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Karaoper. Ein interaktiver Opernfilm von Chez Company. Premiere am 3. März 2023 in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin, Copyright: Stephanie Steinkopf
Karaoper. Ein interaktiver Opernfilm von Chez Company. Premiere am 3. März 2023 in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin, Copyright: Stephanie Steinkopf
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Education-Spaß mit Tiefgang: Der interaktive Opernfilm „Karaoper“ von Chez Company an der Deutschen Oper Berlin

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Bei Projekten des Crossmedia-Kollektivs Chez Company gibt es Überraschungen, weil oft etwas anderes herauskommt als die Köpfe dahinter eigentlich beabsichtigen. Auch dem Erwachsenen-Publikum fällt die Entschlüsselung dessen, was wichtig ist, nicht ganz leicht. Wohl aber den Kindern zwischen acht und elf bei der Generalprobe des interaktiven Opernfilms „Karaoper“ am Vormittag des 2. März in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin. Es ist das zweite Projekt von Chez Company dort nach „The making of blond“. Diesmal poetisch und etwas optimistischer als bei den Gender-Untersuchungen in Opern und der Welt. Gute Stimmung und voll gute Inhalte machten bei „Karaoper“ großen Spaß!

Bei der Generalprobe ist das junge Publikum noch mehr gefordert. Denn dieses singt am Ende noch die „Karaoper“-Hymne für den Online-Trailer. In den sechzig Minuten bis dahin ging's rund auf den Sitzmatten in der Tischlerei – und auf der Leinwand. In der letzten Reihe saß ein Teil der in monatelanger Interview- und Aufnahme-Arbeit beteiligten Ensemble- und Crew-Beteiligten der Deutschen Oper Berlin. Charaktertenor Jörg Schörner zum Beispiel, der als Leinwand-Conferencier, Phantom der Oper und weiser Clown die Kinder mitnimmt zu all dem, was Musiktheater ausmacht und womit es auch in digitalen Zeiten noch immer verzaubert – im Dualismus von Wunderbar und Abstoßend. Chez Company-Projekte sind auch insofern neu, weil die Organigramm-Funktionen bei Koproduktionen nicht genau präzisiert sind. Wer ist Auftraggeber, wer Auftragsempfänger im Deal zwischen der Deutschen Oper Berlin und den Chez Company? Dass solche Achsen neu definiert werden müssen, schafft einen fast hierarchiefreien Kreativraum mit wilden Möglichkeiten zur Entwicklung und Steigerung.

„Ist ja voll scharf“ meint der junge Asiate neben mir, als Gesine Danckwart und Fabian Kühlein vor Filmstart ihren Kostümwechsel ankündigen und sich für die Ansagen zu „Karaoper“ in ihre Goldpailletten-Blazer werfen. Der Film von Chez Company ist interaktiver als das Fernsehen-Gucken in den eigenen vier Wänden oder Public-Viewing von Tatort oder Fußball. Gut, dass Gesine und Fabian ihrem Publikum einige rote Fäden zuspielen, weil der „Karaoper“-Film in mehreren Schichten abläuft. Er bietet eine Phänomenologie des Musiktheaters, die mit allen Affekten und guten Gründen bekannt macht, weshalb man Oper lieben sollte. Emilia, Grace, Nele, Peter, Lily und Valentina, die Darsteller:innen auf dem Monitor, dürfen in den Fundus und begegnen Menschen hinter der Bühne.

Es tönen und schwallen nicht nur klassische Zitate und Fragmente aus den sich zum Konzert zusammenfindenden Menschen in den Kacheln – von „O mio babbino caro“ bis zur Habanera und einem fein überformten Steuermann-Lied aus dem „fliegenden Holländer“. Chez Company war fürwahr überrascht, wer alles aus der DOB-Opernfamilie in den letzten Monaten mitmachen wollte. Unterschiede zwischen Realfilm, Trickanimationen mit der Trickfilmwerkstatt „80 Gramm“, Live-Animation und Didaktik sind bei „Karaoper“ fließend. Unbeabsichtigt kommen Mitglieder des Orchesters der Deutschen Oper Berlin fast häufiger im Filmbild als Sänger und Mitglieder des technischen Stabs. Am Schluss jeder Vorstellung entsteht ein einmaliger Karaoper-Song, der über einen QR-Code von der Website heruntergeladen werden kann. Die musikalische Auffrischung des gesammelten Ton- und Musikmaterials leistete das Komponisten- und Performer-Duo Thomas Kürstner und Sebastian Vogel.

Aus vermittelnder Perspektive ist spannend, dass die Lust an Musiktheater von Chez Company nicht durch sanften Druck durch das Moderationsduo zum Bewundern und Toll-Finden ausgelöst wird, sondern die Neugier und den Spaß der Kinder ködert für das, was eine anspruchsvolle Beschäftigung sein soll. Jede Wiederholung wird wahrscheinlich mehr Überraschungen für die Mitwirkenden als für die Besucher bereithalten, auch für Gesine Danckwart und Fabian Kühlein. „Es geht um die Frage, was für Geschichten Kinder erzählen wollen, eine kleine Reise durch die Oper und hinaus“, stand als Ausgangspunkt. Bei der Generalprobe war das Resultat ein Halbfertiges, mit Absicht. Wer sich einen Eindruck verschaffen will, kann auf interaktiv.karaoper.de reinhören und bekommt dort auch eine Chronik, welche Klasse was für einen Sound kreiert hat.

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