Community Music … – was heißt das? Musik einer Gemeinschaft? Musik in der Gemeinschaft? Musik für alle? Ja, alles trifft zu! Die Musik ist Ausdrucksmittel einer aktiv musizierenden Gruppe, die sich gleichberechtigt einbringt – unabhängig von Herkunft, Religion, Bildung, Geschlecht, Alter, körperlicher Verfassung und unabhängig von unterschiedlicher musikalischer Bildung.
Diese musikalische Bildung kann formal oder informell sein, im Vordergrund steht die Selbstbestimmung und Freiwilligkeit: Es gibt kein vorgegebenes Schema oder festgelegtes Programm, wie musikalische Bildung auszusehen hat. Jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten musikalisch ein, der musikalische Ausdruck spiegelt den gemeinsamen sozialen Kontext wider. Musikalischer und sozialer Prozess stehen gleichwertig nebeneinander, ein niedrigschwelliger Zugang soll möglichst vielen Menschen kulturelle und soziale Teilhabe ermöglichen.
Die ersten Entwicklungen dieser Form von Teilhabe gab es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in Großbritannien und den USA in Verbindung mit sozialen Bewegungen und reformpädagogischen Ansätzen – vor dem Hintergrund der heutigen Veränderungen ist der Ansatz, Musik als Gemeinschaft stiftendes Medium einzusetzen, hochaktuell.
Vielseitige Einsatzbereiche
So ist Community Music heute Kultursozialarbeit und wird in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt: im Strafvollzug, in der Flüchtlingsarbeit, im Inklusionsbereich, in der musikalischen Sprachförderung – überall wo es gilt, in heterogenen Gruppen kulturelle, sprachliche und kommunikative Grenzen mit Musik zu überwinden.
Das gemeinsame Musizieren schafft Raum für ästhetischen Ausdruck und inklusive Praxis: Der künstlerische Prozess ist dabei verhandelbar, die Gruppe entscheidet gemeinsam über das Endprodukt. Diesen Prozess begleiten „Community Musicians“, die durch ihre Aus- und Weiterbildung befähigt sind, mit großen und heterogenen Gruppen zu arbeiten und auf unterschiedlichste Zielgruppen einzugehen. Sie können mit unkalkulierbaren Situationen umgehen, spontan und angemessen reagieren und sind sensibel für Gruppendynamik sowie Unter- oder Überforderung. Außerdem kennen sie sich in unterschiedlichen Musikstilen und Improvisation aus und haben ein fundiertes Wissen bezüglich der musikalischen Grundlagen, um so die Ressourcen der Mitwirkenden zu erkennen, Impulse zu setzen oder aus der Gruppe aufzunehmen – behutsam zu lenken oder zu leiten.
Breites Kursangebot
An der Landesakademie Ochsenhausen werden diverse Kurse mit heterogenen Gruppen angeboten:
Zum Beispiel findet am Jahresanfang sowie im Herbst seit vielen Jahren ein Pop-Rock-Wochenende für junge Menschen mit oder ohne Behinderung in Kooperation mit dem Verein für familienunterstützende integrative Behindertenarbeit Biberach und professionellen Pop-Rock-Musikern statt.
In den Osterferien lädt die Akademie zu einer generationsübergreifenden Familienwoche ein: Unter der Leitung des Dozententeams entsteht zusammen mit Eltern, Großeltern, Paten und deren Kindern im kreativen Prozess die von der Gruppe gemeinsam erarbeitete und musikalisch-theatralisch gestaltete Aufführung einer Geschichte.
Und in der Adventszeit findet ein stimmungsvolles offenes Sing- und Musizierwochenende für Familien im Kloster Ochsenhausen statt. Unter dem Titel „Seht, die erste Kerze brennt!“ sind zu diesem Wochenende auch alle Generationen eingeladen: groß und klein, alt und jung, Großeltern, Eltern, Kinder und Nachbarn.
Darüber hinaus wurden für den Videokanal der Landesakademie 18 Kurzvideos für den Bereich Community Music abgedreht, die unter dem Titel „LaMuTV kurz & knackig“ unterschiedliche Umsetzungsideen für verschiedene Einsatzgebiete im Bereich der Ganztagesbetreuung und sozialen Arbeit an Schulen bieten.
Nun erweitert die Landesakademie Ochsenhausen ihr Angebot um den Kurs „Community Music – Ansatz für die eigene Praxis?“. Denn Schlüsselworte wie „Inklusion“, „Partizipation“ oder „Kreativität“ haben in den letzten Jahren eine große Resonanz in Kultur und Gesellschaft gefunden. Wie aber lässt sich dieser Anspruch einer inklusiven Praxis umsetzen? Welche Ansätze gibt es dafür, die im Musikschul- und Schulalltag einsetzbar sind?
Das Praxisfeld der Community Music hat eine Grundlage an Werten, Prinzipien, Arbeitsweisen und Repertoire entwickelt, die sowohl Gruppenunterricht an Schule und Musikschule als auch den individuellen Unterricht bereichern und erweitern kann.
Dieser Kurs vermittelt erfahrungsorientiert, wie sich Aspekte wie Sicherheit, Inklusion, Kreativität und Qualität unter einen Hut bringen lassen und gibt Impulse für die Stärkung einer Praxis, die den Menschen als Ganzes im Blick hat. Im Fokus stehen dabei unter anderem nonverbales Anleiten, kreative und kollaborative Arbeitsweisen, Überlegungen zur Leitung von Gruppen und unterstützendes Repertoire.
Der Kurs wird zum ersten Mal vom 6.8. Oktober 2023 mit den Dozenten Marion Haak-Schulenburg, Gregor Schulenburg und der Akademiedozentin Cornelia Welzel an der Landesakademie Ochsenhausen angeboten.