Seit Beginn des vorigen Jahrhunderts war im nationalen wie im internationalen Urheberrecht anerkannt, dass das so genannte mechanische Recht als ausschließliches Recht dem Komponisten zusteht.
Seit Beginn des vorigen Jahrhunderts war im nationalen wie im internationalen Urheberrecht anerkannt, dass das so genannte mechanische Recht als ausschließliches Recht dem Komponisten zusteht. Ging es zunächst noch um die Vervielfältigung von Musikwerken auf „mechanischen Musikinstrumenten”, so gewann dieses Recht mit Einführung der Schallplatte und noch später der CD enorme wirtschaftliche Bedeutung. Gleichzeitig mit dem Exklusivrecht wurden aber auch rechtliche Mechanismen eingeführt, um zu verhindern, dass Musikstücke nur in einer einzigen Version auf den Markt kommen. Um solcher Monopolisierung vorzubeugen, wurde schon 1908 in die „Berner Übereinkunft“ zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst die Möglichkeit von Zwangslizenzen für die Aufnahme musikalischer Werke auf Tonträger eingeführt (Art. 13). Dieses System hat sich seither bewährt und so wurde die Zwangslizenz zugunsten von Tonträgerherstellern 1965 auch in das derzeit geltende Urheberrechtsgesetz übernommen (§ 61), um damit der „Monopolbildung zugunsten einzelner Firmen” vorzubeugen. „Es liegt ebenso im Interesse der Komponisten wie der Allgemeinheit, dass für die Aufnahme auf Tonträger der Wettbewerb mehrerer Hersteller offengehalten und damit das Streben nach Vervollkommnung der Tonträger wachgehalten wird”, befand der Gesetzgeber zu Recht.Kein ersatzloser Wegfall
Erstaunlich ist, dass erst in jüngster Zeit auf nationaler wie internationaler Ebene eine Diskussion entfacht wurde, ob dieses seit fast 100 Jahren bewährte System aufrecht erhalten werden soll. Im Rahmen der 1996 in Genf geführten Verhandlungen um die Neugestaltung des internationalen Urheberrechts im Informationszeitalter wurde seine Abschaffung abgelehnt. Umso überraschender war, dass das Bundesjustizministerium 1999 in einem „Diskussionsentwurf“ für eine Urheberrechtsnovelle den ersatzlosen Wegfall der Zwangslizenz vorsah. Schon damals hat der Deutsche Kulturrat einem solchen Vorschlag entschieden widersprochen. Trotzdem war auch im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom Februar 2002 vorgesehen, die Zwangslizenz von § 61 ersatzlos zu streichen. Wiederum hat der Deutsche Kulturrat hiergegen dezidiert Stellung bezogen (puk Juni/August 2002 S. 17). Dabei wurde insbesondere die Begründung für den Vorschlag, die Zwangslizenz zur Tonträgerherstellung sei nicht nötig, weil die entsprechenden Rechte ohnehin von der GEMA wahrgenommen würden, widerlegt. Der Deutsche Kulturrat hat überzeugend dargelegt, dass gerade wegen der „drohenden” Zwangslizenz des § 61 die entsprechenden Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht werden. Tatsächlich bestünde ohne eine solche Regelung gerade heute die Gefahr einer Monopolisierung gewisser Musikstücke, wird der Tonträgermarkt heute doch von einigen wenigen international agierenden Konzernen (die Schallplattenproduktion und Musikverlag in sich vereinen) beherrscht. Gerade heute muss also die Zwangslizenz für mechanische Rechte aus kulturpolitischen Gründen aufrecht erhalten bleiben. Es wäre in der Tat eine Verarmung der Kulturlandschaft, würde künftig etwa ein Evergreen nur noch in der Interpretation eines einziges Sängers auf dem Tonträgermarkt existieren, würde z.B. ein Werk der ernsten Musik nur noch in einer einzigen Fassung – etwa durch den Komponisten selbst interpretiert – auf Schallplatte erhältlich sein.
Der Deutsche Kulturrat hat auch dargelegt, dass die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft die Abschaffung dieser Zwangslizenz nicht notwendig macht. Es handelt sich insoweit nicht um eine Beschränkung des mechanischen Rechts als Exklusivrecht, sondern nur um eine Regelung seiner Ausübung. Um dies klarzustellen, hat der Deutsche Kulturrat empfohlen, diese Zwangslizenz nicht mehr im Kapitel „Schranken des Urheberrechts” zu behandeln, sondern „an dogmatisch-richtiger Stelle (z.B. als § 44a)”.
Forderungen erfüllt
Im jetzt vorgelegten Regierungsentwurf zur „Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ vom 31. Juli wurde erfreulicherweise den Forderungen des Deutschen Kulturrates vollständig Rechnung getragen. Danach soll der bisherige § 61 unter Verzicht auf jegliche inhaltliche Änderungen als zukünftiger § 42a eingefügt werden, um dadurch „die richtige systematische Zuordnung” zu verdeutlichen. Der Regierungsentwurf betont, dass die Beibehaltung der bisher in § 61 enthaltenen Zwangslizenz „aus kartellrechtlicher wie kulturpolitischer Hinsicht” geboten ist. Diese Einsicht ist vorbehaltlos zu begrüßen. Bleibt zu hoffen, dass in diesem Punkt der Regierungsentwurf tatsächlich Gesetz wird.