Banner Full-Size

Menschen mit Behinderung gehören dazu

Untertitel
Instrumentalspiel mit Menschen mit Behinderung an Musikschulen
Publikationsdatum
Body

Seit fast 30 Jahren engagiert sich der Verband deutscher Musikschulen (VdM) für Menschen mit Behinderung. 700 Musikschullehrerinnen und -lehrer haben sich bislang in einem zweijährigen Berufsbegleitenden Lehrgang zum Musiklehrer für Menschen mit Behinderungen weiterqualifiziert. Gemeinsam mit mittlerweile 7.000 Schülerinnen und Schülern mit Behinderung an fast 500 öffentlichen Musikschulen stehen sie für den Anspruch der Mitgliedsschulen des VdM, ein Angebot für alle Menschen bereit zu halten.
Das Engagement des VdM gründet sich auf der Überzeugung und Untersuchungen von Prof. Dr. Werner Probst (†), dass alle Menschen grundsätzlich „musikalisch“ sind, weil sie in der Lage sind, Musik zu erleben. Mit seinem Modellversuch trat Probst 1979 hierfür den Beweis an und öffnete eine Tür für Menschen, die bis dato keinen Zugang zu Musikschulen gefunden hatten.

Vielerorts gibt es seitdem Veränderungen. Menschen mit Behinderung sind an vielen Musikschulen mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Viele Musikschulen öffnen ihnen eine Bühne, auf der sie ihrerseits durch ihre Leistung und Leistungsfähigkeit und ihre Lust am Musizieren der Vision von Werner Probst Recht geben.
In nahezu allen Publikationen macht der VdM auf die Kompetenz und das Potential der Musikschulen aufmerksam, auch für Behinderte ein anspruchsvolles und ansprechendes Programm bereit zu halten.

Durch Fortbildungen und Fachtagungen bietet er durch seinen eigens eingerichteten Fachausschuss und mit einem bundesweit angegliederten Netzwerk von Fachsprechern ein Forum, sich für diesen Bereich der Musikschularbeit aus- und weiterbilden zu lassen.
Werner Probst konzipierte einen Lehrgang, den er „Instrumentalspiel für Behinderte und von Behinderung Bedrohte“ nannte. Ausdrücklich schloss er bereits vor 30 Jahren Randgruppen, Migranten oder bildungsferne Schichten mit ein. Klassenunterricht, „jedem Kind ein Instrument“, integrative Gruppen, Musikgarten, der offene Ganztag, schwierige, problematische Kinder, Kooperationen mit anderen Bildungsanbietern sind Bereiche, zu denen der Berufsbegleitende Lehrgang hilfreiche Aussagen macht. Der Lehrgang verschafft seinen Absolventen nicht nur nötige Kompetenzen für die Musikschularbeit der Zukunft, sondern verändert vor allem auch den Blick auf sich selbst, auf die Bedürfnisse ihrer Schüler und die originären Aufgaben öffentlich geförderter Musikschulen. Der bewusst zweijährig konzipierte zentrale Lehrgang des VdM an der Akademie Remscheid ist in fünf Block- und drei Praxisphasen gegliedert und führt zu einem zertifizierten Abschluss.

Die durch den Lehrgang vermittelten Kompetenzen weisen weit über den Bereich des Einsatzes in der Arbeit mit Behinderten hinaus. Integrative Ansätze, Differenzierungskompetenz und sonderpädagogische Unterrichtsprinzipien werden für die Herausforderungen, denen Musikschulen gegenüber stehen, immer wichtiger. Der Lehrgang vermittelt hierbei aber keine „andere Pädagogik“. Gute Pädagogik erfährt durch die Auseinandersetzungen mit sonderpä-dagogischen Prinzipien vielmehr eine Erweiterung ihrer Anwendbarkeit. Die Aussagen vieler Absolventen, „sie seien jetzt auch bessere Lehrer für ihre nicht behinderten Schüler“ bestätigen die Inhalte des Lehrganges.

Das Besondere, nämlich die Integration von Menschen mit Behinderung, wird zur Normalität. Es erübrigt sich dann die Frage, ob man nicht lieber ein begabtes Kind zu „Jugend musiziert“ schickt als behinderte Schüler zu unterrichten. Jeder Schüler ist auf seine Weise eine Herausforderung im Unterricht. Menschen mit Behinderung tragen zur Unverwechselbarkeit der Musikschulen bei, Instrumentalspiel mit Menschen mit Behinderung ist weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal, das Musikschulen von anderen Anbietern auf dem Markt unterscheidet. Doch eigentlich müssen wir nicht begründen. Menschen mit Behinderung gehören dazu.

Anmeldung zum nächsten Berufsbegleitenden Lehrgang: VdM, Dorothea Hehlke, Tel. 0228/957 06-18, E-Mail: hehlke [at] musikschulen.de (hehlke[at]musikschulen[dot]de))

Der Text beruht auf einem Vortrag von Marei Rascher und Robert Wagner, Mitglieder im VdM-Fachausschuss „Menschen mit Behinderung an Musikschulen“, gehalten auf der Bundesversammlung des VdM am 10. Mai 2007 in Mannheim. Die vollständige Fassung findet sich auf der Internetseite www.musik-integrativ.de

Print-Rubriken
Unterrubrik