Zur diesjährigen Bundesversammlung des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) trafen sich die Delegierten der öffentlichen Musikschulen vom 12. bis 13. Mai 2006 in Aschaffenburg. Die von König Ludwig I. als das „bayerische Nizza“ bezeichnete Stadt machte ihrem Namen in sommerlicher Atmosphäre alle Ehre.
Im Mittelpunkt der mit einer Hauptarbeitstagung verbundenen Bundesversammlung standen die aktuelle und zukünftige Arbeit der öffentlichen Musikschulen. Von Bedeutung war hierbei die geplante Föderalismusreform, die als umfassendste Grundgesetzänderung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland entscheidende Auswirkungen auf die Bildungspolitik als zentrales gemeinsames Anliegen von Bund, Ländern und Kommunen haben kann. Aus Anlass der bevorstehenden gemeinsamen Anhörung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates zur Föderalismusreform verabschiedete die Bundesversammlung des VdM die „Aschaffenburger Erklärung“, in der sie gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat, dem Deutschen Kulturrat sowie dem Kulturausschuss des Deutschen Städtetages und dem Schul- und Bildungsausschuss des Deutschen Städtetages an Bund und Länder appelliert, die gemeinschaftliche Verantwortung für die Bildungspolitik zu erhalten und bundesweit geltende Bildungsstandards mit der musikalischen Bildung als festem Bestandteil zu schaffen (siehe untenstehende „Aschaffenburger Erklärung
Wichtige Inhalte der Hauptarbeitstagung und Bundesversammlung waren in diesem Zusammenhang die „Musikalische Bildung von Anfang an“ – bei der es unter anderem um spezielle musikalische Angebote für Kinder schon ab den ersten Lebensmonaten geht –, die Kooperationen von Musikschulen und allgemein bildenden Schulen sowie die „Musikschule in der kommunalen Kultur- und Bildungspolitik“ mit einem Vortrag des Essener Bildungs- und Kulturdezernenten Oliver Scheytt. Auf großes Interesse stießen ebenfalls die Erläuterungen der VdM-VBSM-Arbeitsgruppe zum „TVöD und Berufsbild der Lehrkräfte an Musikschulen“ (ein ausführlicher Beitrag folgt in der kommenden nmz) sowie die Vorträge und Arbeitsgruppen „Coaching und Führungsmanagement für Musikschulleiter/innen“ des Organisationsberaters Jochen Kloff und „Vereinsvorstände und e.V.-Musikschulen“ von Rolf Fritsch, Bildungsreferent in der BAK Trossingen, und Wolf Steinweg, Syndikus des VdM (siehe auch Seite 49 der Verbände-Ausgabe).
Vorgestellt wurde in Aschaffenburg außerdem das vom Erweiterten Bundesvorstand des VdM verabschiedete neue Leitbild des Verbandes, das alle Mitgliedschulen mit dem nächsten Rundschreiben erhalten. Doris Froese, die angesichts erheblich gestiegener Arbeitsbelastungen als Musikschulleiterin in Herrenberg aufgrund von Umstrukturierungen in der örtlichen Kulturverwaltung ihre weitere engagierte Mitwirkung im Bundesvorstand im Januar 2006 aufgeben musste, wurde in der Bundesversammlung feierlich aus dem Vorstand verabschiedet.
Als ihr Nachfolger wurde Wolfhagen Sobirey, Direktor der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg, einstimmig bestätigt. Eine große Würdigung gab es in Aschaffenburg eben-falls: Heidi Wucher, die sich seit mehr als 40 Jahren für den VdM engagiert und ihr Leben in den Dienst der öffentlichen Musikschulen gestellt hat (siehe nmz 05/06, Seite 26), wurde von der Bundesversammlung mit stehenden Ovationen zum Ehrenmitglied des VdM ernannt und mit der Goldenen Stimmgabel geehrt.
