„KLINGT EUCH EIN!“ lautet das Motto der Leipziger Musikschule, die – obwohl es sie in der heutigen Struktur erst seit 1996 gibt – in diesem Jahr ein 60-jähriges Jubiläum feiern darf. Vor 15 Jahren wurden die Landesmusikschule in Trägerschaft des Freistaates Sachsen und das Städtische Musikunterrichtskabinett zusammengeführt. Hatte sich die 1951 gegründete staatliche Einrichtung um die Förderung der besonders begabten Musikschüler gekümmert, so wurde im Unterrichtskabinett vor allem Breitenunterricht absolviert.
Dann stellte man fest, dass sich beides stark aneinander angenähert hatte“, so Musikschulleiter Frank-Thomas Mitschke, der dieses Amt seit 1997 innehat. Weil außerdem der Freistaat sich von seiner Einrichtung trennen wollte, wurde die Übernahme durch die Stadt Leipzig eingeleitet. Gab es unmittelbar nach dieser Zusammenführung etwa 4.500 Schüler an der Musikschule, so sind es heute bereits etwa 7.500. Trotzdem zählt die Warteliste heute 1.200 Schüler – und es werden voraussichtlich mehr. Eine Strategie zu entwickeln, die Wartezeit zumindest erheblich zu verkürzen, nennt Mitschke denn auch als eine der großen Herausforderungen, die die Leipziger Musikschule derzeit zu bewältigen hat. Nicht zuletzt wird der Run auf die Plätze durch die Schwerpunktlegung auf den Elementarbereich in der Musikschularbeit ausgelöst: Die große Zahl der Kinder, die im Anschluss an den Elementarunterricht ein Instrument lernen möchten, kann durch die zur Verfügung stehenden Kapazitäten einfach nicht abgedeckt werden.
Eine weitere Herausforderung ist die Weiterführung eines Projekts, das als Leipziger Antwort auf „JeKi“ gelten kann. Man hat sich hier – ähnlich wie andernorts auch – entschlossen, diese Form der musikalischen Breitenarbeit im Fach Gesang zu starten. „SINGT EUCH EIN!“ heißt das Projekt im Anklang an das Musikschul-Motto. Im Tandem, bestehend aus einer Grundschullehrkraft und einer Gesangslehrerin oder einem Gesangslehrer von der Musikschule, werden Kinder der dritten Grundschulklassen an das Singen herangeführt – wobei der Bewegungsaspekt eine große Rolle spielt. Auch Kinder, die aus musikferneren Elternhäusern kommen, machen hier gerne mit, so Mitschke. Die Evaluation durch die Leipziger Hochschule für Musik und Theater steht zwar noch aus. Konstatiert wurden aber bereits die positiven Wirkungen des Projekts: Abgesehen von der Freude, mit der Kinder die-
se Singklassen besuchen, befördern sie auch die allgemeine Konzentrationsfähigkeit in anderen Fächern. Im Sommer 2012 läuft das dritte Jahr des Projektes aus – und damit auch die Förderung durch eine Schweizer Stiftung. Also muss nun über neue Finanzierungsmöglichkeiten nachgedacht werden, denn, so Mitschke, man will diese Singklassen auf jeden Fall fortführen. Eine Antwort muss auch noch auf die Frage gefunden werden, welche Anschlussmaßnahmen den Kindern ab dem vierten Schuljahr geboten werden können.
„KLINGT EUCH EIN!“ bedeutet in Leipzig nicht nur, dass Kinder und Jugendliche selbst Musik machen – auch, wenn darauf natürlich der Schwerpunkt liegt. Es geht auch darum, sie zum Hören anzuregen. Das beginnt bei den ganz Jungen: Konzerte für Babies mit ihren Eltern sind eine Besonderheit im Angebot der Leipziger Musikschule. Schüler und Lehrer konzertieren acht mal im Jahr – die Konzerte sind sehr beliebt und immer ausverkauft. Die Musikschule organisiert außerdem circa 140 Schulkonzerte im Jahr: Profis musizieren hier für Schulklassen und decken dabei ein breites stilistisches Spektrum ab.
Ungefähr 40.000 Schüler werden damit jährlich erreicht. Soeben wurde die Schulkonzertsaison durch das Gewandhausorchester unter Leitung von Riccardo Chailly eröffnet. Eine Vereinbarung mit dem Gewandhaus und der Leipziger Oper erlaubt es Schulklassen außerdem, zu Sonderkonditionen die Veranstaltungen der Häuser zu besuchen. All dies und noch viel mehr gehört zum Aufgabenbereich des Büros für Organisation und Marketing, das sich die Musikschule Leipzig leistet. Von hier aus werden auch die etwa 1.500 Auftritte gemanagt, die Schüler (und Lehrer) der Musikschule im Jahr bewältigen. Dabei geht es teils um Fremdbuchungen, häufig aber auch um eigene Veranstaltungen, Konzerte und Vorspiele. Eine Zahl, die sich sehen lassen kann!
Nicht zuletzt die zahlreichen Kammermusikaktivitäten und das Jugend-sinfonieorchester der Musikschule tragen zu diesen Auftritten bei. Das Jugendsinfonieorchester hat bereits zweimal einen ersten Preis beim Deutschen Orchesterwettbewerb gewonnen, mindestens einmal im Jahr macht es eine große Konzertreise ins Ausland. Kürzlich sind die jungen Musiker aus Quebec (Kanada) zurückgekommen, wo sie im Rahmen einer internationalen Jugendorchesterbegegnung als Vertreter Deutschlands auftraten. Im kommenden Jahr winkt ein besonderes Event: Junge Musiker des Conservatorio di Bologna werden gemeinsam mit Leipziger Musikschülern das Leipziger Bachfest eröffnen und damit auch die 50-jährige Partnerschaft zwischen den Städten begehen. Ein eigenes Haus hat die Musikschule im Zentrum der Stadt, gerade wurde ein zweites für den Bereich Popularmusik eröffnet. Um die Finanzierung könnte es, so Musikschulleiter Mitschke, besser stehen. Die Finanzierung durch das Land (20 Prozent) ist eher rückläufig. 40 Prozent werden von der Stadt, die restlichen 40 von den Eltern getragen. Sponsoring und Spenden sind also ein wichtiges Thema.
Am 12. November feiert die Musikschule ihren 60. Geburtstag mit einer Einladung zum Geburtstags-Kaffee und Gratulations-Ständchen von Leipziger Kultureinrichtungen. Abends ist ein Festkonzert mit Jugendorchester und Big Band geplant. Und gleich danach beginnen dann die nächsten 60 Jahre.