Unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier lud der Verband deutscher Musikschulen in Hessen (VdM-Hessen) zu einer besonderen Feierstunde ins Kurhaus Wiesbaden. Seit nunmehr 50 Jahren macht sich der Verband für die musikalische Bildungslandschaft in Hessen stark. Er vertritt die Interessen der öffentlichen Musikschulen und koordiniert ihre Vernetzung.
Zur Eröffnung des Festtages versammelte sich bereits am Vormittag ein Chor aus rund 650 Grundschulkindern im Friedrich-von-Thiersch-Saal des Kurhauses zu einem besonderen musikalischen Geburtstagsgruß. Im Anschluss ließen die kleinen Sängerinnen und Sänger die Luftballons eines großen Ballonwettbewerbs vor dem Kurhaus aufsteigen. Im abendlichen großen Festkonzert präsentierten sich Ensembles und Solisten der öffentlichen Musikschulen und boten einen eindrucksvollen Querschnitt durch das vielfältige Bildungsangebot und das Qualitätsniveau der Musikschulen Hessens.
Zwei Ensembles waren im Konzert vertreten, die das Motto „Inklusion live“ leben. Sowohl im Ensemble „Trotzdem und Freunde“ der Kreismusikschule Limburg als auch in der integrativen Band „Rainbow Singers“ der Musikschule Main-Kinzig in Kooperation mit der Lebenshilfe Gelnhausen musizieren behinderte und nichtbehinderte Menschen in einem Orchester und zeigen, dass Inklusion mit und durch Musik vorbildlich gelingen kann.
Michael Eberhardt, Vorsitzender des VdM-Hessen e.V., sprach die begrüßenden Worte. Unter der Überschrift „Aus der Vergangenheit in die Zukunft geschaut“ schilderte Eberhardt die verschiedenen Stationen und Entwicklungsabschnitte des VdM-Hessen. Seit dem Gründungsjahr 1967 bilden die drei Aspekte musikalische Volksbildung, qualitative Verbesserung der Musizierpraxis und Teilhabemöglichkeit für sämtliche Bevölkerungsgruppen die grundlegenden Konstanten der öffentlichen Musikschularbeit. Eberhardt präsentierte beeindruckende Zahlen und erwähnte auch das dichte Netz von Kooperationen mit Kindertagesstätten und Musikvereinen. Trotz der qualitativ und quantitativ gut aufgestellten Arbeitsbereiche öffentlicher Musikschulen sei das Bild jedoch trügerisch. Durch die im Ländervergleich anteilig zu hoch ausfallenden Unterrichtsgebühren, die in Hessen mancherorts zu über 80 Prozent von den Eltern getragen würden und durch die unzureichende Anzahl existenziell gesicherter Arbeitsplätze bestehe Handlungsbedarf. Vor allem fehlt es an Lehrkräftenachwuchs, da zu viele Musikstudierende nach abgeschlossenem Studium in andere Bundesländer abwandern, in denen sie nicht prekär sondern in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt werden. Der VdM-Hessen, so Eberhard, stelle sich diesen Problemen und strebe die Gründung eines Kuratoriums an, das den Fortbestand der hessischen Musikschulen mit sozialem Auftrag sichern solle.
Das Grußwort des Hessischen Kultusministeriums überbrachte Kultusminister Alexander Lorz. Er würdigte vor allem die Projekte und Kooperationen zwischen allgemeinbildenden Schulen und öffentlichen Musikschulen. Sie seien maßgeblich in einer sich verändernden Schullandschaft hin zur ganztägig arbeitenden Schule. Er bedankte sich für die vielen gelungenen Kooperationen wie im Programm „JeKi“ und dem daraus entstandenen Nachfolgeprogramm „ZusammenSpiel Musik“ und wünsche sich für die Zukunft eine Vertiefung dieser Vernetzung.
Den Auftrag zu „vielfältigster vokaler und instrumentaler Musizierpraxis“ – wie in den Statuten des VdM für die öffentlichen Musikschulen gefordert – demonstrierten die am Konzert teilnehmenden Ensembles, darunter das „Holzgebläse“ der Wiesbadener Musik- und Kunstschule, das Cello-Ensemble „Cellyptica“ der Musikschule Schöneck-Nidderau-Niederdorfelden, das Akkordeon-Orchester der Kreismusikschule Oberlahn e.V., die „Flute Connection“ der Musikschule Friedberg und das Streicher-Ensemble der Musikschule Langen. Für zwischenzeitliche Lockerungsbewegung im Publikum sorgte Überraschungsgast Ulrich Moritz. Der Berliner Bodybeat-Spezialist rockte den Saal mit lockeren, jazzigen, rhythmisch skandierten Klatsch-, Schnips- und Sprechversen und gewann auf Anhieb die Sympathie aller Anwesenden.
Festredner Oliver Scheytt, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft., gilt als Vordenker in Sachen Kulturpolitik. Sein Wortbeitrag hob ab auf geschichtliche, ästhetische und ökonomische Definitionen zum aktuellen Kulturbegriff, die Wertigkeit von Kultur als prägender Entwicklungskonstante der Gesellschaft. Mit einem Zitat aus der UNESCO Weltkonferenz 1982 belegte er einmal mehr die große Bedeutung des kulturellen Bildungsauftrags öffentlicher Musikschulen: „Erst durch die Kultur werden wir zu menschlichen, rational handelnden Wesen, die über ein kritisches Urteilsvermögen und ein Gefühl der moralischen Verpflichtung verfügen.“
Das kämpferische Star Wars-Thema, ausgeführt vom „Projektorchester der südhessischen Musikschulen“ unter Martin Vogel, das den gelungenen Konzertabend beendete, inspirierte Scheytt zu einem visionären und zukunftsträchtigen Schlusswort: „Lasst die Musikschulen leuchten als goldene Sterne, denn der Fixstern VdM gibt allen Orientierung“.