Ein Saxophon, in Maschinen versteckt. Ein Rieseninstrument aus Bambus zwischen dem Stahl einer Ladehalle. Blechtonnen, die mit Mahlsteinen traktiert werden. Sprechchöre, ein fernes Sopransolo, eine chinesische Flöte, die im Weit des Werks verhallen. So spektakulär beginnt am 30. Mai um 20 Uhr im Zementwerk in Mainz-Weisenau ein neues Großprojekt zur Neuen Musik: Spektrum Villa Musica. Mit seinem Eröffnungsprogramm „MenschMaschine – KlangMaschine“ berührt es die Frage nach dem „Sitz im Leben“, den sich Neue Musik erobern kann. In der Landeshauptstadt Mainz und ihrem Hinterland keine ganz alltägliche Fragestellung.
Profil an der Peripherie
Spektrum Villa Musica ist eines von 15 Projekten zur Förderung Neuer Musik, die von der Kulturstiftung des Bundes ausgewählt wurden, um sie in ihrem Förderprojekt Netzwerk Neue Musik zu unterstützten. Der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig bewertet die Initiative als Schritt in die richtige Richtung: „Zum ersten Mal haben sich alle wesentlichen Institutionen in diesem Bereich in unserem Land zusammengesetzt, um ein gemeinsames Programm zu entwerfen. Dies alleine ist schon ein ganz wesentlicher Impuls, der vom Netzwerk Neue Musik in Berlin für Rheinland-Pfalz ausgeht. Ich bin gespannt, welche Klangereignisse uns im ersten Jahr erwarten.“
Vielfältig ist das Programm zwischen Neuwied im Norden und Edenkoben im Süden, zwischen Montabaur im Osten und Kaiserslautern im Westen: Unter dem Dach der Landesstiftung Villa Musica Rheinland-Pfalz entsteht von 2008 bis 2011 ein schillernder Klang- und Bilderbogen – mal als experimentelles Musiktheater von Schülerinnen und Schülern, mal als Live-Elektronik mit Singstimmen, mal als audiovisuelles „Event“ an ungewöhnlichen Spielorten oder als intimes Kammerkonzert für traditionelle Instrumente. Bojan Budisávljevic, der künstlerische Leiter des Netzwerks Neue Musik in Berlin, sieht Rheinland-Pfalz als spannendes Experimentierfeld für Neue Musik an der Peripherie der Republik. Hier stelle sich die Frage der Nachhaltigkeit solcher Förderung ganz anders als in den großen Metropolen wie Hamburg oder Köln. Schon jetzt sei man in Berlin von der Dynamik der Vernetzung zwischen den Partnern sehr angetan.
Den Anfang macht Sigune von Osten vom Art Point – Trombacher Hof mit ihrem Projekt „MenschMaschine – KlangMaschine“. Schon hier ist Silke Egeler-Wittmann mit ihrer AG Neue Musik vom Leininger Gymnasium Grünstadt mit von der Partie, die sich auch selbst ins Gesamtprogramm tatkräftig einbringt: Ab August sammeln die Schülerinnen und Schüler ihrer AG das Material für ihr „Liederlabor“, das sie gemeinsam mit dem Komponisten Bernhard König im Frühjahr 2009 vorstellen werden.
Derweil tut sich in den Städten Kaiserslautern und Neuwied Einiges in Richtung Neue Kammermusik und Live-Elektronik. Eingebunden ist hier auch Konrad Stahl vom Herrenhaus Edenkoben, während das Schulprojekt in Grünstadt in enger Abstimmung mit dem Musikgymnasium des Landes in Montabaur stattfindet. Dort ist wiederum das LandesEnsembleNeueMusik zuhause, das seinerseits im Zementwerk in Mainz mittun wird.
Drei Stränge des Programms
So ziehen alle an einem Strang, oder besser gesagt an drei Strängen, denn das Gesamtprogramm gliedert sich in drei Säulen: Im „Treffpunkt Kammermusik“ werden Klassiker der Avantgarde mit Ensemblemusik von heute konfrontiert. Den Anfang macht hier das junge Asasello Quartett mit Streichquartetten von Webern, Rihm und anderen (ab 16. Oktober). „Komponisten in die Schule!“ heißt der zweite Programmschwerpunkt, bei dem Schülerinnen und Schüler selbst zu Komponisten und Performern werden. Hier stehen die ersten Konzerte im Frühjahr 2009 an. Der dritte Schwerpunkt „Klangraum Rheinland-Pfalz“ wird im Zementwerk Mainz-Weisenau eröffnet und am 4. Juli fortgesetzt: In den Mainzer Kammerspielen erklingen „Visionen“ nach Dantes „Göttlicher Komödie“ mit Live-Elektronik von Peter Kiefer. Die Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz flankiert die Projekte mit Workshops zur Lehrerfortbildung – ganz im Sinne des Grundsatzes der Bundeskulturstiftung, dass es im „Netzwerk Neue Musik“ auch und vor allem um neue Wege bei der Vermittlung des Zeitgenössischen gehe.
Insgesamt umfasst Spektrum Villa Musica im ersten Jahr 15 Konzerte, Workshops und audio-visuelle Events in Mainz, Neuwied, Kaiserslautern, Edenkoben und Montabaur. Sitz des Projektbüros ist Schloss Engers in Neuwied-Engers. Den genauen Spielplan und Infos erhält man dort: Tel. 02622/926 41 32; info [at] spektrum-villamusica.de (info[at]spektrum-villamusica[dot]de), www.spektrum-villamusica.de