Aschaffenburger Erklärung des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) zur Föderalismusreform
Mit großer Sorge verfolgt der Verband deutscher Musikschulen, dass der vom Bund im europäischen Kontext geförderte Dialog und das europäische Zusammenwachsen im eigenen Staat gefährdet werden, indem er notwendige Kompetenzen abgibt oder sie ihm genommen werden.
Bildung muss auch im Rahmen der Föderalismusreform als zentrales gemeinsames Anliegen von Bund, Ländern und Kommunen verankert werden. Bildung ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und ein Schlüsselthema für die weitere Entwicklung unseres Landes. Kinder müssen daher best- und frühestmöglich gefördert werden, ohne dass die Herkunft eines Kindes über seine Bildungs- und somit seine Lebenschancen entscheidet.
Bildung, besonders auch die musikalische, braucht den Dialog über Ländergrenzen hinweg mit bundesweiter Vergleichbarkeit und geltenden Standards. Diese müssen länderübergreifend durch Schnittstellen auf Bundesebene vereinbart, garantiert und kommuniziert werden.
An über 4.000 Standorten sind rund 950 öffentliche Musikschulen im Verband deutscher Musikschulen (VdM) vertreten und bilden damit eine zentrale Schnittstelle im Bereich der Kultur-, Bildungs-, Jugend- und Familienpolitik. Über eine Million Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden Woche für Woche an den öffentlichen Musikschulen unterrichtet. Sie besuchen damit die Bildungsinstitution, die die weitestgehende musikalische Breiten- und Spitzenförderung in ganz Deutschland bewirkt.
Es ist wissenschaftlich belegt und allgemein anerkannt, dass Musizieren den ganzen Menschen in seiner Persönlichkeitsentwicklung positiv prägt, be-sonders bereits im Kindes- und Jugendalter.
Mit den Richtlinien und Rahmenlehrplänen des VdM sowie dem gemeinsamen Strukturplan bieten die öffentlichen Musikschulen im VdM bundesweit gleichartige, hohe Qualitätsstandards für den Unterricht im Singen und Musizieren. Es ist ihnen damit gelungen, dass auch ein problemloser Wechsel zu einer anderen öffentlichen Musikschule möglich ist – bundesweit, ohne durch Ländergrenzen entstehende Unterschiede in den Lehrplänen.
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf kulturelle Bildung und Teilhabe am kulturellen Leben. Der Bund kann und darf sich trotz der föderalistischen Struktur nicht aus der Verantwortung ziehen, dieses Recht deutschlandweit zu garantieren und zu sichern.
Als übergeordnete Instanz muss er sich dafür einsetzen, dass weder die soziale oder wirtschaftliche Herkunft noch das Bundesland, in dem ein Kind aufwächst, über seine Bildungs- und damit auch Lebenschancen entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss als Schwerpunkt der Bildungs- und Kulturpolitik die deutschlandweite Vernetzung durch die Bündelung von Kompetenzen weiter ermöglicht und gesichert werden.
Die öffentlichen Musikschulen im VdM bieten als Erfolgsmodell seit über 50 Jahren für Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene in ganz Deutschland Chancengleichheit und Zugangsoffenheit für ein bundesweit gleichwertig qualitätvolles Angebot musikalisch-kultureller Bildung.
Angesichts der gegenwärtigen Diskussion in Bundestag und Bundesrat appelliert der Verband deutscher Musikschulen gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat, dem Deutschen Kulturrat, dem Kulturausschuss und dem Schul- und Bildungsausschuss des Deutschen Städtetages an Bund und Länder, die gemeinschaftliche Verantwortung für die Bildungspolitik zu erhalten und bundesweit geltende Bildungsstandards zu schaffen. Nur eine gesamtstaatliche Bildungsplanung mit der musikalischen Bildung als festem Bestandteil vermag vergleichbare Bildungs- und Lebenschancen für alle Kinder in Deutschland zu gewährleisten.
Verabschiedet von der Bundesversammlung des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) am 13. Mai 2006 in Aschaffenburg