Aktuelle gesellschaftliche Veränderungen wie Ganztagsschule, demographische Entwicklung, Migration, Inklusion oder Digitalisierung sind für die Musikschulen Herausforderungen, denen sie sich immer wieder stellen müssen. Im Rahmen des Musikschulkongresses 2019 in Berlin fand die Zukunftswerkstatt „Zukunft der Musikschulen – Musikschulen der Zukunft“ statt. Gemeinsam mit den Referenten Yvonne Vockerodt und Ulrich Vieluf begaben sich 27 Leitungskräfte aus VdM-Musikschulen aller Bundesländer auf die Suche nach ersten Ideen einer Musikschule der Zukunft.
Die Tagesreise in die Zukunft thematisierte in der ersten Etappe „Unsere Stärken in 2030“ die zukunftsweisenden Stärken der Musikschulen und ihre Entfaltung bis ins Jahr 2030. Die zweite Etappe widmete sich dem Einfluss der Musikschulen und der Frage, welche konkreten Schritte auf dem Weg zur Musikschule 2030 wesentlich sind. In der letzten Etappe wurde diskutiert, auf welche Faktoren die Musikschulen, ihre Bündnispartner, die Kommune und der VdM sowie die Landesverbände Einfluss haben.
Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz wurden in Vorschlägen zu Maßnahmen und Aktionen zu den anstehenden Herausforderungen (Demographische Entwicklung, Inklusion, Digitalisierung, Fachkräftenachwuchs, Vernetzung, „gesunde Musikschule“ und Qualitätsmanagement) formuliert.
Im Bereich der demographischen Entwicklung und der Inklusion stehe vor allem der Umang mit und der Ausbau bestehender Kooperationen mit Schulen, Kitas, mit Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, interkulturellen Vereinen und Senioreneinrichtungen sowie weiteren Kooperationspartnern im Vordergrund. Auch das Thema „Was kommt nach der Bläserklasse?“, also der gelingende Übergang aus dem Kooperationsprojekt in den Instrumental- und Gesangsunterricht steht für viele Musikschulen auf der Tagesordnung. Die Musikschulen sollten ebenso ihr Angebot im Segment der frühkindlichen Musikförderung erweitern, die musikalischen Traditionen der verschiedenen Zuwandergruppen in ihr Angebot aufnehmen, ihr Image modernisieren und neue Formate entwickeln. Als mögliche unterstützende Aktion wären hier eine Informationskampagne für junge Eltern und Großeltern über die Bedeutung der musikalischen (Früh-)Förderung sowie Kampagnen zu Themen wie „Musik kennt keine Grenzen“, „Musik ohne Barrieren“ oder „Musik ist überall“ im Sinne der Potsdamer Erklärung des VdM (2014) wünschenswert.
Für die Vision einer Musikschule der Zukunft seien im Bereich der Digitalisierung die Verwaltungen der Musikschulen so auszustatten und zu qualifizieren, dass sämtliche Verwaltungsvorgänge digital erfolgen können. Die Musikschulpädagogen sollten im Hinblick auf digital unterstützte Lernprozesse verstärkt qualifiziert werden. Eine „Musikschul-Cloud“ könnte die digitale Kommunikation verbessern.
Um den Fachkräftenachwuchs in den Musikschulen zu sichern, müsste die Attraktivität des Berufsbildes des Musikschulpädagogen gesteigert werden. Hierbei zählen Themen wie Festanstellungen an Musikschulen und Höhergruppierung der angestellten Musikschullehrerinnen und -lehrer zu den wesentlichen Faktoren. Hier tauchte auch immer wieder der Begriff „Gleichbehandlung“ auf. Wünschenswert wären Musikschulgesetze in allen Bundesländern – diese gäben den gesetzlichen Rahmen für eine Stärkung der Musikschularbeit. Zudem könnte auch eine bundesweite Werbekampagne für den Beruf des Musikschulpädagogen für eine entsprechende Öffentlichkeit sorgen.
Die Musikschulen sollten sich kontinuierlich und zielstrebig mit den Kultureinrichtungen vor Ort vernetzen mit dem Ziel, die kommunale Bildungslandschaft gemeinsam zu gestalten. Ein Förderfonds für Netzwerke könnte die Vernetzung hierbei unterstützen und Anreize für die Bildung von Netzwerken schaffen.
Im Bereich des Qualitätsmanagements sollten die Musikschulen Partizipation und Feedbackkultur ausbauen. Das Angebot an Fort- und Weiterbildungen trage den veränderten Anforderungen an das Musikschulmanagement, der Weiterentwicklung der Angebotsstruktur und der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung. Die Musikschulen sollen – digitale – Netzwerke bilden, die dem Austausch über „good practice“ und der Qualitätsentwicklung dienen. Wünschenswert wäre eine Ausschreibung eines Deutschen Musikschulpreises in Kooperation mit einer großen Stiftung.
Die Arbeitsform der Zukunftswerkstatt mit ihren Visionen für die Zukunft stellte für die Teilnehmenden einen kreativen und partizipativen Prozess dar. Es wurden gemeinsam neue Zugänge zu bekannten Handlungsfeldern und neue Perspektiven auf vertraute Situationen entdeckt und entwickelt. Eine Wiederholung dieses Formates wäre sehr empfehlenswert und kann für die inhaltliche Ausrichtung von Musikschulen die nötigen Perspektiven und Zielformulierungen schaffen. Die Frage bleibt, wie Träger, Politik und auch Kooperationspartner für eine gemeinsame Strategie zur Ressourcenerschließung für diese Aufgaben gewonnen werden können.