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Das Ensemble Stimmwerck: Gerhard Hölzle, Franz Vitzthum, Klaus Wenk, Marcus Schmidl. Foto: Juan Martin Koch
Launige „Sitzweyl“ zum Festival-Abschluss: das Ensemble Stimmwerck (Gerhard Hölzle, Franz Vitzthum, Klaus Wenk, Marcus Schmidl). Foto: Juan Martin Koch
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Die löblich Kunst des A-cappella-Singens: die 13. Stimmwercktage auf dem Adlersberg bei Regensburg

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Zum 13. Mal lud das Ensemble Stimmwerck zu seinem Wochenend-Festival auf den Adlersberg bei Regensburg. Der Alten Musik – aus den Annaberger Chorbüchern – stellten die vier Sänger mit ihren Gästen Werke des Komponisten Max Beckschäfer gegenüber und gedachten John Cage zu seinem 25. Todestag mit einer Matinee. Juan Martin Koch berichtet:

Als Klaus Wenk beim zweiten Konzert der diesjährigen Stimmwercktage zu seiner obligatorischen Begrüßungsansprache anhob, hatte er eigentlich vorgehabt, ein paar Sätze zum Programm zu sagen. Doch dann erzählte er lieber von einer Begegnung am Vorabend. Da war ein Adlersberg-Besucher zufällig im Kirchenkonzert gelandet und hatte den Stimmwerck-Tenor anschließend gefragt, warum das Ensemble sich die Mühe mache, diese anspruchsvolle A-cappella-Musik zu singen. Wenks Antwort lautete erst mal: „Ja mei…“ In diesem bayerisch-lebensphilosophischen Wortpaar-Seufzer und in der anschließenden, vom Publikum erheitert aufgenommenen Pause lag vieles von dem, was dieses so besondere Festival vor den Toren Regensburgs ausmacht. 

Die raffinierte Tonalität des Max Beckschäfer

Sie können halt nicht anders, die vier Stimmwercker, und wollen die Zuhörer jedes Jahr aufs neue an ihrer Begeisterung für dieses spezielle, oft abgesunkene oder nur von der Musikwissenschaft zur Kenntnis genommene Repertoire teilhaben lassen. Darüber hinaus haben Wenk und seine Mitsänger Franz Vitzthum, Gerhard Hölzle und Marcus Schmidl bei den Stimmwercktagen in den vergangenen Jahren immer stärker auch zeitgenössische Akzente gesetzt. Nach Arvo Pärt 2015 und Ivan Moody im vergangenen Jahr war es nun der am ganzen Wochenende auch anwesende Komponist Max Beckschäfer, dessen Stücke den Renaissance-Werken gegenübergestellt wurden.

Das macht im Falle seines für Stimmwerck geschriebenen Zyklus „Wie got kumet in die sele“ besonders Sinn, weil Beckschäfer hier Texte der mittelalterlichen Mystikerin Mechthild von Magdeburg vertont hat. Mit seinem raffiniert tonalen, immer wieder durch unerwartete Abzweigungen in der Stimmführung überraschenden Stil gelingen ihm dabei anschauliche, unmittelbar nachvollziehbare Umsetzungen der mitunter apokalyptisch bildgewaltigen Vorlagen („Ich sach under Lucifer der helle grunt“). Auch seine feinsinnigen Miniaturen für Tenorhackbrett („Frucht- und Blumenstücke“) und die uraufgeführte Fantasie für die Instrumentenrarität Kontrabasshackbrett erzeugten unter den virtuos geführten Schlägeln Birgit Stolzenburgs eine eigentümliche, im Kirchenraum stille Präsenz entfaltende Klanglichkeit. Zur abschließenden „Sitzweyl“ trug Beckschäfer mit „Die löblich Kunst der Druckerey“ eine süffige Vertonung eines Textes des Adlersberger Pfarrers Kaspar Brusch (1518–1559) für Hackbrett und vier Stimmen bei, die dort entsprechend launig uraufgeführt wurde.

Schwierigkeiten mit dem Kerngeschäft

Dagegen fehlte dem Stimmwerck-Kerngeschäft heuer ein wenig die Überzeugungskraft. Das lag zum einen an den aus den Annaberger Chorbüchern ausgewählten Stücken selbst, die trotz einiger renommierter Namen wie Jacob Obrecht, Antoine Brumel oder Heinrich Finck nur momentweise aufhorchen ließen. Zum anderen war doch ein erheblicher interpretatorischer Qualitätsunterschied gegenüber dem für eine CD perfekt einstudierten und entsprechend detailgenau verlebendigten Beckschäfer-Zyklus zu hören, dessen Nummern über die drei Konzerte verteilt waren.

Am ersten Abend war das Hosanna im Sanctus aus Obrechts Missa „Plurimorum carminum“ die einzige Passage, die einmal aus einer souveränen vokalen Gestaltung heraus einen bezwingenden Spannungsbogen erzeugte. Am Samstag und Sonntag hoben sich die lange Passionsvertonung (von Obrecht oder von Antoine de Longueval), das weich fließende „Nigra Sum“ von Heinrich Finck und einige schön abgerundete Schlusswendungen (darunter das „Amen“ aus einem anonymen „Stabat mater“) von den weniger durchgearbeiteten, manchmal leicht verwackelten „alten“ Stücken ab.

Die präzise Absichtslosigkeit des John Cage

Zum Höhepunkt des mit Einführungsvorträgen, einer Akademie und einer studentischen „Werckstatt“ wieder üppig begleiteten (nach wie vor kostenlosen!) Festivals geriet eine Matinee, die dem amerikanischen Komponisten John Cage zu dessen 25. Todestag gewidmet war. Zunächst lieferte der brillante Rezitator Peter Wenk mit dem „Vortrag über nichts“ in der Übersetzung Ernst Jandls ein vierzigminütiges Kabinettstück präziser Absichtslosigkeit. Entgegen ihrem Titel enthält Cages Textkomposition von 1950 im Grunde die Essenz seiner Kunstphilosophie. Vor deren Hintergrund konnten dann die Stücke aus der „Living room music“ und das mittels Zufallsoperationen erstellte Percussion-Stück „Child of tree“ ihre befreiende Wirkung entfalten.

Catalina Vicens, die als Spezialistin für alte Tasteninstrumente in zwei Konzerten mit wunderbar atmender Phrasierung am Cembalo und an der Orgel überzeugte, bearbeitete die Stacheln eines mikrofonierten Kaktus mit andächtiger Anmut. Die gelassen-heitere, dabei hochkonzentrierte Ja-mei-Stimmung an diesem Sonntagvormittag im Adlersberger Zehentstadel hätte John Cage sicher gut geheißen.

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