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Frank Schneider im Jahr 2008. Foto: Hufner
Frank Schneider im Jahr 2008. Foto: Hufner
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Geschichten aus dem Musikland: Wie hat der Osten komponiert?

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In Dresden wird klingende Ostalgie betrieben. Ein Forschungsthema, das absolut notwendig ist. Das ist mal eine unbedingt lobenswerte Initiative von Sächsischer Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB), Sächsischer Akademie der Künste und Festspielhaus Hellerau: Wie klang es im Osten? Dieser Frage wollen die Veranstalter in einer vierteiligen Gesprächs- und Konzertreihe nachgehen, um der Marke „DDR-Musik“ auf den Grund zu gehen.

Schon diese Bezeichnung klingt fragwürdig, da wohl kaum jemand auf die Idee käme, in irgendeiner Weise von „BRD-Musik“ zu reden. Doch das vermeintliche Pendant tönt mal mit und mal ohne Anführungszeichen durch die vereinten Lande, wo es nachhaltig für reichlich Diskussionsstoff sorgt. Gewiss ist es nur eine Frage der Zeit gewesen, dass just im tiefen Osten von Dresden – freilich fast drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall! – eine Debatte über „Neue Musik aus Ostdeutschland“ initiiert worden ist.

Ende Januar markierte ein Podiumsgespräch in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) den Auftakt zu einer vierteiligen Reihe, die sich erfreulicherweise auch in der liedhaften Fortsetzung Mitte Februar eines reichlich interessierten Publikums erfreuen durfte. Zunächst wurde mit Musikbeispielen von Georg Katzer, Jörg Herchet und Wilfried Krätzschmar ganz praktisch belegt, wovon hier die Rede sein sollte, doch über den passenden Namen des künstlerischen Gegenstandes gab’s bis zuletzt strittige Uneinigkeit.

Ein profunder Kenner der Szene ist der Musikwissenschaftler Frank Schneider, der langjährige Intendant des Konzerthauses Berlin. „Ohne mich hat DDR-Musikgeschichte nicht stattgefunden“, konstatierte er selbstbewusst und verlangte, von mindestens vier Komponisten-Generationen zu sprechen, die jeweils hochbegabte Individuen hervorgebracht hätten. Den Begriff „DDR-Musik“ empfinde er ohnehin als geradezu denunziatorisch. Inzwischen solle das musikalische Schaffen endlich ohne politische und gesellschaftliche Hintergründe betrachtet werden können, forderte er.

Komponist Wilfried Krätzschmer wies darauf hin, längst wesentlich mehr kreative Jahre im wiedervereinigten Deutschland als in der DDR verlebt zu haben, und provozierte: „Es gehört zur Identität eines Komponisten, sich immer zu beschweren, dass er zu wenig aufgeführt wird; unabhängig von der Gesellschaftsordnung.“ In der künstlerischen Wahrnehmung gilt Krätzschmer nach wie vor als ostdeutscher Künstler.

Unübersehbar ist, dass es Musik aus dem Osten nach 1989 schwer hatte, sich zu behaupten. Im Ursprungsland herrschte zunächst eine Übersättigung, im Westen erlosch rasch der „Bonusfaktor“ und setzte sich das probate Desinteresse fort.

In drei sehr unterschiedlichen Stücken klang dies ebenso an wie im von Gisela Nauck so kenntnisreich wie streitbar moderierten Abend, der einen neuen Zugang zur ostdeutschen Nachkriegsavantgarde ermöglichen sollte. Förderlich dürfte dabei auch die jüngste Initiative des heute als Edition Peters Group firmierenden und in seiner Geschichte gleich dreimal (erst von den Nazis, dann in der DDR sowie neuerlich durch die Treuhand) enteigneten Verlages sein, in der „Peters East German Library 1949-1990“ einen Großteil des Oeuvres zu katalogisieren, wie Verleger Nicholas Riddle in Dresden unterstrich.

Die unbedingt lobenswerte Initiative von SLUB, Sächsischer Akademie der Künste und dem Festspielhaus Hellerau wurde und wird auch weiterhin fortgesetzt. Mitte Februar gab es im Klemperersaal der Bibliothek „Dresdner Lieder“ mit Kompositionen von Robert Schumann, Karol Szymanowski, Manfred Weiss, Udo Zimmermann, Johannes Wulff-Woesten sowie von Alexander Keuk.

Womöglich wäre auch hier ein Gesprächskonzert der Sache stärker dienlich gewesen, doch auch die auf verbale Kommentare verzichtende Darbietung konnte deutlich machen, wie vielfältig Liedgut in Dresden erblüht und gepflegt worden ist. Ein solches Konzert mit Schumann zu beginnen, ist gewiss die sichere Bank und kam auch hier als Türöffner gut an. Die aus Polen stammende Sängerin Ewa Zeuner präsentierte voller Inbrunst Ausschnitte ihres vom Semperopern-Solorepetitor Wulff-Woesten begleiteten Vokalrepertoires. Tief empfundener Romantik folgten „Rosenlieder“ zu Texten von Eva Strittmatter, komponiert eben von Wulff-Woesten, „Vier Gesänge“ Szymanowskis mit geradezu überraschendem Dresden-Bezug (der Strauss-Verehrer hat regelmäßig dessen Premieren besucht) sowie Weiss’ auf Rilke-Texten fußende „Lieder vom Ende“, die der Altmeister verstorbenen Künstlerfreunden gewidmet hatte. Starke Kontraste setzten dazu Keuks „Von müden Sonnen“ und „Roztyla“ als Klangzeugen einer jüngeren Generation sowie Zimmermanns 1966 entstandene „Sonetti amorosi“.

Die mutige Reihe „Unerhörtes“ soll weiter erklingen und wird am 30. März mit einem Porträtkonzert zu Hermann Keller unter dem Titel „dem mainstream so fern wie dem vogel die fessel“ fortgesetzt, um am 18. April mit Konzert und Werkpräsentation von Christian Münch vorerst beschlossen zu werden.

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