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Im Fokus: Nachwuchsgewinnung

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Ein Bericht aus dem Landesverband der Musikschulen in Nordrhein-Westfalen
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Im Rahmen des Musikschulkongresses in Kassel wurde das brennende Thema Fachkräftemangel und Nachwuchsgewinnung in verschiedenen Formaten diskutiert. Der Landesverband Nord-rhein-Westfalen hat sich im Rahmen seiner Musikschuloffensive auf den Weg gemacht, um auf mehreren Ebenen Lösungswege zu finden.

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Im Mai 2023 verkündete Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nord-rhein-Westfalen, im Plenum des Landtags NRW, dass die Musikschuloffensive des Landes NRW nach einem ersten Durchgang von drei Jahren fortgesetzt wird. So kann das Erfolgsprogramm auch in Zukunft einen entscheidenden Beitrag zur Nachwuchsgewinnung und Talentförderung leisten.

Seit 2021 fördert das Land NRW die öffentlichen Musikschulen je nach Größe mit vollfinanzierten Stellenanteilen. Mit dieser Erhöhung des Anteils sozialversicherungspflichtig beschäftigter Lehrkräfte trägt die Musikschuloffensive entscheidend zur Attraktivität des Berufsbildes Musikschullehrkraft bei. Insbesondere auch dadurch, dass sie eine inhaltliche Zukunftssicherung von Musikschularbeit garantiert: Neben der Finanzierung von Stellenanteilen für reine Unterrichtstätigkeit an den Musikschulen ist auch eine Freistellung von Lehrkräften für die Übernahme bestimmter Funktionen möglich. Hiermit können fünf zeitgemäße Themenfelder gezielt gestärkt werden: Kooperationen und kommunales Bildungsnetzwerk, Elementare Musikpädagogik und Kita-Kooperationen, Diversität, Digitalisierung in der Musikpädagogik und Talentförderung und Personalentwicklung. Wenn die Musikschullehrkräfte Aufgaben zusätzlich zur Unterrichtstätigkeit übernehmen – das hat die Musikschuloffensive gezeigt – so gestalten sie Musikschule aktiv mit und sie identifizieren sich mehr mit der eigenen Musikschule. Es eröffnen sich für sie persönlich und auch für das Musikschul-Team Handlungs- und Verantwortungsspielräume und dadurch neue Perspektiven. Honoriert wird die koordinierende Tätigkeit mit einer Höhergruppierung – und somit einer besseren Vergütung der Tätigkeit als Musikschullehrkraft.

Inhaltlich unterstützt werden die Musikschulen und ihre Lehrkräfte im Rahmen der Musikschuloffensive von fünf Referent*innen beim Landesverband der Musikschulen in NRW. Die Referentin für Talentförderung und Personalentwicklung ermöglicht erstmals eine gezielte Aufarbeitung und Vernetzung des gesamten „Kosmos“ der Nachwuchsgewinnung. Zu diesem gehört: möglichst alle Kinder früh zu erreichen, zum Beispiel über Kooperationsprogramme wie „Kita und Musikschule“ oder „JeKits“; Lust auf mehr Musik zu machen, in Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen und möglichst vielfältig; Begabungen individuell zu fördern, damit sich musikalische oder auch musikpädagogische Talente entwickeln; gezielt auf Eignungsprüfungen für Musikstudiengänge vorzubereiten; gemeinsam mit den Musikhochschulen eine praxisnahe Ausbildung zu sichern, den Übergang vom Studium ins Berufsleben gelingend zu gestalten. Und die Berufszufriedenheit von Lehrkräften, die potenzielles Vorbild für den künstlerischen und auch den künstlerisch-pädagogischen Nachwuchs sind, zu steigern. Letzteres durch Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, Wertschätzung und Anerkennung der Tätigkeit, aber natürlich auch durch eine soziale Absicherung und eine angemessene Vergütung.

Für all dies braucht es Partner und Gelegenheiten, miteinander im Gespräch zu sein: mit politischen Entscheidungsträgern auf kommunaler wie auf Landesebene, mit Studierenden, Dozierenden und Rektoratsmitarbeitenden an den Musikhochschulen, mit Schüler*innen, Eltern, Lehrkräften und Leitungen an den Musikschulen. Und vielen weiteren mehr. In NRW bestehen inzwischen zahlreiche Gremien und Gesprächskreise, die sich mit der Nachwuchsgewinnung beschäftigen. Denn es ist allen Beteiligten bewusst, dass die Nachwuchsgewinnung, insbesondere im musikpädagogischen Bereich, ein entscheidendes Rad im Getriebe der Zukunftssicherung von kultureller Bildung ist. Dies zeigte sich zuletzt bei einer Anhörung im Landtag NRW, die zwar den Nachwuchsmangel bei Musikschullehrkräften behandelte, zu der sich jedoch Vertretende aus der gesamten Breite der Bildungslandschaft äußerten.

Es braucht Datengrundlagen, mit denen argumentiert werden kann. Hier konnte der Landesverband der Musikschulen in NRW in den letzten anderthalb Jahren durch umfangreiche Abfragen einen genauen Überblick zur Lehrkräfte- und Beschäftigungssituation und zu den erforderlichen Maßnahmen für mehr zukünftige und vor allem zufriedene Lehrkräfte gewinnen. Auch der Vergleich von Absolvent*innenzahlen, beispielhaft im Bereich Elementare Musikpädagogik mit dem Bedarf an Lehrkräften für Musikschulen, zeigte auf, wie drängend wir uns generell für den musikalischen Nachwuchs einsetzen müssen.

Und es braucht Formate, die individuelle, aber vielseitige musikalische Talentförderung möglich machen – gerade nach einer Pandemie, in der das gemeinsame Musizieren nicht möglich war, wodurch musikalische Bildungsbiografien teilweise abgebrochen sind oder gar nicht erst starten konnten. Neben zahlreichen Kooperationsprogrammen mit Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen gibt es für Schüler*innen an den Musikschulen in NRW inzwischen einige bereits früh und breiter ansetzende „Talentakademien“. Schon bevor sich die Schüler*innen für den Weg Richtung Musikstudium entscheiden, besuchen sie in den Talentakademien gemeinsam kulturelle Veranstaltungen, improvisieren, lernen digitale Musiziertechniken kennen oder gestalten interdisziplinäre Projekte mit Musik, Tanz und Schauspiel. Die Musikschulen selbst sind in gutem Kontakt mit den fünf Musikhochschulen im Land, um an Projekttagen Begegnungen und gemeinsames Musizieren zwischen Schüler*innen und Studierenden zu ermöglichen und die Praktika von Studierenden bei Lehrkräften an den Musikschulen für alle Seiten gut zu gestalten.

Die Einrichtung einer Refe­rent*in­nenstelle für Talentförderung und Personalentwicklung in NRW verstärkt die Nachwuchsgewinnung auf vielen Ebenen. Sie unterstützt dabei, Netzwerke aufzubauen, regt Umsetzungen an und koordiniert Themen und Fragestellungen. In der Verantwortung, sich an der Nachwuchsgewinnung zu beteiligen, ist allerdings jede*r von uns – in ihrem/seinem Möglichkeitsbereich. Und dies beginnt mit der Kommunikation der Wichtigkeit von musikalischer Bildung, um mehr Wertschätzung für sie zu erzielen und sie zukunftssicher aufzustellen.

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