wurde in Anzing vor 13 Jahren eine private Musikinitiative gegründet. Der gemeinnützige Verein fördert die musikalische Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Das Angebot reicht von musikalischer Früherziehung im Kindergarten über Instrumentalunterricht für Anfänger und Fortgeschrittene mit regelmäßigen Schülervorspielen bis zu Ensembleproben und internationalen Orchesterkonzerten. Alle Lehrer sind staatlich ausgebildete Musiker mit mehrjähriger Unterrichtserfahrung, die ausschließlich ihr studiertes Instrument unterrichten.
Im Gemeinderat Anzing wurde jetzt nach mehrfacher Beratung durch den Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen beschlossen, eine Musikschule zu gründen. Maria Brummer, Vorsitzende im geschäftsführenden Vorstand der Musikinitiative Anzing, und Franz Finauer, Bürgermeister von Anzing, erklären, warum „die Zeit reif ist“, den nächsten Schritt zu gehen.
neue musikzeitung: Gab es einen konkreten Anlass?
Maria Brummer: Wir wollen unsere Einrichtung zeitgemäß und effizient, sowohl in struktureller als auch finanzieller Hinsicht leiten. Auf der Suche nach entsprechenden Fortbildungsmöglichkeiten bin ich auf die Angebote des VBSM gestoßen. Mein Ziel war es schon immer, eine Musikschule für Anzing zu gründen und genau jetzt war die Zeit reif, mit diesem Anliegen an die Gemeinde heranzutreten. Wir haben die entsprechende Größe erreicht und es ergibt sich daraus einfach die Notwendigkeit, dass wir uns in jeder Hinsicht weiterentwickeln.
Franz Finauer: Zudem musste die Anzinger Musikinitiative die Räume im Benefiziatenhaus verlassen. Das Erzbistum München wollte einen Erbpachtvertrag abschließen, das war dem Verein zu unsicher und kostspielig. Seither stellt die Gemeinde verschiedene Räume für den Musikunterricht kostenfrei zur Verfügung. Außerdem wird das Büro der Musikschule im Rathaus untergebracht und an zwei Tagen in der Woche besetzt sein. Träger der Musikschule ist ein Verein, der im Auftrag der Gemeinde arbeitet, was auch die Finanzierung des Musikunterrichtes in erheblichem Maße erleichtert.
nmz: Welche Hürden mussten genommen werden?
Brummer: Wir sind bei allen Gemeinderäten auf offene Ohren gestoßen, da die Vorteile einer Musikschule deutlich auf der Hand liegen. Natürlich gab es die üblichen „früher brauchten wir das auch nicht“-Stimmen. Eine Musikschule bietet jedoch sehr viele Vorzüge. Neben der Vermittlung musikalischer Grundkenntnisse, zum Beispiel im Notenspiel, und der Möglichkeit, im Ensemble zu spielen, können die Musikschüler künftig ihre Fähigkeiten und Kenntnisse im Rahmen von freiwilligen Leistungsprüfungen beweisen. Für die Musikschullehrenden und Verwaltungsangestellten gibt es zahlreiche zertifizierte Fortbildungsmöglichkeiten sowie wertvolle Beratung in fachlichen Fragen durch den VBSM. Außerdem werden wir durch die Nähe zum Verband ernster genommen und können unser Potential viel besser darstellen. Zunächst müssen aber noch viele, vor allem strukturelle Details gelöst werden, hier sind wir sehr dankbar für die wertvolle Unterstützung durch die VBSM-Geschäftsstelle.
Finauer: Die Gemeinde unterstützt bereits jetzt die Musikinitiative, stellt Räume zur Verfügung und bezuschusst jeden Schüler mit einer jährlichen Zuwendung. Es war nicht besonders schwer, den Gemeinderat zu überzeugen. Es ist uns bewusst, dass wir als Gemeinde die Gründung der Musikschule unterstützen müssen. Wir sind auf einem guten Weg. Ich bin super begeistert, dass es diese Art musikalische Bildung nun künftig vor Ort gibt und unsere Kinder keine weiten Wege in Kauf nehmen müssen, um daran teilzuhaben.
Brummer: Die Gemeinde ist für uns ein wichtiger Partner mit Mitspracherecht zum Beispiel hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Jahreswochenstunden. In diesem Rahmen können wir unsere inhaltlichen Ideen wunderbar verwirklichen.
nmz: Welche Alternativen wurden beleuchtet?
Brummer: Diese Frage hat sich nicht gestellt. Wir sind ja bereits sehr gut aufgestellt als privates Institut und können unsere Qualität bereits durch die staatliche Förderung für private Musikinstitute nachweisen. Die Gründung der Musikschule ist für uns einfach der nächste logische Schritt.
Finauer: Es wäre möglich gewesen, mit der Nachbargemeinde zu kooperieren, aber dies erwies sich nicht nur in finanzieller Hinsicht deutlich zu unserem Nachteil.
nmz: Was ändert sich für die Lehrenden?
Brummer: Eigentlich dachte ich, die Lehrer freuen sich über die Möglichkeit der Festanstellung und die damit verbundenen – insbesondere sozialversicherungsrechtlichen – Sicherheiten. Aber hier ist tatsächlich noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Nach meiner Erfahrung sind unsere Lehrer sehr freiheitsliebend und deshalb noch skeptisch.
nmz: Wird das Angebot erweitert?
Finauer: Mich würde es sehr freuen, wenn wir in Richtung Blasmusik gehen und Unterricht zum Beispiel für Klarinette, Saxophon und Trompete anbieten können. Da bin ich aber sehr zuversichtlich.
Brummer: Natürlich sind wir da offen und auch neugierig, was die Zukunft bringen wird. Bei entsprechendem Spielraum hinsichtlich der Stunden werden wir alles daran setzen, die Wünsche der Musikschüler zu erfüllen.