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Weiterbildungen in Ochsenhausen

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Die Kreativität im Umgang mit musikalischem Material
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Hoch in der Luft auf den Baumkronen zwitschert und tiriliert es. Die Vögel haben bereits ihr Lied angestimmt, während sich die Kinder mit ihren Erzieherinnen, Eltern, einigen Geschwisterkindern und auch einem Großelternpaar im Kreis versammeln. Als Sitzgelegenheiten dienen Baumstümpfe, dazu gibt es ein kleines Polster, falls das Holz etwas feucht sein sollte. Eine Sitzgelegenheit ist sogar mit Rückenlehne ausgestattet und mit einem hübschen Tuch behängt. An der Lehne hängt eine Krone, denn Paul, eines der Kinder des Waldkindergartens, feiert heute seinen Geburtstag und darf auswählen, wer zu seinen beiden Seiten Platz nehmen darf.

Ich bin der Einladung gefolgt, habe meine Kiste mit elementaren Klang-instrumenten und Liederbüchlein gepackt und diesen zauberhaften Ort über einen kleinen Fußweg erreicht. Erwartungsvolle Kinderaugen blicken mich an und dabei ist so gar nichts von Unruhe, Nervosität oder Langeweile zu spüren. Ein Eltern-Kind-Singen in ganz anderer Umgebung als gewöhnlich! Wir hören auf die Vögel, wir ahmen die Vogelstimmen nach und stimmen ein erstes Lied für Paul an. Eine Geburtstagsstrophe zur Melodie von „Alle Vögel sind schon da“ und im Nachhorchen nach dem letzten Ton meinen wir sogar, dass das Singen der Vögel zugenommen hat. 

Kreativität spielt im Waldkindergarten eine große Rolle. Kreativitätsanregend wirken dabei alle natürlich vorzufindenden Materialien wie Blätter, Wurzeln, Erde, Baumrinden, Steine, Wasser, aber natürlich auch von den Erzieherinnen zur Verfügung gestellte Materialien, wie sie in anderen Kindergarten Verwendung finden. Ich beobachte den dreijährigen Philip, der erst wenige Wochen im Waldkindergarten ist und mutig hinter den anderen, etwas größeren und erfahrenen Kindern über Wurzelwerk klettert, eifrig bemüht, sein Gleichgewicht zu halten.

Welche Rolle spielt die Musik in einem Waldkindergarten, frage ich mich. Und welche Rolle spielt die Musik im Blick auf die Kreativitätserziehung? Welche Erfahrungswerte eröffnen sich Kindern durch den kreativen Umgang mit Musik? Seit den frühen 1980er-Jahren hat sich zu dieser Fragestellung einiges an wissenschaftlichen Untersuchungen und Ergebnisse aus der empirischen Pädagogik angehäuft. Musikwissenschaftler, Musikpädagogen, aber auch Hirnforscher sind dieser Fragestellung nachgegangen. 

Es herrscht Einigkeit darüber, dass Musik kreative Kräfte anregen kann. Nicht jeder Koch ist aber ein kreativer Koch! Und so steht auch nicht jedem Pädagogen oder gar Musikpädagogen ein kreativer Umgang mit den musikalischen Zutaten als Handwerkszeug zur Verfügung. Hier gibt es Weiterbildungsbedarf! Nicht zuletzt auch, um die Fülle der druckgelegten Materialien mit eigener Kreativität auszuschöpfen! Ob es der Umgang mit Liedern, mit Rhythmus, mit Bewegung, mit Instrumenten, Geräuschen oder Tönen ist, die Freiheit der schöpferischen Kräfte zu entdecken, zu lenken und zu fördern steht im Zentrum verschiedener Kursangebote der Landesakademie Ochsenhausen. Ein Blick in die Kursarbeit zeigt in methodischer Vielfalt die Möglichkeiten für Kindergarten und Schule.

Elementare Musikerziehung fördert die Differenzierung von Klängen und Geräuschen, die Schulung des bewussten Hinhörens und das gezielte Einsetzen von Klängen. Wie klingt diese Trommel, wie klingt sie mit der Hand, mit einem harten oder weichen Schlägel? Wie kann ich einer Plastikschüssel einen interessanten Klang entlocken oder aus Pappkarton ein Schlagzeug bauen? Ein Küchenorchester kann einem den letzten Nerv rauben, es sei denn, wir sortieren zuvor das Material in der Weise, dass wir Klänge „optimieren“.  Bewusstes Hören und Spielen ermöglicht Kindern und Erwachsenen, durch Klänge und Geräusche neue Erfahrungsebenen zu betreten und neue Zugänge zur Ich-Stärkung zu erleben. Mit Hilfe des  Liederbüchleins „Kinderleicht“ haben bereits viele Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen der Landesakademie diesen kreativen Ansatz zum Musizieren mit Kindern und Erwachsenen erleben können. Mit der Zeit verwandelt sich die anfängliche Ängstlichkeit im Umgang mit musikalischem Material in Leichtigkeit. Das Zutrauen in das eigene, kreative Handeln mit musikalischen Möglichkeiten wächst mit der Zeit. Eben dieses Zutrauen, dieses Sich-selbst-Erleben weckt Daseinsfreude! 

„Tönen und Klingen – mal ohne Singen“, ein Kreativseminar in der Landesakademie Ochsenhausen, lockt die Teilnehmenden sehr schnell aus der rezeptiven Haltung in eine musik-gestalterische Rolle. Die elementare Klangimprovisation und methodische Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten sowie Text- oder Bildgestaltungen stehen auf der Agenda dieses Tagesseminars. Teilnehmende aus Kindertagesstätten, Grund- und Förderschulbereich, aber auch aus dem Bereich der religionspädagogischen Arbeit widmen sich diesem interessanten Thema und entfalten ihre Ideen mit Hilfe von Legematerialien, die sie in stimmungsvolle Klangbilder umsetzen und bringen, angeregt durch das Buch „Kunst aufräumen“ von Ursus Wehrli, Ordnung ins Klangchaos und Chaos in die Klangordnung.

Zurück zum Waldkindergarten. Kreativität und Wahrnehmungsvermögen eröffnen neue Perspektiven und Sichtweisen. Philip und Paul werden nach ihrer Kindergartenzeit den Wald anders erleben als viele unter uns. Wer dem Zauber von Klängen und Geräuschen lauscht wird auch in späteren Jahren nicht sehnsüchtig vor einer verschlossenen Welt der Musik stehen. 

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