Die Musikschule Hans-Werner-Henze in Marzahn-Hellersdorf, einem Berliner Stadtteil, geht mit dem Projekt Blockbox neue Wege zur Stärkung popmusikalischer Angebote. Dahinter verbirgt sich ein mobiles Studio mit Synthesizern, E-Gitarren, Schlagzeug, Mikrofonen und DJ Equipment, das an Musikschule und Schule zum Einsatz kommen soll. Vorbilder waren zunächst Projekte wie der JAM Truck in Hamburg und Essen oder die Jambox in Potsdam. In Marzahn-Hellersdorf will man allerdings noch mobiler sein als in den genannten Städten. Die Blockbox soll daher in Tourcases transportiert werden; diese passen in einen Kleinbus, der wiederum mittels eines Carsharings gemietet werden kann. Damit will man auf der einen Seite nachhaltig agieren; auf der anderen Seite würde man mit einem sperrigeren Fahrzeug die Schulen aufgrund der aktuellen Verdichtung der Schulhöfe gar nicht mehr anfahren können.
Neue Wege in der Popmusik
In einer ersten Workshopphase sollen die cases erst einmal gestaltet, gelötet und geschraubt werden. Gleichzeitig können Instrumente ausprobiert werden. Musikalisch geht es dann um die Bereiche Tonaufnahme, Tonbearbeitung, Videoschnitt, Soundforschung und Songwriting. „Ein Neuland, auch in Berlin“ sei das, erklärt Tino Kahl, Projektleiter der Blockbox-Marzahn-Hellersdorf.
usikproduktionskurse seien an den Musikschulen vorwiegend in der Studienvorbereitung angesiedelt.
Zentrale Partner für das Projekt sind die Schulen im Bezirk. „Wir müssen unsere Klientel für solche Projekte einfach vor Ort abholen“, so Kahl. Dabei gilt Marzahn-Hellersdorf schon längst nicht mehr nur als Brennpunktbezirk. „Auch in unserem Bezirk ist das Klientel der Musikschule traditionell bürgerlich geprägt“, erklärt Musikschulleiterin Yvonne Moser. Das neue Projekt ist aber durchaus geeignet, auch Kinder und Jugendliche zu erreichen, die bisher ihren Weg nicht in die Musikschule gefunden haben.
Im Bezirk herrscht ein starker Mangel an Schulmusikkräften; Grundschulen ohne ausgebildete Fachlehrkräfte sind kein Einzelfall. Damit ist man in Marzahn allerdings nicht allein. Der Mangel hat aber zur Folge, dass das Interesse der Schulen an kompensierenden Musikschulangeboten steigt. Die Bereitschaft der Schulen, Angebote der Musikschule auch in den Stundenplänen am Vormittag unterzubringen, steigt. Das ist eine gute Voraussetzung für die Blockbox, denn vormittags soll sie in Schulklassen eingesetzt werden; nachmittags werden dann Workshops für kleinere Gruppen angeboten. Ziel ist es, einen „safe space für kreative Prozesse“ für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Für Instrumentalunterrichte am Nachmittag sind Schulen bereits schon jetzt Standorte der Musikschule. Die Kooperation zwischen Schule, Musikschule und anderen Trägern auf der Ebene der Raumnutzung sei schon recht fortgeschritten, so Kahl.
Im Equipment finden sich Drums, E- und Bass-Gitarren, Synthesizer, Vocoder, Loopstation, Sample Pads, eine Mini PA(Anlage) und sogar ein DJ Controller für die „Afterparty“ – traditionelles Bandinventar in Kombination mit digitalen Instrumenten. An Schulen wird, wenn überhaupt, nach und nach Equipment angeschafft, das dann oft nicht zusammenpasst. Die Blockbox hält alles „in einem Guss“ vor. Das hat enorme Vorteile für die Nutzung in Klassen und Workshops. Angeboten werden im Workshop-Portfolio auch Schulbandkurse, Bandcoaching, Bandrecording und Musikproduktion. Die Teilnahme an allen Workshops ist in dieser Projektphase im Übrigen kostenlos. Die geltenden Ausführungsvorschriften in Berlin für die Entgelte der Angebote machen es möglich, dass bei inhaltlichen Kooperationen mit Schulen Kostenfreiheit für die Teilnehmenden angeboten werden kann, erklärt Moser. Die Blockbox ist genau so ein Projekt, mit der dies befördert werden soll. Das bringt eine hohe Niedrigschwelligkeit mit sich.
Gefördert wird das Projekt Blockbox im Rahmen des Förderprogramms „Kultur und Bibliotheken im Stadtteil – KUBIST“, ein Programm des Landes Berlin für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), mit Mitteln der Europäischen Union, des Landes Berlin sowie des Bezirks Marzahn-Hellersdorf. Mit dem ORWOhaus, dem Barnim-Gymnasium und der ISS Caspar David Friedrich sind Kooperationspartner im gesamten Bezirk beteiligt. Ende der Projektlaufzeit ist am 31. Oktober 2024. Aber natürlich soll die Blockbox verstetigt werden. „Dann haben wir schon einmal die große Hürde des Equipments geschafft“, sagt Yvonne Moser. Vorteil sei auch, dass die Fixkosten für das Projekt nicht so hoch seien, weil man eben keinen Extraraum oder ein Fahrzeug dafür vorhalten müsse.
Eine Willkommensklasse mit ukrainischen Flüchtlingskindern hat das Projekt im Übrigen schon besuchen können. Sie hätten das Angebot sehr intensiv aufgenommen, berichtet Tino Kahl – und die Gelegenheit genutzt, hier auch neue Sprachkenntnisse zu gewinnen. In den nächsten Monaten wird die Nutzung dann intensiviert, damit im Oktober ein erstes erfolgreiches Fazit gezogen werden kann.
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