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Verwiesen sei auch auf Martin Hufners Beitrag „Musik konkret im Internet“ in der November-Ausgabe der nmz (S. 20) oder in der Rubrik „Musik im Internet“ unter www.nmz.de
„Schulen ans Netz“ zu bekommen, scheint in einer Zeit großzügiger, vor allem aber werbewirksamer Gratisangebote kein Problem zu sein. Mit der gleichnamigen Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der deutschen Telekom ist diese Entwicklung sogar politisch institutionalisiert. Aber wie geht es weiter, wenn die Computerräume ausgestattet, die Schule also „drin“ ist? „Nutzung elektronischer und multimedialer Informationsquellen in Schulen“, kurz InfoSCHUL, heißt die Sonderfördermaßnahme des BMBF, die verhindern soll, dass nicht nur den ohnehin Eingeweihten eine Spiel- und Experimentierwiese bereitet, sondern auch die Breite der Schülerschaft „auf dem Weg in die Informationsgesellschaft“ pädagogisch an die Hand genommen wird. Seit dem Schuljahr 1997/98 werden in diesem Rahmen Projekte gefördert, die Konzepte zum sinnvollen Einsatz elektronischer und multimedialer Quellen in Einzelfächern entwickeln und diese auch auf andere Fachbereiche übertragbar machen. An musikalischen Vorhaben sind dabei die Regensburger Fachakademie für katholische Kirchenmusik und Musikerziehung (unter anderem mit einer Orgel-Datenbank und einer multimedialen Präsentation zur „musique concrète“) sowie das fächerübergreifende Manila-Projekt zweier Gymnasien in Köln und Siegburg zu nennen. (Hier arbeitet das Siegburger Gymnasium Alleestraße an einer Musical-Adaption des Romeo-und-Julia-Stoffes.) Nach den drei bisherigen Phasen tritt InfoSCHUL nun in ein neues und wahrscheinlich entscheidendes Stadium. Bisher geförderte Projektschulen sollen Kontakt zu acht bis zwölf Partnerinstitutionen aufnehmen – neben Schulen mit Sekundarstufe II können dies auch gewerbliche Schulen, Fachakademien und Studienseminare sein. Als „federführende Schulen“ sind sie dann dafür verantwortlich, die ebenfalls in die finanzielle Förderung einbezogenen Partner bei der Übernahme der erarbeiteten mediendidaktischen Konzepte zu unterstützen; die Partnerschulen sollen ihrerseits das übernommene Material modifizieren und ergänzen. Die Intention ist klar: Aus vereinzelten modellhaften Projekten soll in die Breite gehender Schulalltag werden. So bildeten dann auch die vielfältigen Schwierigkeiten bei der bisherigen Projektarbeit und die für die neue Phase zu erwartenden Probleme vor allem organisatorischer Art den Schwerpunkt des Workshops, der am 5. und 6. April in Weimar stattfand. Veranstaltet wurde er von Scientific Consulting, der Unternehmensberatung, die unter Leitung von Hartmut Koch auch mit der Durchführung von InfoSCHUL betraut ist. Die am Anfang stehenden Präsentationen machten dabei eines deutlich: So beeindruckend erfolgreiche Einzelprojekte inhaltlich und auch in der Zusammenarbeit mit Sponsoren sein können, so groß ist andererseits die Gefahr, bei der „Anwerbung“ von Partnerschulen deren Verantwortliche mit der Opulenz des Erreichten abzuschrecken. Nicht jede Schule braucht eine so komplette technische Ausstattung und eine Standleitung, wie sie das Eichsfeld-Gymnasium Duderstadt, unterstützt von potenten Partnern aus der Wirtschaft, aufzuweisen hat. Und nicht jeder sinnvolle Medieneinsatz muss am Ende mit einer mehrere Fächer integrierenden CD-ROM glänzen, wie sie die Alfred-Delp-Schule Dieburg rund um Patrick Süsskinds „Parfüm“ produziert hat. Wichtig wird vielmehr sein, ob es gelingt, Leitung und Lehrkörper anderer Schulen vom didaktischen Nutzen und dem zu erwartenden Mehrwert des intensivierten Medieneinsatzes zu überzeugen. Auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen vor Ort hat zwei Seiten: Zum einen sind die beteiligten Schulen auf deren Mithilfe angewiesen, müssen doch den vom BMBF zur Verfügung gestellten Zuschüssen selbst eingeworbene Mittel zur Seite gestellt werden. Auch ist der frühzeitige Kontakt zu potenziellen späteren Arbeitgebern natürlich ein Hauptanreiz für die Schüler/-innen und ein Hauptargument für die politische Durchsetzbarkeit des ganzen Vorhabens. Auf der anderen Seite besteht aber die Gefahr, dass der Einsatz der neuen Medien auf die reine Nutzanwendung beschränkt bleibt, der kritische und kreative Umgang aber in den Hintergrund tritt. Solche Überlegungen spielten bei den Arbeitsgruppen des Weimarer Workshops naturgemäß keine Rolle, ging es für die teilnehmenden Projekt- und Schulleiter/-innen oder die Vertreter/-innen der Schulträger und Aufsichtsbehörden doch vornehmlich darum, die InfoSCHUL-Phase II erfolgreich auf den Weg zu bringen und damit zusammenhängende Themenfelder wie Leistungsbewertung, Lehrerfortbildung und Vermarktung zu erörtern. So blieb es einer Podiumsdiskussion vorbehalten, die Initiative in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext zu stellen. Vor allem Georg Ruhrmann, Lehrstuhlinhaber für Medienwirkungsforschung an der Schiller-Universität Jena, setzte dabei kritische Akzente, indem er das allgegenwärtige Zauberwort von der Medienkompetenz hinterfragte und betonte, dass ein sinnvoller Umgang mit den neuen Medien nur auf der Basis der „alten“ Medien möglich sei. Nur wer mit Texten, Bildern und Filmen umgehen könne, sei auch in der Lage, Inhalte kompetent ins Netz zu stellen oder multimedial zu präsentieren. Sebastian Dorn, Schüler am Abtei-Gymnasium Brauweiler, stieß wiederum mit seiner Feststellung auf breite Zustimmung, die Förderung computergestützten Arbeitens und Lernens dürfe nicht auf die Sekundarstufe II beschränkt bleiben. Auch der Mangel an didaktischem Material kam vom Auditorium aus zur Sprache, worauf mit dem Verweis auf englischsprachige Literatur aus Skandinavien sowie auf die anlaufende Ausschreibung des BMBF geantwor-tet wurde, bei der sich Verlage mit Vorschlägen und Konzepten für entsprechendes Material bewerben können. Die inhaltliche Ausgestaltung der vernetzten Schule bleibt also eine bildungspolitische und pädagogische Herausforderung ersten Ranges, die nur gemeinschaftlich, also von Lehrern und Schülern, von Politik und Wirtschaft, von Verlagen und Datenbankanbietern zu meistern sein wird. Die Arbeitsweise von InfoSCHUL dürfte sich weiter als effektive Bündelung dieser Verantwortlichkeiten bewähren. Juan Martin Koch Auf der Homepage von InfoSCHUL kann man sich unter anderem über laufende Projekte und die Modalitäten der neuen Förderphase informieren: www.scientificconsulting.de/infoschul Verwiesen sei auch auf Martin Hufners Beitrag „Musik konkret im Internet“ in der November-Ausgabe der nmz (S. 20) oder in der Rubrik „Musik im Internet“ unter www.nmz.de