Kirchenmusik 2010 – Orgelklänge und oratorische Werke, Kantoren und Chorarbeit, Bandbegleitung, Musikprojekte und vieles mehr. Seit jeher lotet sich Musik in der Kirche aus: Wie populär darf man, wie weltgeprägt will man, wie miteinander sollte man sein?
Das Nordkolleg als Mitglied im Arbeitskreis der Musikbildungsstätten in Deutschland widmet sich dem Spannungsfeld Kirche und Popmusik nun gewohnt professionell. Pop(ular)musik wird hier in Zukunft erweitert in die Ausbildung zum Kirchenmusiker eingebunden. Mehr noch: Das Resultat enger Zusammenarbeit zwischen der Nordelbischen Kirche und der Akademie aus dem hohen Norden (Schleswig-Holstein) ist ein neuer Ausbildungsgang zum B-Kirchenmusiker für Popularmusik. In Kirchenkreisen eine kleine Sensation.
Natürlich ist Singen und Musizieren in der Kirche zu Gottesdiensten, Feiern und anderen Anlässen eine Hauptsäule der Gemeindearbeit. Musik verbindet, evoziert Emotionen, unterstützt Rituale, ist Kommunikation und Ausdrucksform. Moderne Kirche nutzt vielfältige Musikstile und bindet somit auch populäre Musik in ihren Gemeindealltag ein. Es ist gut, dass die Grenze zwischen traditioneller und moderner Musik durchlässiger wird. Es ist schlecht, dass Kirchenmusiker auf diese wichtige Herausforderung oft unzureichend vorbereitet sind. Zwar werden musikalische Innovationen und Highlights auf Kirchentagen und in größeren Gemeinden zelebriert, allzu oft aber verblasst die Strahlkraft im Kirchenalltag ungewollt. Zu wenige Kirchenmusiker verstehen sich profund auf Popularmusik und ihre Chancen wie Methoden.
„Dabei fordert populäre Kirchenmusik Kantoren heraus“ betont der inhaltliche Leiter des Ausbildungsganges Hartmut Naumann und skizziert das Szenario: „Moderne Chorleitung bedeutet auch, Dirigiertechniken für Gospelchorleitung zu beherrschen und einen Jugend- oder Jazzchor aufbauen zu können. Ensembleleitung ist auch Bandleitung und verlangt Kenntnis über moderne Tontechnik, Stilarten und vor allem das Schreiben von Arrangements für unterschiedliche Besetzungen. Unsere Absolventen werden stilgerichtet Lieder aus Jazz, Rock, Pop, Blues oder Gospel im Gottesdienst begleiten und mit der Gemeinde singen können. Darüber hinaus werden sie in der Lage sein, popularmusikalische Arbeit in der Kirchengemeinde zu konzipieren und aufzubauen.“
Das Projekt
Das Ausbildungsprojekt des Nordkolleg Rendsburg ist ambitioniert und beruht auf der Beobachtung, dass viele Musikhochschulen im Ausbildungsgang der Kirchenmusik das Thema Popularmusik in der Kirche kaum in den Fächerkanon integriert haben. Die Popmusik fristet als „flankierende Maßnahme“ oder „Kontaktprojekt“ ein Schattendasein. Diese Bemühungen jedoch rüsten nicht ausreichend für den Alltag. Gefragt ist dort ein qualitativ hochwertiger und praxisnaher Umgang mit populären Elementen, Arrangements und Ensembleleitung in der Kirchenmusik.
Genau darum geht es den Initiatoren des dreijährigen Kurses: „Wir ermöglichen, dass Popularmusik als Schwerpunktarbeit in der Kirche einen Stellenwert bekommt. Kantoren erhalten fundierte Kenntnisse, damit das Thema nicht ambitionierten Einzelkünstlern vorbehalten bleibt. Was am Nordkolleg Rendsburg 2011 als Pilotprojekt startet, ist einzigartig, ernst zu nehmen und kann ein Erfolgskonzept für Kirchenmusiker werden, die den Wert für die Gemeindearbeit erkennen“, erläutert Sandra Wierer, Musikreferentin und Projektleiterin am Nordkolleg. Was hier gelungen ist, ist die Bildung eines neuen Ausbildungsansatzes.
Der Ablauf
Die Projektbeteiligten der Nordelbischen Kirche schufen in den vergangenen vier Jahren die kirchenrechtlichen Voraussetzungen, um eine Prüfungsordnung überhaupt erst rechtskräftig zu machen. Dies geschah maßgeblich vom Referat Popularmusik der Nordelbischen Kirche aus. Dem Beispiel des früheren „B-Abschlusses für Kirchenmusik“ folgend, umfasst die Prüfungsordnung alle Inhalte des heutigen Hochschulabschlusses „Bachelor“, bezieht die Inhalte jedoch konsequent auf die Spezialisierung Popularmusik. Das Besondere: Erreicht wird ein dem früheren B-Abschluss und jetzigen Bachelorabschluss an Hochschulen gleichgestellter Ausbildungsgrad. Das Nordkolleg Rendsburg als Initiator dieses Pilotprojektes ist Ausbildungsort und zentrale Kontaktstelle für die maximal 20 Teilnehmenden des ersten Kurses. Der Kurs umfasst circa 600 Unterrichtseinheiten und wird nach drei Jahren (6 Semestern) mit Zertifikat abgeschlossen. Berufsbegleitend findet der Unterricht in zweitägigen Präsenzphasen statt. 36 solcher Module stehen für die Teilnehmenden an. Die Bewerbung um einen Platz ist also eine Entscheidung für viel Engagement und zeitlichen Einsatz. Das Zertifikat ist dafür hochwertig: Die Absolventen werden als B-Kirchenmusiker innerhalb der Nordelbischen Kirche anerkannt – mit dem Prädikat „Popularmusik“ schon heute eine gefragte Qualifikation.
Infos für Interessierte unter:
Nordkolleg Rendsburg, Tel. 04331/14 38-22, www.nordkolleg.de und www.popularmusik.de
Infotag in Rendsburg: 28. August 2010, Bewerbungsschluss: 31. Oktober, Aufnahmeprüfung: November 2010, Start der Ausbildung: Februar 2011